Der wohl wichtigste IT-Trend in der derzeitigen Coronavirus-Krise ist das Home Office. Laut einer aktuellen Befragung des Bitkom sind zwei Drittel (65 Prozent) der Bundesbürger der Ansicht, dass digitale Technologien dabei helfen können, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, etwa durch Heimarbeit. Von den berufstätigen Teilnehmern der repräsentativen Befragung arbeitet mittlerweile jeder Zweite (49 Prozent) zuhause. Soweit die gute Nachricht.
Wahr ist aber auch: Für viele Menschen ist Heimarbeit eine neue Erfahrung. Bei jedem dritten Berufstätigen (33 Prozent) wurde laut Bitkom-Befragung erstmals Home Office eingeführt. So ist das Thema nicht nur für viele Mitarbeiter, sondern auch für viele Unternehmen Neuland. Hinzu kommt, dass sich die ganze Gesellschaft in einer Ausnahmesituation befindet. Umso wichtiger ist es für die Unternehmen, die Einführung und Nutzung von Heimarbeitsplätzen zwar schnell, aber auch besonnen umzusetzen. "Das bedeutet: Neben Performance, Verfügbarkeit und Sicherheit der Anwendungen spielen soziale Faktoren eine noch größere Rolle als bei einer Home-Office-Einführung unter normalen Bedingungen", erklärt etwa Johann Gschwendtner, Deutschland-Chef des ITK-Dienstleisters BT.
Home-Office-Ansturm - Halten die Netze?
Viele Unternehmen benötigen jetzt sehr kurzfristig zusätzliche Kapazitäten für Konferenzdienste wie Telefon und Video sowie für ihre Collaboration-Anwendungen. "Besonders empfehlenswert ist es in dieser Situation, Cloud-basierte Anwendungen zu nutzen, denn Services wie Office 365 oder WebEx können spontan dazugebucht werden", führt Gschwendtner weiter aus, "einige unserer Kunden haben auch schon bei uns angefragt, ob die Kapazität der Internet-Infrastruktur ausreicht, wenn demnächst ein großer Teil der Bevölkerung von zu Hause aus arbeitet."
Die beruhigende Antwort: Die Access-Netze für den Zugang zum Internet sind auf den sogenannten "Evening Peak" ausgelegt, also wenn Menschen nach Feierabend zahlreiche Streaming-Dienste im Internet frequentieren. Demgegenüber stellt die tagsüber erhöhte Nutzung von Cloud-Services und Videokonferenzen durch Unternehmen keine große Belastung dar. Entsprechend lassen sich beispielsweise Cloud-basierte Collaboration-Anwendungen wie Microsoft Teams und andere schnell und einfach an eine größere Benutzerzahl anpassen.
Etwas anders sieht es innerhalb der Unternehmensnetze - den sogenannten Corporate Networks - aus. Wer seinen Mitarbeitern mit einem klassischen Virtual-Private-Network-(VPN-)Zugriff auf Unternehmensressourcen wie etwa die IT-Kernanwendungen gewährt, hat dafür in der Regel nur eine begrenzte Zahl an Zugängen. Diese lassen sich nicht einfach per Tastendruck verdoppeln. Neben der in vielen Fällen erforderlichen Hardwareaufrüstung verursacht auch die sichere Konfiguration zusätzlicher VPN-Zugänge erheblichen Aufwand.
Dort läuft die IT schnell Gefahr, als Bremser dazustehen. Denn während viele Business-Entscheider bei der Bewilligung von Home-Office-Equipment bislang mit Budget knauserten, kann es den meisten jetzt nicht schnell genug gehen mit der Einführung. Schließlich kommt es darauf an, möglichst viele Mitarbeiter vor der Gefahr einer Ansteckung im Büro oder auf dem Weg zur Arbeit zu schützen.
Heimarbeit per Remote Access - schneller als VPN
Eine schneller umsetzbare Alternative zum VPN liefern Remote-Access-Lösungen wie die des deutschen Anbieters TeamViewer. Damit können Anwender von einem PC im Home Office aus auf ihren Arbeitsplatzrechner im Firmengebäude über eine verschlüsselte Internetverbindung zugreifen. Das hat eine ganze Reihe von Vorteilen: "Da die Daten den Rechner im Büro nicht verlassen, sondern nur der Bildschirminhalt übertragen wird, besteht kein Risiko, dass etwa durch Verlust eines Laptops Unbefugte Zugriff auf sensible Firmendaten erhalten.
Und weil die Anwendungen selbst nur auf dem Rechner im Firmengebäude laufen, sind keine Installationen der notwendigen Software auf Privatgeräten und somit auch keine zusätzlichen Lizenzen erforderlich", erklärt Christoph Schneider, Director Product Management bei TeamViewer. Eine intelligente Kompressionstechnologie minimiere den Datenverkehr und ermögliche den Fernzugriff auch ohne breitbandige Internetanbindung.
Hinzu kommt, so Schneider, dass der Aufwand für Aufbau und Betrieb eines VPNs entfällt. Die Software selbst lässt sich mit wenigen Klicks von der Homepage des Anbieters herunterladen und auf einer Vielzahl von Geräten unterschiedlicher Hersteller und Betriebssystem-Plattformen installieren. Generell empfiehlt Schneider, Sicherheitsfunktionen von Remote-Access-Lösungen wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung auch wirklich zu nutzen.
