Für ihre digitale Transformation hat sich die Hartmann Gruppe ehrgeizige Ziele gesteckt. Eine Gesundheitsplattform auf Basis von Cloud-Technologien spielt dabei eine zentrale Rolle.
Die "digitale Transformationsreise" des Traditionsunternehmens aus Heidenheim begann 2017. Das Ziel: Hartmann will als "Digital Solution Leader" in den Bereichen Desinfektion, Wund- und Inkontinenzmanagement wahrgenommen werden. Die IT-Organisation soll sich dabei zur treibenden Kraft entwickeln. CIO Sinanudin Omerhodzic setzt vier Schwerpunkte auf diesem Weg: Er will die Innovationsfähigkeit steigern, produktorientierte "High-Performance Teams" entwickeln, eine digitale Gesundheitsplattform implementieren und digitales Know-how aufbauen. Mit dem Transformationsprogramm bewarb sich die Hartmann Gruppe beim DIGITAL LEADER AWARD 2020. Das Team um Omerhodzic, der inzwischen CIO von Aldi Nord ist, konnte damit den zweiten Platz in der Kategorie STRATEGY erringen.
Die digitale Plattform adressiert mehrere Problemfelder, die das Kerngeschäft des Unternehmens betreffen. Im Bereich Desinfektion geht es beispielsweise darum, Infektionen rechtzeitig zu erkennen und Ausbrüche zu vermeiden. In diesem Kontext entstand die Software EPIDIS, die nosokomiale Infektionen (Krankenhausinfektionen) mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) frühzeitig identifizieren und davor warnen soll. Auch im Bereich Wundmanagement setzt das Unternehmen auf KI, um etwa eine dedizierte Wunddokumentation stationär wie auch ambulant zu ermöglichen.
Entlastung für das Pflegepersonal
Beim Thema Inkontinenzmanagement lautet das wichtigste Ziel, das Pflegepersonal in den Einrichtungen zu entlasten. Alle zwei Stunden müssen Pflegekräfte überprüfen, ob das Inkontinenzprodukt eines erkrankten Bewohners gewechselt werden muss, auch nachts. Hartmann untersucht deshalb den Einsatz von Sensoren, die einen notwendigen Wechsel des Inkontinenzprodukts anzeigen und damit dem Personal Arbeit ersparen. Auch der Materialeinsatz lässt sich auf diese Weise optimieren.
Hohe Prozesskosten gehören im Krankenhausumfeld generell zu den größten Herausforderungen. Um hier Verbesserungen zu erzielen, entwickelte Hartmann unter anderem "digitale Schränke", die das darin gelagerte medizinische Material automatisch nachbestellen, wenn ein definierter Mindestbestand unterschritten wird. Neben einer Senkung der Prozesskosten führt dies dazu, dass medizinische Produkte zeit- und mengengerecht verfügbar sind.
Die Top-CIOs der Gesundheitsbranche
Holger Witzemann, AOK Systems Holger Witzemann ist seit Mai 2016 Geschäftsführer der AOK Systems. Der Diplom-Ingenieur für Technische Informatik war vorher Geschäftsführer im Bitmarck-Konzern in Essen, einem IT-Anbieter für Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen sowie die DAK-Gesundheit und weitere Ersatzkassen. Witzemann verantwortet nun die Softwareentwicklung für die gesamte AOK-Gemeinschaft, die BARMER, die BKK Mobil Oil, die VIACTIV Krankenasse und die Hanseatische Krankenkasse.
Stefan Henkel, Siemens Healthineers Stefan Henkel ist CIO von Siemens Healthineers. Stefan Henkel absolvierte sein Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bamberg, wo er ebenfalls seine Promotion abschloss. Nach Stationen als Lehrbeauftragter und selbstständiger IT-Berater, startete er im Jahr 1996 seine berufliche Laufbahn bei Siemens Management Consulting in München. Bereits 1997 übernahm er die Leitung der Supply Chain Beratung im Bereich Corporate Procurement and Logistics. Nach weiteren leitenden Positionen in verschiedenen Abteilungen wechselte er 2006 in den Bereich Customer Services der Healthcare-Sparte. Dort verantwortete er weltweit "Product Support" und den "Siemens Remote Service". Nachdem er ein unternehmensweites Transformationsprojekt erfolgreich leitete, übernahm Stefan Henkel 2011 die Position des Leiters für Customer Relationship Management Operations. Daraufhin übernahm er die Verantwortung als Leiter der IT und seit 2018 besetzt Stefan Henkel die Position des CIO von Siemens Healthineers.
