Daten über die Gewohnheiten und Vorlieben von Nutzern zu gewinnen, das klingt vielversprechend. Auf welche Weise lassen sich überhaupt Informationen über die User einer Webseite sammeln?
Jeder Nutzer, der eine Webseite besucht, hinterlässt digitale Spuren. Diese können mithilfe von Tracking-Engines gelesen und dokumentiert werden und ermöglichen das Erstellen eines persönlichen Profils eines jeden Users. Man spricht hier vom so genannten Event-Tracking, wobei die Events den Spuren des Besuchers entsprechen.
Was verraten uns denn die digitalen Spuren eines Besuchers?
Der Betreiber eines Shops kann etwa so erfahren, welche Seiten und Unterseiten ein Kunde besucht, wie lange er dort verweilt und welche Produktbeschreibungen er liest oder welche Zusatzinformationen er anklickt. Er kann sein Einkaufsverhalten besser einschätzen, wenn er weiß, welche Artikel er in den Warenkorb legt, welche er wieder aus dem Korb nimmt und ob er den Einkauf überhaupt abschließt. So lässt sich im Idealfall ein lückenloses Profil des Users erstellen, in das auch möglichst alle seine Aktivitäten aus der Vergangenheit und aus anderen Kanälen einfließen.
Ein voll integriertes Datawarehouse ist unumgänglich
Und welche anderen Kanäle gibt es?
Nutzerdaten entstehen ja auch auf anderen Wegen, etwa wenn ein Kunde eine E-Mail an eine Firma schreibt oder auf eine Firmenmail antwortet. Über Newsletter können persönliche Daten generiert werden, wenn der Kunde auf ein Response-Element klickt, und das entsprechend getrackt wird. Auch Informationen aus Telefongesprächen über Call-Center, die Aufschluss über die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit des Kunden geben können, eignen sich zur Vervollständigung des Kundenprofils.
Das entscheidende dabei ist die Integration aller Daten in einem Data Warehouse, um das Bild des Kunden an einer zentralen Stelle sichtbar machen zu können. Dies ermöglicht später eine bessere Individualisierung und Personalisierung der Daten.
Wie finden all diese Daten Eingang in das Data Warehouse?
Hier spielen automatisierte Befüllungsroutinen, so genannte ETL-Prozesse, eine große Rolle, mit denen die Daten aus den verschiedenen Quellsystemen im Data Warehouse zusammengeführt werden. Die große Datenmenge ist anders nicht überschaubar und auch nicht beherrschbar.
Und wie wird aus diesen Daten schließlich ein Kundenprofil?
Auf der Basis der erhobenen Daten ermittelt man mit Data-Mining-Methoden, wie zum Beispiel Diskriminanzanalysen und Klassifikationsverfahren, die Präferenzen eines Nutzers. Ausgedrückt durch Kaufwahrscheinlichkeiten bilden sie das eigentliche Kundenprofil, das auch für Empfehlungsmachinen genutzt werden kann. Ein wichtiger Aspekt unserer Beratung liegt jedoch auch auf dem Schritt davor: Nämlich eine Strategie zu entwickeln, die die Personalisierung als solche steuert. Letztlich geht es darum, die entscheidenden Kriterien für die Profilbildung zu erarbeiten.
Welches sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Personalisierungsstrategie?
Um Personalisierung erfolgreich umzusetzen, sind drei Aspekte von Bedeutung:
Erstens: Das Unternehmen braucht ein Data Warehouse, in dem alle Daten über Kunden konsolidiert werden. Zweitens ist ein Web-Analyse-Tool erforderlich, das die Daten durchforstet, die Kundenspuren nachvollzieht und Kundenpräferenzen identifiziert, Der dritte Baustein ist die Web-Technik: Nur eine flexible, modulare Website ist in der Lage, die aus der Analytik gewonnenen Erkenntnisse in dynamischen Content umzusetzen und anzuzeigen. Das heißt, die Website saugt sich die Empfehlungen aus dem Data Warehouse und präsentiert dem Kunden diese in Echtzeit. Die technische Herausforderung liegt dabei in der Performance der Web-Server-Landschaft: Bei zu geringer Rechenleistung erweist sie sich als Bottle-Neck, der den dynamischen Seitenaufbau unmöglich macht.
Ein gezieltes Offering kann einen klaren Kaufimpuls setzen
Ist eine solche Lösung für kleinere und mittlere Unternehmen nicht zu teuer?
Grundsätzlich können alle Firmen, die Online-Marketing betreiben, von der Personalisierung profitieren. Bei einer strukturierten Vorgehensweise, rechnet sich die Personalisierung auch für kleinere Unternehmen. Ein gezieltes Offering kann einen klaren Kaufimpuls setzen und so die Konversionswahrscheinlichkeit enorm erhöhen. Die Kundenzufriedenheit steigt und damit auch die Kundenbindung.
Unserer Erfahrung nach ist es aber tatsächlich so, dass große Unternehmen, beziehungsweise Firmen mit vielen Site-Besuchern, eher zur Optimierung ihres Online-Marketings bereit sind als kleinere, die die Kosten eher scheuen. Es handelt sich aber um eine psychologische Hürde. Die Hebel sind die gleichen, die Kosten geringer und die Umsätze zweifellos steigerbar.
Wie viel Prozent Umsatzsteigerung sind möglich?
Je nach Geschäftsmodell sind Umsatzsteigerungen im Bereich von ungefähr 10 bis 15 Prozent möglich. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sollten die Umsetzung einer personalisierten Ansprache nicht länger hinausschieben, weil Kundenbindung in der Zukunft ein Haupterfolgsfaktor im E-Commerce ist. Die Anbieter müssen sich differenzieren und ihr Produktspektrum gezielt bewerben.
Welche Branchen arbeiten schon erfolgreich mit personalisierten Ansätzen?
Vorreiter sind Branchen wie der Versandhandel und E-Commerce - mit dem Paradebeispiel Amazon. Auch Direktbanken und Telekommunikationsunternehmen setzen auf Personalisierung.
Bei klaren Spielregeln geringes Missbrauchsrisiko
Wie beurteilen Sie das Risiko des Datenmissbrauchs im Zusammenhang mit der Speicherung personenbezogener Daten?
Der Hauptzweck einer Datensammlung ist ja die Verbesserung der Kundenorientierung. Wenn man sich an klare Spielregeln hält, ist das Missbrauchsrisiko gering. Die eigentliche Datenanalyse, aus der das Kundenprofil und die Empfehlungen gezogen werden, erfolgt auf anonymisierten Daten. Erst ganz zum Schluss werden die persönlichen Daten mit den Analyse-Ergebnissen verbunden.