Informationsregister im Internet

Hamburg schafft Amtsgeheimnis ab

13.07.2012 von Johannes Klostermeier
Bürgerschaftsfraktionen und Volksinitiative verständigten sich parteienübergreifend auf ein neues Transparenzgesetz.

Auf Basis eines interfraktionellen Antrags beschloss das Hamburger Landesparlament, die Bürgerschaft, ein Hamburgisches Transparenzgesetz (PDF), das das Informationsfreiheitsgesetz ablöst. Alle Bürgerschaftsfraktionen und die Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen" hatten sich auf diesen Kompromiss nach langen Verhandlungen verständigt. Das teilte die Hamburger SPD mit.

Das Tor zur Welt hat die Stadt Hamburg im Wappen. Es steht jetzt auch für mehr politische Transparenz.
Foto: Hamburg

Hamburg solle ein transparentes Bundesland werden, und zwar transparenter als alle anderen. Darauf einigte sich die in Hamburg regierende SPD-Fraktion mit den anderen Parteien und vor allem auch der Volksinitiative. Konkret solle das neue Gesetz den Bürgern ermöglichen, im Vorfeld politischer Entscheidungen besser als bisher an die zur Meinungsbildung notwendigen Informationen heranzukommen, um so qualifizierte Vorschläge zur Gestaltung politischer Vorhaben einbringen zu können.

15 wichtige Dokumentenarten

Zugang zu amtlichen Informationen war auch in Hamburg bisher nur auf Antrag möglich. Dies soll jetzt geändert und durch eine generelle Veröffentlichungspflicht für 15 wichtige Dokumentenarten ergänzt werden. Hierzu werde - weitergehender als in Berlin und in Bremen - ein eigenes Informationsregister im Internet eingeführt.

So sollen zum Beispiel Senatsbeschlüsse, Verträge der Daseinsvorsorge oder Zuwendungen in das Register eingestellt werden. Daneben soll es auch noch weitere Auskunfts- und Einsichtsrechte im Einzelfall geben.

Ein Fernglas ist in Hamburg nicht mehr nötig, um an Verwaltungsinformationen zu kommen.
Foto: Carl Zeiss AG

Damit hat das Amtsgeheimnis in Hamburg im Wesentlichen ausgedient. Gleichwohl blieben zwingend notwendige Datenschutzregeln bei der Novellierung gewahrt. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte war in die Erarbeitung des Gesetzentwurfs einbezogen.

Datenschutzbeauftragter hilft bei Ärger

Die Hamburger erhalten mit dem neuen Gesetz auch die Möglichkeit, sich bei Unzufriedenheit mit der Bearbeitung ihrer Informationsanliegen oder bei Verstoß gegen die Veröffentlichungspflicht an den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu wenden. Insgesamt solle durch die Pflicht zur Veröffentlichung „die demokratische Meinungs- und Willensbildung gefördert, eine Kontrolle staatlichen Handelns sowie Korruptionsprävention ermöglicht und das Kostenbewusstsein der Verwaltung" weiter geschärft werden.

Vorlage für den Gesetzentwurf war eine überarbeitete Fassung der Volksinitiative, die für den Spätsommer ein Volksbegehren zu dem Thema angemeldet hatte. Im Rahmen der Gespräche zwischen den Parteien und den Bürgern wurden weitere Veränderungen am Gesetzentwurf vereinbart, die eine möglichst ressourcenschonende Umsetzung des Gesetzes durch möglichst wenig Verwaltungsaufwand sicherstellen sollen.

Geld aus dem IT-Globalfonds

So wurde erreicht, dass die Veröffentlichungspflichten für die Stadt mit internen Berichtspflichten der Behörden zumeist synchronisiert werden. Das Informationsregister soll binnen zwei Jahren unter anderem aus Mitteln des IT-Globalfonds der Stadt erstellt werden. Die Einzelauskünfte kosten weiter Gebühren, zukünftig solle aber bei komplexen Auskunftswünschen ein Kostenvoranschlag zur Pflicht werden, damit der Anfrager die Kosten abschätzen kann.