Hans-Ulrich Prokosch, Uniklinikum Erlangen Hans-Ulrich Prokosch ist CIO am Uniklinikum Erlangen und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Informatik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Bis 2003 war er Professor für Medizinische Informatik an der Universität Münster. Prokosch hat Mathematik studiert, dann einen Doktor in Humanbiologie gemacht und sich anschließend im Fach Medizinische Informatik habilitiert.
Markus Balser, Rhön Klinikum AG Markus Balser ist seit Februar 2018 Konzernbereichsleiter IT/Konzern-EDV an der Rhön-Klinikum AG. Zuvor war er seit 2008 bei der Accenture GmbH als Managing Director im Bereich Technology Strategy verantwortlich für Enterprise Architecture & Application Strategy im deutschsprachigen Raum.
Andreas Strausfeld, Bitmarck Holding Im Juli 2014 ist Andreas Strausfeld zum Geschäftsführer der Bitmarck Holding GmbH aufgestiegen. Damit steht er dem IT-Dienstleister für Krankenkassen vor. Andreas Strausfeld ist seit 2008 als Geschäftsführer bei der Bitmarck Holding GmbH und seit 2010 bei der Bitmarck Vertriebs- und Projekt GmbH aktiv. In gleicher Funktion war er in Personalunion auch von 2012 bis 2013 bei der Bitmarck Software GmbH tätig. 2018 wurde sein Vertrag bei Bitmarck vorzeitig um vier Jahre bis 2024 verlängert.
Stefan Domsch, Synlab Im Juli 2024 wechselte Stefan Domsch die Branche und stieg als IT-Chef bei Synlab ein. Bisher war er Group CIO vom TÜV Süd.
Ingo Elfering, Fresenius Seit Juli 2020 besetzt Ingo Elfering den neu geschaffenen CIO-Posten bei der Fresenius Gruppe. Der gelernte Wirtschaftsinformatiker soll die globalen IT-Aktivitäten des Konzerns koordinieren und weiterentwickeln. Zudem übernimmt er die Leitung der IT-Dienstleistungs-Tochter Fresenius Netcare, die mittlerweile in Fresenius Digital Technology umbenannt wurde. Elfering berichtet an den Finanzvorstand.
Jens Schulze, Universitätsklinikum Frankfurt am Main Jens Schulze ist seit September 2019 CIO und Leiter des Dezernats für Informations- und Kommunikationstechnologie (DICT) im Universitätsklinikum Frankfurt. Sein Vorgänger Martin Overath ist jetzt Geschäftsleiter Medizinischer Arbeitsplatz beim Softwarehersteller Knowledgepark. In seiner Rolle verantwortet Schultz alle Bereiche der administrativen und klinischen IT inklusive der Telekommunikation. Er berichtet an den kaufmännischen Direktor als Mitglied des Vorstands. Für seine Leistungen als CIO der Uniklinik Leverkusen (2013-2019) wurde Jens Schulze beim CIO des Jahres 2019 in der Kategorie Public Sektor ausgezeichnet.
Michael Kraus, Universitätsklinikum Freiburg Michael Kraus ist seit August 2014 für die IT am Universitätsklinikum Freiburg verantwortlich. Bereits seit 2009 war er stellvertretender Leiter des Klinikrechenzentrums. Nach seinem Physik-Studium und einer Promotion im Bereich der Systembiologie war Kraus wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. 1996 wechselte er als IT-Leiter in die Universitätsverwaltung und verantwortete dort ab 1999 als Dezernatsleiter neben der IT für das Campus Management die Bereiche Controlling, Organisation und Neue Medien.
Rudolf Dück, UKSH IT-Chef am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist seit Januar 2019 Rudolf Dück. Er übernahm die Leitung der Stabsstelle Informationstechnologie. Zugleich ist er Geschäftsführer der UKSH Gesellschaft für IT Services mbH (ITSG) sowie der Gesellschaft für Informationstechnologie (GfIT). Davor war Dück als Leiter des Bielefelder IT-Servicezentrums (BITS) an der Universität Bielefeld tätig.
Manfred Criegee-Rieck, Klinikum Nürnberg Manfred Criegee-Rieck leitet seit Juni 2017 die IT des Klinikums Nürnberg. Der neue IT-Leiter ist Nachfolger des langjährigen CIOs Helmut Schlegel. Er kommt von den Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz, wo er Gesamtleiter IT war.
