Wolfgang Scheerer, Leiter E-Business bei Webasto, will "Portale wie am Fließband produzieren". Der ehemalige BMW-Mitarbeiter ist bei dem Automobilzulieferer mit Sitz in Stockdorf bei München verantwortlich dafür, weltweit eine einheitliche Gesamtarchitektur für E-Business aufzusetzen. Dabei sieht er sich in einer Vorreiterrolle: "Ich habe mit vielen Unternehmen gesprochen. Die meisten träumen von einheitlichen Firmenportalen. Ich glaube, dass wir eines der wenigen Unternehmen sind, die weltweit das ganze Thema Frontend auf einer einzigen technologischen Plattform standardisieren."
Einheitliche, miteinander verknüpfte Portale automatisieren die Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern und Privatkunden und machen die Prozesse effizienter. Im Endausbau will Webasto 35 bis 40 verschiedene Internetportale im gleichen Corporate Design in 20 Ländern für Kunden, Lieferanten, Händler und Automobilhersteller betreuen und pflegen - und das möglichst einfach und kostengünstig. Dabei stehen Sites für die Geschäftskunden aus der Automobilindustrie im Mittelpunkt, denn mit ihnen erwirtschaftet der Hersteller von Schiebedachsystemen, Standheizungen und Klimaanlagen seinen Hauptsumsatz.
Was andere Firmen zeitaufwändig und mit einer Heerschar an Personal versuchen, läuft beim Automobilzulieferer Webasto im kleinen Team reibungslos und flott: ein einziges Mal das Look-and-Feel definieren und dann innerhalb kürzester Zeit einheitliche Internetportale aufsetzen. Damit legt Webasto ausufernde Kosten durch externe Web-Agenturen ad acta und hält alle Produktinformationen immer aktuell. Zudem helfen die Portalprojekte, Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Im ersten Projektabschnitt ging es zunächst um die internationalen Websites für Endkunden. Sie sollten die technische Basis bilden, auf der alle anderen Portale wie Händler- oder Lieferanten-Websites aufsetzen. Wolfgang Scheerer suchte dafür ein leistungsfähiges, leicht bedienbares und erweiterbares Content-Management-System (CMS) und entschied sich für den Red-Dot-XCM-Server. "Wir haben uns bewusst gegen die großen Enterprise-Content-Management-Systeme (ECMS) entschieden", sagt der IT-Fachmann. "Die Systeme der großen ECMS-Anbieter sind für mittelständische Unternehmen wie Webasto zu mächtig und zentralistisch."
Akzeptanzproblem umgangen
Ausschlag für die Wahl des Anbieters gab vor allem, dass Anwender das System besonders einfach bedienen können. "Da wir das System im Internet, im Extranet und im Intranet einsetzen, ist es unbedingt notwendig, dass die Redakteure damit so einfach umgehen können wie mit Word. Bei uns ist das CMS integraler Bestandteil von allem", sagt Scheerer. Ansonsten gäbe es Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern, die die Inhalte einpflegen. Zwar sind inzwischen mehrere CM-Systeme mit ähnlichem Leistungsprofil auf dem Markt, doch vor drei Jahren hatte Red Dot ein Alleinstellungsmerkmal. "Es gab damals kein System, das eine so einfache Oberfläche anbot."
Mit diesem CMS legte Scheerer Navigationsstrukturen und Layout-Vorlagen für die Konzern-Homepage Webasto.com und die Endkunden-Länder-Sites fest. "Die Definition des Style Guides haben wir anhand der Consumer-Website gemacht. Das war etwas aufwändig, aber die Sache war damit für alle Portale abgeschlossen", sagt der E-Business-Leiter. Alle übrigen Websites greifen auf diese "Master Templates" zu, die zentral auf den Servern im Hauptsitz liegen. Damit ist das Design weltweit einheitlich.
