Der US-Computerhersteller Hewlett-Packard will sich für einen gemeinsamen europäischen Datenraum einsetzen. "Wir treten für eine europäische Cloud ein", sagte HP-Deutschlandchef Heiko Meyer der Nachrichtenagentur dpa. "Wir sollten einen gemeinsamen Datenraum für Europa entwickeln wie den europäischen Wirtschaftsraum."
Im Zuge der NSA-Affäre haben sich mehrere europäische Firmen für rechtliche Abkommen zu Diensten und Software ausgesprochen, auf die Nutzer über das Internet zugreifen (Cloud Computing). Der ehemalige SAP-Chef Jim Hagemann Snabe forderte vergangenes Jahr europäische Regeln für Datendienste. Ex-Telekom-Chef René Obermann sprach sich für ein sogenanntes "Schengen-Routing" aus - Internet-Dienste, bei denen die Daten auf dem Weg zwischen zwei Punkten in Europa entsprechend auch die europäischen Grenzen nicht verlassen sollen.
HP will sich nun der Technologie dahinter annehmen. Unter dem EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 habe HP einen Antrag für ein Projekt namens "Cloud 28+" eingereicht, sagte Meyer. Darunter versteht der IT-Konzern, der neben Computern und Servern auch IT-Dienstleistungen anbietet, einen rechtlichen und technologischen Rahmen für Cloud-Dienste in den 28 EU-Mitgliedsländern. Auf dieser Basis will der IT-Konzern einen gemeinsamen Marktplatz für Cloud-Anwendungen schaffen. "Das wird unseren gemeinsamen Wirtschaftsraum stärken", so Meyer.
Nach einer Modellrechnung des US-Marktforschers IDC im Auftrag der EU-Kommission würde ein solcher gemeinsamer Datenraum den Beitrag von öffentlichen Cloud-Diensten zum Bruttoinlandsprodukt auf 250 Milliarden Euro bis 2020 steigern. Ohne die europäische Cloud läge er dann lediglich bei 88 Milliarden Euro.
In dem Entwurf von HP sollen die Internetdienste in lokalen Rechenzentren nach den jeweiligen Sicherheitsanforderungen gemanagt werden, erklärte Meyer. Verbunden werden sollen die lokalen Angebote mit Hilfe von Standards und einem offenen Betriebssystem. "Im Kern ist das ein europäischer Marktplatz für Cloud-Dienste", sagte Meyer. "Geleitet werden soll das Projekt von einer Non-Profit-Organisation."
Dass sich nun trotz NSA-Affäre und Diskussionen um ein Anti-Spionage-Abkommen ausgerechnet ein US-Unternehmen um europäische Cloud-Dienste kümmern soll, findet der HP-Deutschlandchef nicht weiter erwähnenswert. "Es spielt keine Rolle, dass wir ein Unternehmen mit Wurzeln in der den USA sind", sagte Meyer. HP leite im Auftrag der EU-Kommission auch ein Projekt, das die Grundlagen für Datenschutz und Sicherheit in einer europäischen Cloud schaffen soll.
HP hat eine schwere Zeit hinter sich. Im Ende Juli abgelaufenen dritten Quartal hatte der Konzern seinen Umsatzrückgang weltweit bremsen können. "Der Turnaround trägt Früchte", sagte Meyer. "In Europa haben wir bereits drei Quartale mit Wachstum hinter uns." Deutschland sei innerhalb Europas eine der Wachstumslokomotiven. Selbst im gebeutelten PC-Markt sehe HP "ein sehr schönes Wachstum". HP hatte erst Ende Mai angekündigt, noch einmal bis zu bis zu 16 000 weitere Jobs zu streichen, nachdem zuvor von einem Wegfall von 34 000 Arbeitsplätze die Rede war. Die genauen Ausmaße für die Regionen sind nach wie vor nicht veröffentlicht. "Zum Stellenabbau in Deutschland gibt es keine neuen Zahlen", sagte Meyer. (dpa/rs)