HP hat sich mit der Weiterentwicklung von Palm deutlich Zeit gelassen. Gerade mal ein Smartphone, der Palm Pre 2, kam nach der Übernahme auf den Markt, größere Innovationen sind lange ausgeblieben. Erst jetzt hat HP mit dem TouchPad sein erstes Tablet mit neuer WebOS-Generation vorgestellt - im Sommer 2011 soll es verfügbar sein. Während die Tablet-Version des Betriebssystems gleich die Version 3.0 erhält, gibt es für die neue Smartphone-Variante die Versionsnummer 2.2. Die Version 2.0 ist zur Kennzeichnung der Preview-Version des neuen WebOS-Betriebssystems reserviert worden. Wir konnten diese Vorabversion einem Test unterziehen.
Unsere Vorabversion WebOS 2.0 lief auf einem Palm Pre 2. Ob dieser aber so in den Handel kommt oder ob bisherige Smartphones das Upgrade ebenfalls erhalten, ist noch unklar. Diese Hardware an sich ist allerdings durchaus ausreichend, Programme starten flink, auch wenn etwa der Browser noch immer deutlich mehr Zeit benötigt als etwa die Kamera. Hewlett Packard hat inzwischen auch die neue Smartphone-Generation Veer und Pre 3 mit WebOS 2.2 vorgestellt, allerdings sind die Geräte noch nicht verfügbar.
Multitasking mit Stacks
Eins der Highlights von WebOS ist das Multitasking. Geöffnete Programme lassen sich als so genannte Activity Cards darstellen - im Grunde in Snapshot der jeweiligen App. Der Nutzer kann anschließend zwischen den verschiedenen geöffneten Anwendungen hin- und herspringen. Dieses Konzept wird in WebOS 2.0 ausgebaut. HP bleibt bei dem "Karten"-Bild und nennt die neue Funktion "Stacks" also Stapel. Damit kann man geöffnete Programme miteinander kombinieren und so etwa thematisch sortieren. Das klappt, indem man den Finger lange auf einer App lässt - sie wird nach kurzer Zeit durchsichtig und lässt sich auf eine andere geöffnete Applikation ziehen. Im Test hatten wir uns überraschend schnell an dieses System gewöhnt, es sorgt in jedem Fall für mehr Übersicht bei geöffneten Applikationen. So kann man beispielsweise Kontakte, Termine und E-Mails thematisch bequem in einem Stapel sortieren, um den Überblick zu behalten. Besonders praktisch: Wenn eine der Apps im Stapel ein neues Programm öffnet, etwa wenn man eine neue E-Mail verfasst, wird diese automatisch in den Stapel einsortiert.
Ebenfalls neu ist die Funktion ist "Einfach lostippen", sie erweitert die Suchfunktion des WebOS. Wie der Name andeutet, wird die Funktion aktiv, sobald der Nutzer etwas tippt (allerdings nur, wenn man sich nicht in einer App befindet). Einfach lostippen nimmt die Eingaben und zeigt verschiedene kontextabhängige Funktionen an. So zeigt sie etwa Applikationen oder Kontakte an, in denen der jeweilige Buchstabe enthalten ist. Diese Funktion war auch schon in ähnlicher Form in der ersten Ausführung von WebOS enthalten - neu sind dagegen die "Schnellaktionen". Diese nutzen die jeweiligen Eingaben, um direkt einen neuen Termin, eine SMS, ein Memo, eine E-Mail oder eine Aufgabe anzulegen. Im Test haben wir diese Funktion vor allem beim Erstellen von Terminen und neue E-Mails als enorm praktisch empfunden - das spart eine Menge Zeit.
Verbessertes Synergy, HTML5 und Flash-Unterstützung
WebOS war eines der ersten Betriebssysteme, das Kontaktinformationen aus verschiedenen Quellen zusammenfassen und anschaulich aufbereiten konnte - die Funktionen werden unter dem Namen Synergy zusammengefasst. HP hat dieses Feature glücklicherweise beibehalten und weiter verbessert. Anstatt sich durch das Menü quälen zu müssen, kann man die Synergy-Einstellungen direkt über die Schaltfläche "Konten" aufrufen und erhält dann einen Überblick auf alle genutzten Synergy-Konten. Ein Klick auf eine separate Schaltfläche zeigt weitere Synergy-fähige Dienste an, etwa YouTube, LinkedIn, Exchange oder Photobucke. Zudem kann man im Marktplatz nach weiteren Synergie-Diensten suchen. In der aktuellen Vorversion sind hier allerdings noch keine vorhanden. Bleibt zu hoffen, dass Dienste wie Xing dieses Angebot nutzen werden - denn lokale Anbieter fehlen in Synergy eindeutig noch.