Im nächsten Schritt wurde die technische Plattform für die Interaktion mit Händlern, Lieferanten, Automobilherstellern und Mitarbeitern realisiert. Für jede dieser Zielgruppen sollte ein eigenes, personalisiertes Portal entstehen. Das Design war dabei zentral vorgegeben und an die Konzern-Homepage angelehnt. Die Portale sehen nicht nur ähnlich aus, sie sind auch untereinander verbunden. So werden beispielsweise Endkundenanfragen zum Preis eines Produkts an einen Händler weitergeleitet. Vom Portal aus lassen sich auch weitere Applikationen ansprechen, zum Beispiel Händlersuche oder Lieferantenbeurteilung. Als eine fertige Plattform, die als Basis für andere Länder und Zielgruppen dienen soll, hat Webasto beispielsweise als Prototyp das Lieferantenportal für die USA gestartet (http://suppliers.webasto.us).
Die Vorarbeiten für die Endkunden-Websites machten sich auch bei den Geschäftspartner-Portalen bezahlt. Ein zentraler Vorteil der Webasto-Lösung ist, dass das Frontend komplett aus dem CMS kommt. "Wir wollten vermeiden, dass das Frontend beispielsweise von Applikationen wie einer E-Procurement-Anwendung kommt", sagt Business-Leiter Scheerer. "Das würde einen Bruch bei der Navigation und beim Look-and-Feel geben. Stattdessen schickt die E-Procurement-Anwendung die technischen Informationen als XML-Code, das Portal nimmt den Code und baut anhand der Style Sheets eine Seite, die genauso aussieht wie das Umfeld." Scheerer spricht hier von "kopflosen Applikationen", weil die Anwendungen ihres Frontends beraubt werden.
Für den individuellen Zugriff auf die Informationen und Anwendungen der Portale reichte das CMS von Red Dot allerdings in der damaligen Version nicht aus. "Wir haben lange überlegt, ob wir die Portalplattform selbst entwickeln oder ein Kaufprodukt nehmen", sagt Scheerer. Schließlich entschied sich der IT-Leiter weder für das eine noch das andere, sondern vereinbarte mit Red Dot, die Anforderungen von Webasto in Richtung Portalplattformen auf Basis des bestehenden Produkts, das bereits Module für die Personalisierung und die generische Applikations- und Portal-Integration enthielt, abzubilden. Die neu entstandenen Features sind in das Content-Management-System von Red Dot schließlich eingeflossen.
Der modulare Aufbau und die damit verbundene hohe Skalierbarkeit des XCM-Systems sind für Scheerer ein entscheidender Vorteil. Das Webasto-Team konnte damit einfach anfangen und ohne großen Aufwand seine Vorstellungen nach und nach umsetzen. Wurden weitere Module gebraucht wie die PortalIntegration, hat Scheerer das XCMS einfach aufgestockt. "Wir bezahlten auf diese Weise nur das, was wir wirklich benötigten." Damit blieb das gesamte Projekt kostenmäßig überschaubar. "Für ein Unternehmen unserer Größenordnung ist es einfach undenkbar, zwei oder drei Millionen Euro auf den Tisch zu legen und zu schauen, was wir mit der Software machen können. Das haben wir früher gemacht, heute ist das einfach nicht mehr drin."
Geringe Kosten und schneller Roll-out
Letztlich bringt Webasto dank dieses Ansatzes nur 10 bis 15 Prozent der Kosten auf, die solche Projekte normalerweise verschlingen. Für die Software bezahlte der Automobilzulieferer knapp über 100 000 Euro, die Kosten für das gesamte Projekt betrugen bislang kaum mehr als eine halbe Million Euro. Auch die laufenden Ausgaben halten sich in Grenzen. Pro Modul ist ein Verantwortlicher zuständig, in der Summe sind es zwei bis drei Leute, die sich um das System kümmern.
Entscheidend aber ist für Scheerer, dass sich der Roll-out in kürzester Zeit vollzieht. "Wenn man nicht ein Jahr braucht, sondern sechs Wochen genügen, um eine Website aufzuziehen, dann bringt das wichtige Wettbewerbsvorteile." Unternehmen, die in einer ähnlichen Lage stecken wie Webasto, rät Scheerer, nicht auf die Werbesprüche der großen ECMS-Anbieter hereinzufallen. "Man sollte sich gut überlegen, ob ein umfassender ECMS-Ansatz unbedingt nötig ist. Statt die Eier legende Wollmilchsau zu suchen, empfehle ich, kleine, pragmatische Schritte zu machen. Das Projekt wird sonst zu riesig - und kann finanziell und zeitlich leicht ausufern."