Zur Kritik am neuen Personalausweis

"Hört auf zu mäkeln"

31.05.2011
Seit November 2010 wird der neue Personalausweis ausgegeben. Das Genörgel über die Schwächen ist unangemessen, findet Torsten Wunderlich von der Datev. Ein Kommentar.
Torsten Wunderlich, Leiter Datev Informationsbüro Berlin.
Foto: DATEV

"Der neue Personalausweis kann, was weltweit noch kein eID-Medium konnte: den - quasi zertifizierten - Anbieter einer Online-Dienstleistung verlässlich gegenüber dem nPA-Inhaber ausweisen und von dessen Daten gesichert nur jene übermitteln, die auch für die Erbringung der Leistung notwendig sind. Das hatten sich Industrie, Banken und Handel seit Beginn des neuen Jahrtausends vom Bund gewünscht. Fast zehn Jahre später löst nun der neue Personalausweis, was einst als schwierig galt.

Im Signaturbündnis von damals wäre gefeiert worden, heute dagegen wird am "nPA" im Inland schon wieder herumgemäkelt: Erst ein paar Dutzend Anwendungsszenarien, nicht bei angelsächsischen Marktführern einsetzbar - "nur" eine deutsche Lösung. Dabei wird in den USA das nPA-Konzept gelobt, und in Brüssel wird der nPA in ein EU-eID-Konzept aufgenommen. Wir selbst feiern hingegen unsere Zweifel.

In der "nPA-Komplettversion" hat der Bürger zwei Nutzungsdimensionen zur Verfügung:

Für die IT-Infrastrukturen der Banken und deren Karten scheint der nPA aber eher ein "Konkurrent" zu sein, der nicht zusätzlich in die Anwendungen integriert werden soll - mit Ausnahme der "Internet-Banken", die sich dem Thema öffnen. Derweil kümmern sich gerade die Kommunen darum, ihre Online-Dienste auf den nPA auszurichten, die letzte CeBIT brachte "Kurzzeit-Signaturzertifikate" hervor, und die Universität Darmstadt bietet erste Szenarien für nPA-Anwendungen über das Mobiltelefon. Gemeinsam mit dem BMI und dem Bitkom werden Workshops für Klein- und Mittelbetriebe organisiert, die den nPA über einen eID-Provider für eigene Dienste nutzen könnten.

Gehaltsabrechnung schon online

Am eigenen Beispiel: Datev steht für über zehn Millionen Lohn- und Gehaltsabrechungen monatlich. Derzeit läuft ein Testbetrieb (im Echtbetrieb) für etwa 800 Datev-Mitarbeiter, in dem diese ihre Abrechnungen mittels der nPA-Funktion sicher via Internet einsehen, lokal speichern und ausdrucken können. Mittelfristig
soll dieses Online-Archiv jedem Inhaber eines nPA mit aktivierter eID-Funktion zur Verfügung stehen, der eine Datev-Abrechung erhält und von seinem Arbeitgeber und dessen Steuerberater für die Anwendung freigegeben wird.

Fazit: Nur wer die nPA-Nutzung konsequent prüft und sich einbringt, kann die nPA-Rahmenbedingungen und -Geschäftsmodelle mit ausgestalten. Umgekehrt heißt das auch: Wer zu spät kommt, trifft auf ein nPA- Fundament, das unter Umständen für Bankdienste weniger flexibel ist - zum Ärger der Kunden und
damit als Wettbewerbsnachteil."

Mehr zum Thema im Finance-Forum

Torsten Wunderlich, Leiter Datev Informationsbüro Berlin, spricht auf dem Finance Forum am 6. und 7. Juni im Kurhaus Wiesbaden. Seinen Vortrag "Der neue Personalausweis - Chance für neue Dienstleistungen" hält er am Dienstag um 14 Uhr in der Themenwelt "ICT und Security", siehe www.finance-forum-germany.com