Heiko Reinhard, Ottobock Heiko Reinhard ist seit Mai 2018 neuer CIO beim Duderstädter Medizintechnik-Hersteller Ottobock. Er war bislang als CEO des IT-Dienstleisters Sycor, der IT-Tochter von Ottobock, in Amerika und als IT Director North America für Ottobock tätig.
Patrick Wenz, Universitätsmedizin Mainz Patrick Wenz leitet die IT der Universitätsmedizin Mainz bis Ende 2023 im Interim.
Jan Vitt, Universitätsmedizin Mainz Ab Januar 2024 soll Jan Vitt die IT der Universitätsmedizin Mainz leiten.
Aude Vik, Techniker Krankenkasse Seit Anfang 2024 ist Aude Vik Geschäftsbereichsleiterin Informationstechnologie bei der Techniker Krankenkasse.
Gunther Nolte, Vivantes-Klinik Gunther Nolte ist schon seit 2001 IT- und TK-Direktor beim Gesundheitsnetzwerk Vivantes. Der Diplom-Informatiker arbeitete nach seinem Studium zunächst als Softwareentwickler in einem Systemhaus. Zwischen 1986 und 2001 war er unter anderem als Projektleiter für den Aufbau eines Tumorregisters am onkologischen Schwerpunkt Klinikum Kassel verantwortlich.
Dirk Herzberger, Helios Kliniken Seit 1998 leitet Dirk Herzberger die IT der Klinikkette Helios, die seit 2005 zu Fresenius gehört. Mit seiner Abteilung "Zentraler Dienst IT" stellt er dem gesamten Unternehmen die PC-gestützte Infrastruktur zur Verfügung - das reicht von medizinischen Dokumentationssystemen über die IT für Abrechnungen bis zu Telemedizin-Lösungen. Diplom-Ingenieur Herzberger war zuvor sechs Jahre Leiter EDV der Asklepios Neurologischen Klinik Bad Salzhausen und ab 1993 am Aufbau der Zentrale Dienste EDV der Asklepios Gruppe beteiligt. Zwischen 1988 und 1992 arbeitete Herzberger als Entwicklungsingenieur in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie in der Abteilung Technische EDV der Firma Weiss Umwelttechnik.
Franz-Helmut Gerhards, DAK Franz-Helmut Gerhards ist seit Oktober 2016 CDO und Mitglied der Geschäftsleitung der DAK-Gesundheit in Hamburg. Er ist für die unternehmensweite digitale Transformation der Krankenkasse verantwortlich. Dazu gehört neben der strategischen Ausrichtung der DAK den Aufbau eines digitalen Ökosystems sowie die digitale Transformation aller relevanten Kundenprozesse mit dem Fokus auf die Kundenorientierung. Zudem verantwortet Gerhards den mit der Digitalisierung verbundenen kulturellen Wandel und leitet die Digitale Fabrik, die als interner Inkubator die digitale Transformation der Kasse operativ gestaltet.
Henning Schneider, Asklepios Konzern Henning Schneider hat im Oktober 2016 die Leitung des Konzernbereichs IT im Asklepios Konzern übernommen. Er folgt auf Martin Stein, der das Unternehmen verlassen hat, um als Kaufmännischer Geschäftsführer des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein tätig zu sein. Schneider wechselte vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zu Asklepios. Am UKE leitete er seit 2012 als CIO den Geschäftsbereich Informationstechnologie. Bereits seit 2008 trug er dort Verantwortung für die medizinischen IT-Systeme und die Umsetzung der elektronischen Patientenakte.
Martin Peuker, Charité Martin Peuker ist CIO der Berliner Charité. Große Hoffnungen setzt Peuker in die europäische Cloud-Initiative Gaia-X, die allmählich Formen annimmt: "Von Gaia-X könnte der gesamte Health-Sektor profitieren", ist er überzeugt. Die Charité unterstütze die Initiative schon jetzt aktiv. Bisher kommen Cloud-Ressourcen ausschließlich im Verwaltungsbereich der Charité zum Einsatz.
Kurt Kruber, Klinikum der Universität München Seit Dezember 2012 verantwortet Kurt Kruber am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Medizintechnik und Informationstechnik. Beide Ressorts sollen unter der Führung des 49-Jährigen näher zusammenrücken, wie sich auch an der Agenda des IT-Chefs zeigt: Eines seiner Projekte ist das Zusammenführen der Mitarbeiter aus diesen Bereichen.
