Jeder Blick auf die Preise an den Tankstellen zeigt: Energie ist ein kostbares Gut geworden. Die Preise für Öl springen von einem Rekordhoch zum nächsten und alle anderen Energiesorten folgen diesem Aufwärtstrend. Das belegt auch die Erhebung des Statistischen Bundesamts. Demnach haben sich die Strompreise für Unternehmenskunden von Anfang 2000 bis Anfang 2007 um mehr als 50 Prozent erhöht - von sieben Cent auf über zehn Cent pro KW/h.
Damit ist der Umweltschutz auch in der IT angekommen. Nicht nur wegen des Klimas - dieser Aspekt liegt zwar vielen Unternehmen und Rechenzentrumsleitern am Herzen. Er kann aber in einem gewinnorientierten Unternehmen nicht als einziger Maßstab dienen. Eine Erhebung der Marktforscher von Forrester Research ergab, dass 85 Prozent der befragten IT-Entscheider und -Einkäufer in Nordamerika und Europa Umweltfaktoren in ihrer IT-Planung berücksichtigen. Und bereits ein Viertel der Befragten hat Green IT in die Beschaffungsrichtlinien aufgenommen. Zwar gaben die Anwenderunternehmen gegenüber Forrester an, die Gründe dafür seien vor allem IT-Effizienz und Verantwortungsbewusstsein, doch dürften die befragten Manager vor allem mit Hilfe neuer Technologien die Kosten für den RZ-Betrieb senken wollen. Auch die Unternehmensberater von Frost & Sullivan zählen in ihrem Whitepaper "Das CIO Dilemma" vom Frühjahr 2008 Energieeffizienz zu den großen Herausforderungen, denen sich die Rechenzentren in naher Zukunft stellen müssen.
Nicht nur die Server brauchen Strom
Energie wird in der IT vor allem in zwei Bereichen verbraucht: In der Bereitstellung von Rechenleistung und beim Abführen der Wärme, die als Abfallprodukt der Rechenleistung entsteht. Als grobe Faustregel gilt: Jedes im Serverbetrieb verbrauchte Watt zieht den gleichen Energieaufwand für die Kühlung nach sich. Damit ergeben sich automatisch die beiden Ansatzpunkte für Green IT: Eine bessere Auslastung der Server und der Einsatz energiesparender Komponenten, etwa aus dem Notebook-Bereich. Hierbei sind vor allem die Blade-Server schon hoch entwickelt. Auf Grund ihrer kleinen Bauform nutzen Blades der oberen Preisklassen schon seit geraumer Zeit Prozessoren, die für den Einsatz in mobilen Endgeräten entwickelt wurden. Energiesparende Hardware kann nach Angaben verschiedener Hersteller die Leistungsaufnahme um bis zu 50 Prozent reduzieren. Dieser Weg zur grünen IT hat jedoch seinen Preis: Mobile-Technologien sind nach wie vor deutlich teurer als die Pendants aus der herkömmlichen Server-Welt. Der Mobile-Prozessor "Intel Core 2 Duo T5250" mit einer Taktrate von 1,5 GHz kostet im Fachhandel rund 80 Euro. Ein normaler Desktop-Prozessor des gleichen Anbieters mit vergleichbaren Leistungsdaten - beispielsweise der "Pentium DualCore E2140" - schlägt hingegen mit etwa 50 Euro zu Buche.
Ein anderer Weg, die Leistungsaufnahme der Server zu begrenzen, ist die Konsolidierung über Virtualisierung. In der Regel beläuft sich die Auslastung eines Standard-Servers auf rund 15 Prozent. Beträgt die Leistungsaufnahme dabei auf beispielsweise 400 Watt und steigt sie bei Volllast auf etwa 600 Watt, zeigt sich schnell das Sparpotenzial. Ohne weiteres lassen sich nämlich vier schwach ausgelastete Server auf einem virtuellen System zusammenführen. Statt 1600 Watt benötigt der immer noch nicht unter Volllast fahrende virtuelle Server weniger als 600 Watt. Zu den reduzierten Energiekosten summieren sich weitere Einsparungen, weil weniger Investitionen in Hardware, Administration und Kühlung erforderlich sind. Die Vorteile haben bereits viele Unternehmen erkannt. Laut Experton Group nutzen bereits 57 Prozent aller Unternehmen Server-Virtualisierung. Betrachtet man nur das Enterprise-Segment, sind es sogar schon über 70 Prozent.