Der Senat wurde gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf beauftragt, eine Umsetzungsstrategie für das Gesetz zu erarbeiten, das in drei Monaten insgesamt in Kraft tritt. Nach dem Gesetzesbeschluss will die Volksinitiative ihr Volksbegehren zurückziehen.

Hamburg jetzt bundesweit führend

Die SPD lobt sich: „Nach den interfraktionellen Gesetzentwürfen zur direkten Demokratie auf Bezirksebene und auf Landesebene ist das Transparenzgesetz damit der dritte wichtige Schritt für die Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung in Hamburg." Hamburg sei dadurch bundesweit führend bei der Beteiligung seiner Bürger. Die Abkehr vom Amtsgeheimnis hin zum Open Government Data Prinzip will Hamburg mit der neuen Regelung vollziehen, die wesentliche Teile der Volksinitiative übernimmt.

Das in der 18. Wahlperiode erstmals geschaffene Hamburger Informationsfreiheitsgesetz ist zwar in der 19. Wahlperiode umfassend novelliert worden – entsprach aber trotzdem nicht mehr in allen Punkten den gewachsenen Anforderungen an Transparenz in Politik und Verwaltung.

In den fünf Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Hessen gibt es noch kein Informationsfreiheitsgesetze Die Informationsfreiheitsgesetze sechs weiterer Bundesländer sehen keine Veröffentlichungspflichten vor. Entsprechende Regelungen gibt es bislang derzeit nur in Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen.

In Hamburg sind alle Parteien glücklich über das neue Gesetz: „Das ist ein großer Schritt für mehr Bürgerbeteiligung und gegen Politikverdrossenheit in Hamburg. Es ist großer Erfolg, dass wir dieses Gesetz mit allen Rathausfraktionen und gemeinsam mit der Volksinitiative beschließen. Das erhöht die Legitimation", sagte Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg.

Vorreiter schon seit 2006

Und auch die CDU macht mit: „Die CDU Hamburg war bereits 2006 Vorreiter für die Öffnung der Verwaltung, nämlich durch die Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Das nun auf breiter Basis ausgehandelte Transparenzgesetz bietet noch mehr Einblicke in die Verwaltung, in die Entscheidungsabläufe und macht staatliches Handeln nachvollziehbarer und transparenter. Die CDU begrüßt ausdrücklich diesen Wandel", lobte auch Viviane Spethmann, rechtspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Farid Müller, netz- und datenschutzpolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Hamburg stellt künftig tausende Akten ins Internet und öffnet seine Amtsstuben mehr als jedes andere Bundesland. Uns war wichtig, dass der Schutz persönlicher Daten dabei garantiert bleibt. Presse und Bürger können die Verwaltung künftig deutlich besser kontrollieren."

„Die FDP-Fraktion begrüßt, dass Hamburg mit dem Transparenzgesetz beim Thema Bürgernähe 2.0 nun die Spitzenposition unter den Bundesländern übernimmt", sagte Finn-Ole Ritter, datenschutzpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion.

Quantensprung zur offenen Gesellschaft

Christiane Schneider, rechtspolitische Sprecherin von der Fraktion Die Linke: „Wir haben die Volksinitiative Transparenz schafft Vertrauen früh unterstützt. Umso mehr freuen wir uns, dass die Bürgerschaft einmütig das Anliegen aufgreift und sich mit der Initiative auf das modernste und weitgehendste Transparenzgesetz in der Bundesrepublik verständigt hat."

Und auch Gregor Hackmack, Vorstand des Vereins Mehr Demokratie von der Volksinitiative "Transparenz schafft Vertrauen" lobt: „Mit der Einführung des Transparenzgesetzes wird Hamburg zur Transparenzhauptstadt. Wir haben aus dem Informationsrecht der Menschen eine Informationspflicht der Behörden gemacht. Das ist ein Quantensprung auf dem Weg zu einer offenen Gesellschaft." Zum Thema Open Data siehe auch die CIO.de-Artikel "Stuttgart 21 wäre nicht passiert" und "Microsoft: Projekt-Umsetzung fehlt".