Als Kind stellte sich Franziska Focken ihre berufliche Zukunft so vor: "Ich wollte etwas machen, wo ich bunte Kostüme tragen kann", erzählt sie und lacht. "Später habe ich natürlich gemerkt, dass das Models waren, die Dior-Kostüme trugen." Studiert hat sie was Solides, nämlich Betriebswirtschaft. Ihre Eltern arbeiteten beide im Bankensektor und als Frankfurterin lag es nahe, nach dem Studium einen Vertrag bei der Deutschen Bank zu unterschrieben.
E-Mail an die Samwer-Brüder
Doch weil sie sechs Monate Zeit hatte bis zum Berufsstart, wollte sie noch etwas Neues ausprobieren. Statt einen Rucksack zu packen und auf Weltreise zu gehen, schrieb sie Anfang 2014 an die Samwer-Brüder: "Give me a challenge, I´m your rocket", und kurze Zeit später begann sie ihr Praktikum beim Samwer-Startup Rocket Internet in Berlin. "Nach drei Monaten habe ich als Praktikantin 30 Mitarbeiter geführt und hatte mein Herz an Software und E-Commerce vergeben", erinnert sie sich.
Nach Frankfurt zur Deutschen Bank kehrte sie nie zurück, sondern blieb in Berlin. Nach Stationen bei anderen Startups, etwa Helpling und der OptiPay Group, wo sie im Vertrieb arbeitete, war Focken auf der Suche nach etwas, "was mich glücklich macht". 2019 zeichneten sich Audio-Formate als neuer Trend ab. "Wir haben mit erotischen Audiogeschichten für Frauen experimentiert, doch das Thema ließ sich schlecht skalieren", weshalb sie diese Idee wieder aufgab. Doch das Senden und Empfangen von Sprachnachrichten wurde einfacher und komfortabler.
Dating-App mit Sprachnachrichten
Dann kam Corona. "Ich war zu der Zeit Single. Leute habe ich immer lieber im echten Leben kennengelernt", verrät die Managerin. Doch die verfügbaren Dating-Apps frustrierten sie. Fotos nach links oder rechts wischen erschien ihr wenig zielführend. Schließlich entstand die Idee, selbst eine Dating-App zu entwickeln, mit der sich Bindungswillige mit Foto und über eine Sprachnachricht kennenlernen.
Gemeinsam mit Julian Krahnen gründete Focken die Dating-App Wayvs. "40 Prozent des ersten Eindrucks prägt die Stimme. So entsteht schneller ein persönlicher Eindruck vom Gegenüber", davon ist die Gründerin überzeugt. Neben Fotos laden die Nutzerinnen und Nutzer Antworten auf drei vorgegebene Fragen als Audiodatei hoch. Das erleichtert den Gesprächseinstieg.
Mit einem ersten Prototyp testete das Gründer-Team die Idee und weil das Feedback ermutigend war, wurde die Wayvs-App im Sommer 2021 gelauncht. Demnächst sollen Live-Events und Partys die App noch bekannter machen. Genutzt wird Wayvs hauptsächlich von Menschen zwischen 20 und 40 Jahren, das Durchschnittsalter liegt bei 30.
Etliche Finanzierungsrunden geschafft
Geld einsammeln zählt zu den Aufgaben von Focken. "Vertrieb gehört zu meinen Stärken", sagt die 31-Jährige. Für eine Finanzierungsrunde führte sie rund 100 Gespräche. Die Gründerin kennt die Venture-Capital-Szene aus mehr als 200 Besprechungen mit Investoren und sie weiß, wie sie sich und ihr Startup präsentieren muss. Sie will sich nicht nur wegen des Geldes verbiegen. "Dann nehme ich lieber kein Geld", sagt sie selbstbewusst.
Aber die 31-Jährige wundert sich über die Attitüde mancher Investoren. Obwohl sie viel Erfahrung in der Startup-Szene mitbringt, versuchen manche Männer, sie mit scheinbar gut gemeinten Ratschlägen belehren zu müssen. "Da denke ich mir: "das kannst du dir sparen", und meistens fällt mir auch ein guter Spruch ein", verrät sie.
Es braucht mehr Frauen in der Venture Capital Szene
Franziska Focken wünscht sich mehr Transparenz in der Venture Capital Szene. "Es braucht mehr Frauen in Machtpositionen, die über Kapital entscheiden." An ein Investorengespräch erinnert sie sich besonders ungern. "Er hat sich eine Stunde Zeit genommen um mir zu erklären, weshalb unser Business nicht funktionieren wird. Das hat mich runtergezogen", erzählt sie.
Doch längst hat sie ihren Optimismus wiedergefunden, denn Focken ist erfolgreich mit Wayvs und ihrer Geschäftsidee. Auch privat läuft es gut für sie, denn mit ihrer App beendete sie auch ihren Single-Status. (kf)
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