Die Kühlung stößt an ihre Grenzen
Neben Virtualisierung und sparsame Hardware bietet auch der Rechenzentrumsbetrieb selbst enorme Potenziale zur Effizienzsteigerung. Besonders Kühlung und Wärmeabfuhr sind Stromfresser. Problematisch ist zudem, dass die Kühlsysteme in absehbarer Zeit an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Die meisten Rechenzentren wurden vor zehn oder mehr Jahren geplant. Damals kalkulierten die Erbauer mit einem Energiebedarf von rund 1.000 Watt pro Quadratmeter Stellfläche. Die heutige IT, die mit Mulit-Core-Prozessoren, Blade-Servern und eng bestückten Racks eine extrem hohe Dichte an aktiven Komponenten aufweist, benötigt jedoch bis zu 10.000 Watt pro Quadratmeter. Die Kühlsysteme gelangen ihre Grenzen, denn mit konventioneller Klimatechnik lassen sich nicht mehr als 100 Watt pro Quadratmeter abführen. Grundsätzlich werden die Leiter der Rechenzentren neue Wege beschreiten müssen und zum Beispiel die effizientere Wasserkühlung nutzen. Dabei bietet es sich an, die Abwärme nicht einfach freizusetzen, sondern wiederzuverwerten. Vor allem in Campus-Bebauungen mit kurzen Wegen zwischen einzelnen Gebäuden kann es sich als sinnvoll erweisen, mit der überschüssigen Wärme Büroräume zu heizen. In größeren Umgestaltungen von Rechenzentren oder bei Neubauten sollte dieser wichtige Aspekt einer grünen IT unbedingt auf seine Wirtschaftlichkeit hin evaluiert werden.
Auch der Einsatz regenerativer Energien kann vor allem bei Neubauten eine attraktive Option sein, um die Klimabilanz des Rechenzentrums - und damit des gesamten Unternehmens - zu verbessern. Hierzu hat T-Systems im Münchener Rechenzentrum ein Pilotprojekt gestartet: Eine mit Biogas betriebene Brennstoffzelle liefert die Energie. Das Biogas wird aus Pflanzen gewonnen, die im Umland angebaut werden. Spannend ist die Frage, ob sich diese Technologie als zuverlässig genug für den Rechenzentrumsbetrieb erweist.
Strategischen Rahmen schaffen
Gerade große Rechenzentren bieten sich dazu an, grüne IT in die Tat umzusetzen, da hier sowohl die Optimierungspotenziale als auch der Kostendruck groß genug sind, um den Einsatz der noch neuen Spartechnologien zu rechtfertigen. Für Betreiber kleiner Installationen, die hierbei kaum Skaleneffekte nutzen können, wird das Auslagern des Betriebs an einen Dienstleister eine prüfenswerte Option sein. Auch das Marktforschungshaus Frost & Sullivan sieht darin eine Möglichkeit, die Herausforderungen der nächsten Zeit zu meistern. Allerdings wird das Auslagern nur für Unternehmen sinnvoll möglich sein, die grundsätzlich einer differenzierten Sourcing-Strategie in der IT offen gegenüber stehen und den Betrieb der Technologien nicht als wichtiges Geschäftsfeld betrachten.
Um das Rechenzentrum für die kommenden Jahre fit zu machen, darf das Thema Green IT jedoch nicht in punktuellen Projekten wie Konsolidierung oder Virtualisierung stecken bleiben, sondern muss in einen strategischen Rahmen mit klaren Zielen und belastbaren Zahlen eingebettet werden. Eine Effizienzverbesserung lässt sich abhängig vom Ausgangspunkt auf verschiedenen Wegen erreichen. Der Neubau oder Ausbau vorhandener Rechenzentralen sind neben dem Einsatz moderner Technologien ebenso denkbare Optionen wie das Outsourcing an spezialisierte Dienstleister. Die Strategie beginnt also damit, die Ist-Situation aufzunehmen. Allerdings räumten 93 Prozent der befragten Anwender gegenüber der Experton Group an, den Energiebedarf ihrer IT nicht zu kennen. Wer jedoch die Ausgangslage nicht kennt, kann keine belastbaren Aussagen darüber treffen, welche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung sinnvoll sind und welcher RoI (Return on Investment) zu erwarten ist. Hier gilt es, einen Bewusstseinswandel im Unternehmen einzuleiten und die Unterstützung des Top-Managements zu gewinnen. Die Initiative dazu müssen CIOs und Rechenzentrumsleiter starten. Sie müssen Business-Management deutlich machen, dass auch das Rechenzentrum zur CO2-Bilanz des gesamten Unternehmens beiträgt. Denn ohne Investitionen wird eine grüne - und sparsame - IT nicht zu haben sein. Dem müssen entsprechende Vorteile bei Betriebskosten und Renommee des Unternehmens gegenüber stehen.