Wer erinnert sich noch an das „Dialogorientierte Serviceverfahren" (DoSV)? Kurzer Rückblick: Da immer wieder begehrte Studienplätze an deutschen Hochschulen freibleiben, da die Universitäten sie ohne Rückkoppelung mit anderen Hochschulen vergeben, Bewerber kurzfristig oder gar nicht absagen und das Nachrücken zu lange dauert, sollte eine zentrale, Internet-basierte Plattform die Vergabe erleichtern.
Doch die Anbindung der von T-Systems entwickelten Plattform an die Hochschulen ist seit Jahren ein scheinbar unlösbares Problem. Ausgerechnet die von der Bund-Länder-GmbH HIS in Hannover mit der inzwischen veralteten Software HIS GX ausgestatteten Hochschulen konnten keine Verbindung zur T-Systems-Plattform aufbauen.
HIS betreut jedoch zu 90 Prozent die Campus-Managementsysteme der deutschen Hochschulen. Größter privater Wettbewerber sind die Hamburger Datenlotsen, die, so hört man, bei der EU-Kommission Beschwerde wegen „unerlaubter Beihilfe" gegen die Subventionierung der HIS durch den Bund eingelegt hatte.
Nun ist es sehr still geworden um das millionenteure und durchaus sinnvolle Vergabeverfahren, das ursprünglich schon zum Wintersemester 2011 starten sollte, aber bis heute immer noch nicht im Regelbetrieb ist. Ob das Verfahren jemals erfolgreich eingeführt wird, steht in den Sternen. Keine Hochschule will die erste sein. Sie fürchten, dass es nicht klappt und sie dann ohne Studenten da stehen. Und sie scheuen sich vor teuren Investitionen in ihre über Jahrzehnte vermurkste Legacy-Software, die sie generalüberholen oder komplett austauschen müssten.
Die HIS in Hannover jedenfalls gab ein schwaches Lebenszeichen von sich. Laut einer auf der Cebit verteilten Informationsbroschüre, soll die rund 180 Mann starke für die Hochschul-IT zuständige GmbH jetzt in eine Genossenschaft umgewandelt werden, - unter der Voraussetzung, dass die HIS-Gesellschafterversammlung Ende April darüber positiv entscheidet. Das bestätigte auch der Sprecher der HIS Hochschul-Informations-System GmbH Theo Hafner. Durch die Umwandlung will man der EU-Kommisson den Wind aus den Segeln nehmen.
Da bei der HIS wohl noch so einiges anderes im Argen liegt, wurden alle Abteilungen im vergangenen Jahr in vier voneinander unabhängigen Evaluationen von Experten untersucht. Anfang 2012 musste wegen der Softwarepannen HIS-Geschäftsführer Martin Leitner gehen; neuer Chef wurde der Diplom-Physiker Wolfgang Körner. Vier voneinander unabhängige Evaluationen sind nun abgeschlossen. Seit Januar 2013 liegen zumindest intern die Ergebnisse dieser Evaluationen vor.
In einem ersten Schritt soll die bestehende GmbH nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in eine zunächst von Bund und Ländern, später von den staatlichen Hochschulen selbst getragene gemeinnützige Genossenschaft gemäß Genossenschaftsgesetz (GenG) umgewandelt werden.
In einem weiteren Schritt sollen die bisherigen Abteilungen für Hochschulforschung und Hochschulbau und -entwicklung nach Maßgabe des UmwG abgespalten und als Institut für Hochschulforschung und -entwicklung auf einen eigenen Rechtsträger übergehen.
Die von den Hochschulen getragene Genossenschaft wird dann von Aufsichtsorganen gesteuert, die die Hochschulen selbst bestellen. „Die Hochschulen können als Nutzer der HIS?Produkte und ?Dienstleistungen in der Genossenschaft unmittelbar Einfluss ausüben", heißt es bei der HIS.
Weiter werben die HIS-Verantwortlichen: "Als Selbstversorgungseinrichtung kann die Genossenschaft ihren Genossenschaftsmitgliedern anbieten, deren Bedarf an Dienstleistungen und Produkten im Modus Inhouse-Geschäft zu decken, das heißt ohne die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung und zu den günstigen Konditionen einer gemeinnützigen Non-Profit-Organisation."
Universitäten können sich dann auch an andere Anbieter wenden
Es gebe in Bezug auf die Produkte und Leistungen der Genossenschaft kein Abnahmezwang für die Genossenschaftsmitglieder; die Mitglieder seien in der Auswahl der Produkte und Dienstleistungen nicht an die Genossenschaft gebunden. Den staatlichen Hochschulen stehe es somit frei, sich – ohne Rücksicht auf die Leistungen der Genossenschaft – an andere Anbieter zu wenden. Umgekehrt sei es der Genossenschaft allerdings verwehrt, sich an Vergabeverfahren zu beteiligen: Die Entscheidung für einen marktmäßigen Wettbewerb schließe die Genossenschaft als Anbieter aus.
Nach positiver Beratung in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) am 12. April und einem entsprechenden Beschluss der HIS-Gesellschafterversammlung Ende April 2013 soll es eine Kickoff-Veranstaltung in Hannover mit weiteren Informationen für die Universitäten geben.
Die HIS gibt sich sehr zuversichtlich, dass noch im Laufe des Geschäftsjahrs 2013 ein Großteil der bisherigen Nutzer-Hochschulen Genossenschaftsmitglieder in der neuen HIS eG werden. Hoffentlich läuft dann auch bald das Dialogorientierte Serviceverfahren rund. Zwingen kann man die Hochschulen zur Teilnahme offenbar nicht.