Das Ausrollen der Lösung in größeren Umgebungen wird durch spezielle Installationspakete unterstützt, mit denen sich neben der Software auch Benutzerrechte für den Fernzugriff auf bestimmte Ressourcen automatisiert verteilen lassen. Und zwar so, dass nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters aus dem Unternehmen mit dem Deaktivieren seines Benutzerprofils alle Befugnisse sicher und nachweisbar gelöscht sind. "Schließlich erwarten Unternehmen von ihren Investitionen auch und gerade in der aktuellen Situation einen nachhaltigen Nutzen. Dazu ist es erforderlich, Home Office im Kontext des IT-Service-Managements und der Unternehmensprozesse insgesamt zu sehen", erklärt Schneider.
Thomas Vetsch, Director Sales Engineering bei Citrix, erklärt zur Frage nach einer sicheren Home-Office-Anbindung: "VPN-Verbindungen, um auf Server im Unternehmen zuzugreifen, sind heute nicht mehr zwingend notwendig - das ist eine gute Nachricht, denn die Installation kann zeitaufwendig sein." Im besten Fall hätten Unternehmen einen digitalen Arbeitsplatz im Einsatz, der überall die gleiche Erfahrung für die Angestellten bietet, egal ob im Büro oder im Home Office. "So müssen sich die Mitarbeiter beim Zugriff auf ihre Daten nicht umstellen", ergänzt Vetsch. Gerade in Ausnahmesituationen sei es wichtig, die internen Kommunikationsprozesse so einfach und stabil wie möglich zu gestalten. Mit einer Digital-Workspace-Lösung ließe sich das bereits innerhalb weniger Stunden oder Tage erledigen.
Arbeiten im Home Office - nicht ohne sozialen Kitt
Unabhängig von der eingesetzten Technologie ist ein wichtiger Knackpunkt der Heimarbeit der fehlende persönliche Kontakt zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zwar ist es in der momentanen Situation ausdrücklich gefordert, den direkten Kontakt zu vermeiden - dennoch sollte die soziale Komponente gerade jetzt berücksichtigt werden. "Collaboration Tools für die gemeinsame Arbeit an Dateien, Desktop Sharing und Videoconferencing sind unentbehrlich für die Zusammenarbeit in verteilten Teams", unterstreicht Gschwendtner, "doch die informelle Kommunikation ist genauso wichtig. Sie bildet den sozialen Kitt, der für den Erfolg eines Teams unverzichtbar ist.
Eine Möglichkeit, den Teamgeist auch in diesen schwierigen Zeiten zu erhalten, sind zum Beispiel Treffen in der virtuellen Kaffeeküche." Mit Tools wie Teams, Yammer, Slack oder Workplace und einer Tasse Kaffee auf dem Home-Office-Arbeitstisch lässt sich der persönliche Austausch fördern. Wichtig ist dabei gerade in unsicheren Zeiten wie diesen: Die Führungskräfte sind mit ihrer Persönlichkeit gefragt. Vorleben und Orientierung geben ist angesagt. Die Technologie bleibt Mittel zum Zweck.
Home Office einrichten - Tipps für Einsteiger
• Standards einhalten: Egal ob per VPN, Remote Access oder Virtual Desktop: Die benötigten Zugriffsrechte für alle erforderlichen Ressourcen lassen sich in der Regel am schnellsten und sichersten ausrollen, wenn dabei die unternehmensinternen Standards für die Einrichtung von Arbeitsplätzen eingehalten werden.
• Ausrüstung bedarfsgerecht gestalten: Spezielle Hardware-Anforderungen wie größere oder zusätzliche Bildschirme an Arbeitsplätzen sind auch im Home Office wichtig für die Gesundheit und Produktivität der Benutzer. Wer mit vielen Anwendungen parallel arbeitet, wird durch ein kleines Laptop-Display ausgebremst.
• Support-Kapazität erhöhen: Die ersten Tage in Heimarbeit bringen auch bei bester Vorbereitung fast immer technische Fragen mit sich. Darauf sollte der IT-Support vorbereitet sein - technisch und personell.
• Gemeinschaft pflegen: In manchen Firmen beginnen die Teams den Tag mit einem "digitalen Brezelfrühstück", um den fehlenden persönlichen Kontakt auszugleichen. Bei diesen Videokonferenzen verteilen die Führungskräfte Aufgaben und fragen den Projektstatus ab. Darüber hinaus ist hier Platz für den Austausch über die Folgen der Pandemie für den Alltag aller - auch außerhalb der Arbeit. Das schafft Solidarität.
• Patenschaften aufbauen: Mitarbeiter, die schon Erfahrung darin besitzen, von zu Hause aus zu arbeiten, können als "Paten" für die Home-Office-Neulinge eine wichtige Rolle im Team übernehmen. Sowohl mit Tipps zur Nutzung von Tools wie Teams und anderen, als auch bei der Frage: Was tun, wenn mir die Decke auf den Kopf fällt? Denn dann hilft oft nichts besser als ein Telefonat mit jemandem, der die Situation gut kennt.
• Miteinander reden: Inhaltlich gibt es kaum Themen, die sich nicht durch asynchrone Kommunikation gemeinsam bearbeiten ließen. Auf der persönlichen Ebene hingegen fehlt uns etwas, wenn wir nicht ab und zu andere Menschen sehen oder zumindest hören. Deshalb ist es in der aktuellen Situation besonders wichtig für das Management, in Wort und Bild präsent zu sein. Wer in der Handhabung der entsprechenden Tools noch nicht geübt ist, darf dabei auch Fehler machen. Nur noch per Tastatur zu kommunizieren, geht hingegen gar nicht. Miteinander reden ist und bleibt die beste Problemlösungs-Strategie - auch im Home Office.