Ein Carve out, wie man ihn nicht alle Tage sieht: Innerhalb von drei Jahren wurden über 45.000 Mitarbeitende mit einem Umsatz von rund dreizehn Milliarden Dollar aus ABB herausgelöst und auf Hitachi-Seite eine komplett neue IT aufgebaut. Für Michael Loechle eine "herausfordernde und hochinteressante Aufgabe im Herbst meiner Karriere", berichtet der für das Vorhaben verantwortliche IT Leiter. Es habe sich um ein einzigartiges Projekt gehandelt, "welches in dieser Form noch nie gemacht wurde".
Im Rahmen des Vorhabens "IT Build-up und TSA Exit" (Transitional Service Agreement) startete Loechle vier große Transformationsprojekte:
IT Build-up - Aufbau der neuen IT, sowohl der Organisation mit Prozessen, Governance, etc. als auch technologisch, um die IT Services zu erbringen, zum Beispiel Netzwerk, IaaS, End User Computing, Informationsecurity, etc.;
TSA Exit - Loslösen und Beenden der mittels Transitional Service Agreement (TSA) von ABB erbrachten IT Services innerhalb von drei Jahren und ersetzen durch neue, eigene IT-Services;
Sakura - Standardisierung und Integration der HR Prozesse und Systeme auf Workday;
StaR - Rationalisierung der Applikationslandschaft.
Des weiteren wurde ein Business-Transformationsprojekt initiiert, um die bestehenden 32 SAP-Systeme von ABB in ein globales, single-instance SAP-S/4-HANA-System zu überführen. Dieses Projekt wurde vom Business geführt und von der IT stark unterstützt.
Applikationen wandern konsequent in die Cloud
Loechle spricht insgesamt von einer gigantischen Aufgabe, die jedoch auch zahlreiche Chancen geboten habe, eine moderne IT Infrastruktur zu etablieren. Dafür baute der CIO keine eigenen Data Center auf, sondern packte konsequent die übernommenen Applikationen in die Cloud. Darüber hinaus wurde ein Device as a Service aufgebaut, um die Bereitstellung mit Laptops, von der Hardware bis zum Aufsetzen und Konfigurieren, in einen Service zu integrieren und soweit wie möglich zu automatisieren. Das Unternehmensnetzwerk hat Loechle konsequent als SD-WAN etabliert, was aus seiner Sicht das Monitoring und die Optimierung des Netzwerkverkehrs deutlich verbessert.
Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache und verdeutlichen die Dimension des Megaprojekts: Das IT Build-up Vorhaben umfasste 70 Länder mit mehr als 39.000 Nutzerinnen und Nutzern. Insgesamt wurden 39.000 Laptops beziehungsweise Desktops neu aufgesetzt, mehr als 70.000 Hardware Devices installiert, vier neue Service Desks aufgebaut, mehr als 3.500 non-ERP-Applikationen und 1.500 virtuelle Maschinen migriert sowie 3.000 Drucker neu konfiguriert.
Trotz aller Probleme seien sämtliche IT-Services unter dem TSA fristgerecht beendet und Hitachi Energy IT Services gestartet worden, berichtet Loechle, mit Ausnahme von SAP. Die letzten Länder gingen im Juli 2024 live. Der CIO spricht von einem vollen Erfolg. Das Projekt sei "on time within budget" abgeschlossen worden.
IT-Teams werden eng mit dem Business verzahnt
Für Loechle ist das allerdings kein Grund die Hände in den Schoß zu legen. Nachdem die Loslösung von der ABB im Jahr 2023 weitestgehend erfolgt war, legte er den Fokus von 'Operations' auf eine zukunftsgerichtete Organisation. Im Sinne einer Demokratisierung der IT sei ein neues IT Operating Model erarbeitet und umgesetzt worden.
Im Zentrum stehen dabei sogenannte "Business Solution Teams", die, eingebettet in die Geschäftsbereiche, sehr eng die IT-Bedürfnisse abstimmen und eine reibungslose IT-Serviceerbringung sicherstellen sollen. "Mir ist es sehr wichtig, dass jeder IT-Mitarbeiter unser Geschäft versteht und sich auch damit beschäftigt", macht Loechle klar. "Eine enge Beziehung zum Business ist Pflicht."
Durch diese "embedded Business Relationship" will der CIO den Business Units die notwendige Flexibilität und Agilität ermöglichen, um innovative und wettbewerbsfördernde IT-Lösungen an den Start zu bringen. Zudem soll der Großteil der Geschäftsprozesse durch die Skalierbarkeit und Standardisierung der IT-Plattformen kostengünstig und effizient unterstützt werden.
Digitalisierung soll Unternehmenswachstum unterstützen
Die Digitalisierung bei Hitachi Energy habe Loechle zufolge eine sehr hohe Bedeutung, um interne Abläufe zu Prozesse zu automatisieren, einen hohen Qualitätsstandard zu wahren sowie das Unternehmenswachstum nachhaltig zu unterstützen. Außerdem spiele die Entwicklung digitaler Lösungen für die Kunden dabei eine immer wichtigere Rolle.
Die IT-Strategie baut auf einem 'fit for purpose approach' auf - sprich: "Die IT muss sich dem Business Modell, der Größe und den finanziellen Voraussetzungen von Hitachi Energy anpassen."