Zu den genauen Gründen für den Wechsel war auch auf Nachfrage bei der Staatskanzlei in Wiesbaden nichts zu erfahren. Bei der Verkündung der Personalentscheidung erklärte der Ministerpräsident nur, die "innovative Position" des Bevollmächtigten der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie in der Landesverwaltung - wie der Posten offiziell heißt - mache einen regelmäßigen Wechsel notwendig. Darüber habe schon 2003 Einigkeit bestanden, als Lemke sein Amt als erster Landes-CIO in Hessen antrat.
Allerdings könnte auch Kritik an Lemkes Arbeit der Grund sein. Das Projekt Neue Verwaltungssteuerung habe sich unter seiner Verantwortung zum "Millionengrab" entwickelt, sagt etwa Florian Rentsch von der FDP. Der Dokumentations- und Verwaltungsaufwand habe sich als Folge der Neuerungen "ins Unermessliche" erhöht. Auch Lemkes System zum Dokumenten-Management DOMEA und die Schul-Software LUSD seien mangelhaft. Der Branchen-Dienst Heise verweist auf die Äußerungen von Schulsekretärinnen und Regierungsmitarbeitern, die mit den neuen Programmen sehr unzufrieden seien.
Wie lange Horst Westerfeld nun die Geschicke der Hessen-IT lenken soll, ist nicht bekannt. Die Staatskanzlei teilte nur mit, dass er zunächst für drei Jahre zum Staatssekretär auf Probe ernannt werde. Grundsätzlich sei seine Amtszeit allerdings nicht auf eine bestimmte Dauer begrenzt, stellte eine Sprecherin klar.
Obgleich Lemkes Arbeit bemängelt wird, stoßen auch die Umstände des Wechsels auf Kritik. So glauben die Grünen nicht an die offizielle Begründung. Diese sei "geradezu albern", sagte Frank Kaufmann, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Er verwies darauf, dass der 52-jährige Lemke Pensionsansprüche von 6.400 Euro im Monat habe.
Als "höchst bemerkenswert" bezeichnen die Grünen auch den Umstand, dass dieser Tage eine Studie zur einheitlichen Behördenrufnummer 115 erschienen sei. Autoren sind Harald Lemke und sein Nachfolger Horst Westerfeld. Das Buch basiere auf einer Studie des Instituts ISPRAT. Geschäftsführer und Mitgründer des Instituts ist Westerfeld, Vorstandsvorsitzender Harald Lemke und Schirmherr Roland Koch.
Der Redaktion von CIO-Online teilte Lemke mit, er werde nun den Wechsel von einer "Person des öffentlichen Lebens zu einer Privatperson vollziehen". Als "erster Public CIO in Deutschland" eine "neue Form der IT-Governance im öffentlichen Dienst zu gestalten", sei eine große Herausforderung gewesen. Ministerpräsident Koch betonte, Hessen sei "dank des beharrlichen Engagements von Staatssekretär Lemke inzwischen führend in der Informationstechnologie".
Lemke hatte seine Laufbahn als Starkstromelektriker begonnen. Später absolvierte er ein Informatikstudium. Vor seinem Amt als Hessen-CIO führte er unter anderem neue Computer-Systeme bei der hessischen Polizei ein und war IT-Direktor des Bundeskriminalamts.
Mehr als 20 Jahre bei Siemens
Lemkes Nachfolger Horst Westerfeld lebt in Friedrichsdorf im Hochtaunuskreis. Nach seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser bei Daimler Benz in Bad Homburg absolvierte er zunächst ein Maschinenbau-, danach ein Mathematikstudium. Für die Siemens AG arbeitete Horst Westerfeld seit 1986, zuletzt als Leiter des Projekts Deutschland-Online-Infrastruktur. Im Rahmen des Projekts soll ein deutschlandweites Computer-Netz entstehen, das alle öffentlichen Dienststellen von Bund, Ländern und Kommunen verbindet und die elektronische Kommunikation zwischen Wirtschaft und Verwaltung vereinheitlicht. Der 57-Jährige hat er einen Lehrauftrag am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Frankfurt.