Mit dem E-Zoll-Projekt will die Europäische Kommission alle papiergestützten Zollverfahren durch elektronische Prozesse ersetzen. Die Abwicklung soll dadurch moderner und effizienter werden. Die EU-Kommission erhofft sich mehr Sicherheit an den Außengrenzen der Union und einen vereinfachten Handel. Hierzulande müssen spätestens ab dem 1. Juli 2009 alle Unternehmen, die Waren ein- und ausführen, dafür das elektronische System Atlas der deutschen Zollverwaltung nutzen (Atlas = Automatisiertes Tarif- und lokales Zoll-Awicklungs-System).
Unabhängig von der Unternehmensgröße sehen sich 67 Prozent der Firmen in der Bundesrepublik organisatorisch gut aufgestellt, um die Neuerungen im Zollverfahren umzusetzen. Drei von zehn Firmen sehen dagegen Nachholbedarf. Bei der Organisation der Zollabläufe fragten die Autoren der Studie konkret, ob die Firmen mit Logistik-Dienstleistern arbeiten, bewilligte Vereinfachungen nutzen, Verantwortlichkeiten definiert haben, und ob die Zollvorgänge geplant ablaufen.
Bei der Abfertigung von Einfuhren lässt sich fast jede dritte Firma (32 Prozent) immer von einem Dienstleister vertreten. Einen Grund hierfür sehen die Verfasser der Untersuchung darin, dass der Import wesentlich komplexer zu handhaben ist als Ausfuhren. Schon heute wird das IT-Verfahren Atlas hier flächendeckend genutzt. Eine eigene Atlas-Infrastruktur aufzubauen, ist für Unternehmen jedoch mit hohen Kosten verbunden. Von den kleinen und mittelgroßen Firmen lässt sich daher fast jede zweite von einem Logistik-Dienstleister vertreten (49 Prozent).
Bei der Abfertigung von Ausfuhren greifen sieben von zehn Firmen hingegen selten oder nie auf einen Dienstleister zurück. Ob sie diese Aufgabe künftig auslagern werden, ist in vielen Unternehmen allerdings noch nicht endgültig entschieden. Die Abwicklung von Exporten über Atlas wird erst Mitte 2009 verpflichtend. Ein großer Teil der Import- und Export-Firmen nutzen vereinfachte Verfahren, die bei den Zollbehörden beantragt werden müssen. So sind zum Beispiel drei Viertel bereits als so genannter "Zugelassener Ausführer" beim Zoll registriert. Weitere zehn Prozent haben vor, diesen Status zu beantragen.
Einen eigenen Zollbeauftragten oder Zollverantwortlichen haben drei von vier Firmen (76 Prozent). Bei zwei Dritteln ist ein Ausfuhrverantwortlicher tätig (63 Prozent), mehr als die Hälfte beschäftigt einen Beauftragten für die Exportkontrolle (58 Prozent).Bei den Firmen, die sich selbst als weniger gut aufgestellt einschätzen, liegen die Zahlen hierbei stets unter denen der Betriebe, die sich selbst als gut aufgestellt bezeichnen. Allerdings planen viele der Unternehmen mit der schlechteren Selbsteinschätzung, Verantwortliche für diese Bereiche einzustellen. Einen Zollbeauftragten haben beispielsweise derzeit 63 Prozent der Firmen, die bei sich Nachholbedarf hinsichtlich der Zollabfertigung sehen. Ein weiteres Fünftel dieser Betriebe plant, diesen Posten künftig zu schaffen.
Nur wenige auf digitale Betriebsprüfung vorbereitet
Organisationsanweisungen zur Kontrolle von Ausfuhren nutzen fast alle Firmen, die Exporte tätigen. Dasselbe Bild stellt sich bei der Organisation der Einfuhren dar. Bei spezielleren Aufgaben offenbart die Untersuchung allerdings großen Nachholbedarf. Nur jede zehnte Firma ist etwa auf eine digitale Betriebsprüfung vorbereitet. Die kleinen und mittleren Unternehmen fallen mit sechs Prozent gegenüber dem allgemeinen Anteil noch zurück.
Um Zollvorgänge organisieren zu können, sind die Firmen auf einen immer aktuellen Datenbestand angewiesen. Tatsächlich legen die meisten Betriebe auf die Pflege ihres Datenbestandes großen Wert. So haben 69 Prozent ihre Güter vollständig nach dem "Harmonisierten System 2007" eintarifiert. Mit dem Harmonisierten System wurde die Nomenklatur von Waren zu Jahresbeginn weltweit geändert. Die Umstellung auf dieses System ist für Firmen mit großem Aufwand verbunden. Die Studien-Autoren schließen deshalb, dass Unternehmen, die das neue System umgesetzt haben, in diesem Zuge die Pflege ihres Datenbestandes auch vollständig automatisiert haben.
Status des "Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten" wichtig
Der Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte - auf Englisch: Authorized Economic Operator (AEO) - ist den Befragten äußerst wichtig. Den Status eines AEO können die Mitgliedsstaaten künftig jedem Wirtschaftsbeteiligten verleihen, der hinsichtlich seiner Kontrollsysteme, Zahlungsfähigkeit und Rechtstreue bestimmte Kriterien erfüllt. In der Regel soll der AEO-Status eines Unternehmens aus einem EU-Land in den anderen Mitgliedsstaaten anerkannt werden. 83 Prozent der Firmen sehen diesen Status als wichtig oder sogar sehr wichtig als Nachweis für die zollrechtliche Zuverlässigkeit von Geschäftspartnern an. 78 Prozent sehen darin einen wichtigen oder sehr wichtigen Beitrag zu einer sicheren Lieferkette.
Viele Firmen sehen die Bedeutung des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten allerdings als wertlos an, sollte er nicht von Drittstaaten wie den USA ebenfalls anerkannt werden. Und gerade für kleine und mittlere Firmen stellt der Aufwand für den Antrag auf eine AEO-Bewilligung nicht selten eine große Herausforderung dar. Für viele Befragte steht der Aufwand in keinem Verhältnis zu den erhofften Vorteilen.
Dass kleine und mittlere Unternehmen den Aufwand für die Anpassung an die Neuerungen im Zollverfahren im Gegensatz zu den großen Firmen eher unterschätzen, folgern die Studienautoren daraus, dass die abgefragten organisatorischen Maßnahmen bei ihnen derzeit meist in geringerem Umfang oder seltener umgesetzt sind als in größeren Firmen. Bei der Selbsteinschätzung indes sahen sich auch zwei Drittel der kleineren Betriebe gut aufgestellt - ein ebenso großer Anteil wie bei den großen Firmen.
Für die "Zollstudie 2007 - Zoll im Wandel" haben die Materna GmbH und die AWB Steuerberatungsgesellschaft von Mitte Juni bis Anfang August 2007 außenhandelsorientierte deutsche Unternehmen aller Branchen befragt. Angesprochen wurden bei der Online-Umfrage gezielt die Verantwortlichen für Zoll und Exportwirtschaft der jeweiligen Firmen.
Gefragt wurde zum einen danach, wie die Unternehmen die neuen Zollprozesse organisieren, außerdem nach den erwarteten Veränderungen durch die neuen Zollprozesse. 549 Fragebögen wurden ausgewertet. Die Größe der befragten Firmen reichte von kleinen Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern (46 Prozent) bis zu Firmen mit mehr als 10.000 Angestellten (15 Prozent).