Corona-Pandemie

Handel erwartet kein schnelles Ende der Ladenschließungen

04.01.2021
Der Handel fühlt sich in der Corona-Krise alleingelassen. Eine Wiedereröffnung der Innenstädte am 10. Januar 2021 erscheint zunehmend unwahrscheinlich. Und staatliche Hilfen kommen nicht an, klagt die Branche.
Die Wiedereröffnung der Innenstädte am 10. Januar 2021 erscheint zunehmend unwahrscheinlich.
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Der Handel rechnet nicht mit einem raschen Ende der coronabedingten Ladenschließungen in Deutschland. "Ich fürchte, dass die Läden am 10. Januar 2021 noch nicht wieder öffnen dürfen. Denn das Ziel, die 7-Tage-Inzidenz bundesweit auf unter 50 zu senken, wird bis dahin wohl nicht zu erreichen sein", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, der Deutschen Presse-Agentur.

Der Handel fühlt sich in der Krise alleingelassen. "Die Lage ist wirklich sehr ernst", erklärte Genth. "Bundesfinanzminister Olaf Scholz kündigt zwar immer Milliardenhilfen an, tatsächlich kommen die Hilfen aber nicht zur Auszahlung, weil die Zugangshürden viel zu hoch sind." Dadurch habe der Einzelhandel keinen ausreichenden Zugang zu Staatshilfen.

In den nächsten Monaten drohe eine Insolvenzwelle im Einzelhandel, warnte Genth. Viele Handelsunternehmen, die von dem zweimaligen Lockdown betroffen seien, hätten ihr Eigenkapital weitgehend aufgezehrt und benötigten jetzt wirtschaftliche Unterstützung. Andernfalls drohe das Aus "für bis zu 50.000 Geschäfte".

Vorrangiges Ziel müsse es sein, die Geschäfte wieder zu öffnen, sobald dies aus Sicht der Virologen wieder möglich sei und sie dann auch geöffnet zu halten. "Wir können uns nicht von einem Lockdown zum nächsten entlanghangeln. Das werden viele Tausende Handelsunternehmen, insbesondere Modehäuser, nicht überstehen", warnte Genth. Dass geöffnete Ladentüren und Pandemiebekämpfung kein Widerspruch seien, habe der Einzelhandel in den vergangenen Monaten bewiesen. Einkaufen sei kein Hotspot. Die Erkrankungszahlen bei den Mitarbeitern im Handel bewegten sich auf unauffälligem Niveau.

Fest steht für den Branchenkenner, dass das Einkaufen künftig digitaler wird. Viele Kunden, die früher nicht online eingekauften, hätten in der Pandemie erlebt, dass es funktioniere. Für den stationären Handel sei der stürmische Wandel aber nicht so einfach zu bewältigen.

"Viele Händler versuchen zur Zeit, im Internet ein zweites Standbein aufzubauen, aber das ist enorm schwierig", betonte Genth. Die größte Schwierigkeit für einen Händler sei es, im Internet gefunden zu werden. "In der Innenstadt geht es um Lage, Lage, Lage. Nicht anders ist es im Internet. Man muss gefunden und wahrgenommen werden." Für einen Mittelständler sei es jedoch eine große Herausforderung, im Wettlauf mit großen Anbietern überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Ein anderes großes Problem sei der harte Preiswettbewerb, der im Internet alles dominiere.

Die Unternehmen benötigten deshalb staatliche Unterstützung. Vorbild dafür könne Nordrhein-Westfalen mit seinen Digital-Coaches sein - Beratern, die zu Unternehmen gehen und sie passgenau bei der Digitalisierung unterstützen. "Das könnten wir uns als bundesweites Modell mit Unterstützung des schon bestehenden Kompetenzzentrum Handel vorstellen", sagte Genth.

Ein bisschen Rückenwind könnten dem Handel im neuen Jahr Sonntagsöffnungen an einigen Wochenende geben, hofft Genth. Allerdings seien die rechtlichen Voraussetzungen dafür nach wie vor "absolut unbefriedigend". Tatsächlich scheitern regelmäßig Pläne des Handels für verkaufsoffene Sonntage an juristischen Einsprüchen von Kirchen und Gewerkschaften. "Wir brauchen hier eine Befreiung. Für die Klärung sehen wir nur den Weg über eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht", sagte Genth. Einzige Alternative dazu sei eine Klarstellung des Gesetzgebers, aber dazu wäre eine Grundgesetzänderung notwendig. (dpa/rw)