Bernd Christoph Meisheit, Sana Kliniken Bernd Christoph Meisheit ist seit August 2009 Geschäftsführer bei der IT-Tochter der Sana Kliniken. Meisheit stieß damals zu Gerald Götz, der die Sana IT Services bereits zwölf Jahre lang leitete, und formte mit ihm eine Doppelspitze. Seit Götz Sana im Herbst 2010 verlassen hat, leitet Meisheit die IT des Klinikbetreibers allein. Meisheit war zuvor IT-Verantwortlicher des Klinikverbandes St. Antonius und Geschäftsführer der Gesellschaft für Information und Technologie im Gesundheitswesen in Wuppertal. In den Jahren 2000 bis 2008 war er CIO der MTG Malteser Trägergesellschaft und Mitglied des Kooperationsrates der Deutsche Malteser GmbH. In dieser Funktion wurde er 2007 von unserer Schwesterpublikation Computerwoche für ein Rechenzentrumsprojekt zum Anwender des Jahres in der Kategorie IT-Performance gekürt. Von 1992 bis 1997 war er Leiter der Abteilung IT und Organisation und ab 1998 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Finanzen, Unternehmensrechnung und Informationssysteme der Flughafen Köln/Bonn GmbH. Meisheit hat in Köln die Fächer Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung studiert.
Technisch basiert die Gesundheitsplattform auf Microsoft Azure. Die interne IT nutzt sie für Anwendungen wie die "digitale Windel" und die KI-gestützte Wundbewertung. Neben KI kommen auch Data-Analytics- und IoT-Technologien zum Einsatz. Die Hartmann Gruppe arbeitet mit einer Reihe von Technologielieferanten zusammen, darunter SAP, Siemens und Microsoft. Darüber hinaus kooperiert das Unternehmen mit Startups, die beispielsweise bei der Entwicklung der digitalen Windel unterstützt haben.
Neue Rollen in der IT
Zur Transformation gehören auch Veränderungen in der IT-Organisation. Zwar bildet die sogenannte "robuste IT" weiterhin das Fundament zum Planen, Bauen und Betreiben von IT-Systemen, wie der CIO erläutert. Doch sie wird schrittweise ergänzt um eine "agile IT". Um die beiden Pole zu verbinden, definierte Hartmann drei neue Rollen.
So gibt es nun den "Technology Leader Market", der über umfangreiche Marktkenntnisse verfügt und diese der IT vermittelt, um Innovationen voranzutreiben. Der "Technology Leader Scout" sucht systematisch nach neuen Technologien und befeuert auf diese Weise den digitalen Wandel. Last, but not least sorgt der "Technology Leader Process" für eine kontinuierliche Verbesserung der internen Prozesse. Die drei Rollen bilden das "Hartmann OneIT Team". Sie stehen in engem Austausch und tragen dazu bei, dass sich die IT insgesamt zum digitalen Wegbereiter im Unternehmen entwickelt.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Mentalität der Mitarbeiter. Hartmann will weg von einem Mindset nach dem Motto: "We must change". Stattdessen soll die Devise künftig lauten: "We want to change". Um das zu erreichen, setzte das Management ein umfangreiches Change-Management-Programm auf. Dazu gehören insbesondere Schulungsmaßnahmen zu den Themen Digitalisierung und den neuen Rollen in der IT.
Erste Erfolge können sich sehen lassen. Nach Angaben der Protagonisten hat sich beispielsweise die Kooperation mit Partnern wie SAP verbessert. Mit dem Projekt "Saving Patient Lives with SAP Data Intelligence" wurde Hartmann mit dem SAP Innovations Award 2020 ("Best Run Leader") ausgezeichnet.
Lessons Learned
Die Erkenntnisse aus der bisherigen Transformation fasst das Hartmann-Team so zusammen: Innovationen lassen sich nur umsetzen, wenn veraltete Plattformen und unflexible Architekturen abgeschafft und vorhandene Systeme harmonisiert werden. Gefragt sei dabei der Einsatz skalierbarer Technologien wie zum Beispiel Cloud Computing. Darüber hinaus sollte spezifisches lokales Wissen organisationsübergreifend genutzt werden, um Synergien herzustellen. Last, but not least hänge der Erfolg der Transformation von motivierten Mitarbeitern ab, die die Zukunft mitgestalten können.