Der Verkauf werde zu einem außerordentlichen Ertrag in der Größenordnung von rund 100 Millionen Euro führen, teilte der Autozulieferer Hella am Dienstag in Lippstadt mit. Der Deal steht noch unter dem Vorbehalt der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden. Er soll aller Voraussicht nach Anfang 2021 zum Abschluss kommen, hieß es.
Die im MDax notierte Hella-Aktie gab deutlich nach - zuletzt lag sie mehr als eineinhalb Prozent im Minus. Im laufenden Jahr haben die Titel damit etwas mehr als 15 Prozent an Wert verloren. Auf längere Sicht sieht es mit einem Plus von rund einem Drittel in den zurückliegenden fünf Jahren dagegen deutlich besser aus. Der in Aussicht gestellte Ertrag sei zwar positiv, die Investoren seien von der strategischen Logik des Deals aber nicht überzeugt, gab ein Händler zu bedenken.
Hella-Chef Rolf Breidenbach begründete den Ausstieg aus dem Geschäft mit Frontkamerasoftware damit, dass der Konzern stets die strategischen Eckpfeiler Technologieführerschaft, Marktführerschaft sowie die Erfüllung bestimmter finanzieller Kennzahlen im Blick habe. "Wenn wir eines dieser drei Kriterien mit einem Produkt nicht nachhaltig erreichen können, verfolgen wir die entsprechenden Geschäftsaktivitäten nicht weiter", erklärte er. Um seine Ziele dauerhaft zu erreichen, hätte Hella im Bereich Frontkamerasoftware "außerordentlich hohe Investitionen verbunden mit einem großen unternehmerischen Risiko" tätigen müssen.
Schwäche der Automärkte lässt Hella vorsichtig agieren
Der Licht- und Elektronikspezialist litt auch im ersten Quartal seines neuen Geschäftsjahres 2020/2021 unter den Folgen der Corona-Krise und hatte die Pandemie und die anhaltende Schwäche der Automärkte bereits im vergangenen Geschäftsjahr (Ende Mai) deutlich zu spüren bekommen. Doch inzwischen wirkt Breidenbach insgesamt wieder etwas zuversichtlicher. Die Anzeichen für eine gewisse Markterholung im Laufe des aktuellen Geschäftsjahres hätten sich zuletzt weiter verdichtet, sagte er kürzlich.
Hella betonte, dass die weiteren Geschäftsaktivitäten der Tochter Hella Aglaia in den Bereichen Energiemanagement, Lichtsteuerung und Personenzählgeräte (People Sensing) nicht von dem Verkauf betroffen seien. Der Konzern werde weiterhin "in automobile Zukunftsthemen wie Elektromobilität, automatisiertes Fahren, Software und Digitalisierung investieren", sagte Breidenbach. Im Zuge des Verkaufs an Volkswagen soll die Hälfte der bislang bei Hella Aglaia beschäftigten Mitarbeiter zur Car.Software Org wechseln, die Volkswagen laut Mitteilung Anfang des Jahres als markenübergreifende Einheit für Software-Entwicklung gegründet hatte.
Volkswagen teilte mit, dass die Konzerntochter Car.Software Org mit der Übernahme ihre Kompetenzen in der Bildverarbeitung ausbauen und die Entwicklung automatisierter Fahrfunktionen für alle Konzernmarken weiter vorantreiben wolle. Laut Unternehmensangaben entwickelt die Car.Software Org federführend für alle Marken im Volkswagen-Konzern Fahrerassistenzsysteme bis hin zum automatisierten Fahren und Parken. Die Bildverarbeitung sei dafür eine Schlüsselkompetenz mit wachsender strategischer Bedeutung, hieß es.
Ziel sei es, ein exaktes Abbild der Fahrzeug-Umgebung durch Kamera- und weitere Sensordaten zu erzeugen. Dies ermögliche es den Fahrzeugen, ihr Umfeld zu erfassen und ihre Position darin zu bestimmen, Situationen vorherzusehen und vorausschauende Manöver durchzuführen. Die Übernahme von Hella Aglaia bilde dabei einen zentralen Baustein. (dpa/rs)