Nervig allerdings: Das Betriebssystem speichert alle Einstellungen in einem zentralen Palm-Profil. Auf dieses kann aktuell nur mit maximal einem Gerät zugegriffen werden. Im Test hatten wird das Problem, dass sich das jeweils andere Gerät ständig vom Palm-Profil abmeldete. Hier sollte HP unbedingt nacharbeiten, so dass mehrere Geräte auf dasselbe Profil zugreifen können - ein klarer Vorteil wäre in jedem Fall, dass Kontakte, Einstellungen und Zugangsdaten so einfach auf verschiedenen Geräten synchron bleiben. Das Palm Profil ist übrigens ein Zwang, ohne ein entsprechendes Profil zu hinterlegen, konnten wir weder Pre Plus (WebOS 1.4.5) noch noch Pre 2 (WebOS 2.0) starten.
Ein weiteres neues Feature namens Exhibition konnten wir allerdings noch nicht testen. Zum Pre 2 kann man als Zubehör eine Induktionsladestation erwerben. Diese lädt das Smartphone, wenn man es darauf ablegt. Exhibition wird aktiv, sobald der Pre in so einer Ladestation liegt und zeigt dann etwa die Uhr oder eine andere vordefinierte App an. Das wird richtig praktisch, wenn man mehrere Ladestationen besitzt. Exhibition soll diese unterscheiden und jeweils separate Einstellungen laden können. So läßt man sich etwa im Büro die nächsten Termine anzeigen, zuhause wechselt das Smartphone dagegen in den Wecker-Modus, wenn es geladen wird. HP will diese Funktion per Over-the-Air-Update nachliefern - allerdings sagt der Konzern nicht, wann Exhibition zur Verfügung steht.
Auch der für mobile Geräte immer wichtigere Browser erhält neue Funktionen. HP hat die Unterstützung für HTML5 weiter ausgebaut - und WebOS 2.0 erhält außerdem einen vollwertigen Client für Flash-Inhalte. Bei HTML5 schneidet WebOS 2.0 minimal besser ab, wie die Testseite HTML5Test.com zeigt. Der Flash-Client erhält im Test ebenfalls eine gute Note. Normale Videos liefen nach einer kurzen Ladezeit problemlos, lediglich beim Live-TV-Stream von Al Jazeera hatte das Gerät Probleme - an diesem scheiterte allerdings auch ein Android-Testgerät.
Fazit
HP hat die Zeit seite der Übernahme von Palm offenbar genutzt. WebOS verbessert die gute Grundlage mit zahlreichen neuen Funktionen und cleveren Erweiterungen. Allerdings wird auch eins klar: Die Displays von Pre und Pixi, egal in welchem Ausbau, sind eigentlich zu klein für WebOS. Das Betriebssystem ist prädestiniert für den Einsatz auf einem Tablet-PC. Entsprechend kommt im Sommer 2011 auch das HP TouchPad mit einem 9,7-Zoll-Display auf den Markt.
WebOS hat allerdings ein Problem: Es ist bei Entwicklern nicht gerade weit oben auf der Agenda. Kein Wunder, schließlich läuft es aktuell gerade einmal auf einer Handvoll Geräte, von denen keines wirklich ein Verkaufsschlager ist. Zwar ist die Entwicklung an sich relativ Einsteigerfreundlich, die meisten Apps für WebOS lassen sich mit HTML, JavaScript und CSS erstellen, dennoch beansprucht auch dass die notorisch knappen Ressourcen der Entwickler. Mehr verfügbare Geräte würden dem Betriebssystem also in jedem Fall gut zu Gesicht stehen. HP hat zwar angekündigt, dass WebOS künftig auch in Druckern zum Einsatz kommt, das allein dürfte allerdings kein Killerargument werden. Würde der Konzern WebOS dagegen auch an andere Anbieter lizensieren, könnte sich WebOS möglicherweise ähnlich wie Android zu einer festen Größe entwickeln.
Quelle: TecChannel