Hybrid-Cloud-Szenarien sind in vielen Unternehmen Realität. Doch die Mischung aus Private-Cloud-, Public-Cloud- und Managed Hosting-Modellen erfordert auch ein effektives Management. IT-Verantwortliche haben hier die Qual der Wahl: Hybrid-Cloud-Management-Funktionen werden von vielen Playern in der Cloud-Szene angeboten, darunter klassische Softwarehersteller (ISVs), Serviceanbieter und die Open-Source-Community.
In einer aktuellen Studie beleuchtet Forrester Research den Markt und die wichtigsten Anbieter. Betrachtet man die verfügbaren Systeme genauer, kristallisieren sich zwei große Funktionsblöcke heraus: Cloud-Management-Services und Brokerage-Services. Zur ersten Gruppe zählt Forrester etwa Features zum Provisionieren und Orchestrieren von Cloud-Services, wie sie von spezialisierten Softwarehäusern wie RightScale oder CliQr angeboten werden.
Service-Brokerage-Systeme andererseits beinhalten unter anderem auch Kostenmodelle, Abrechnungsfunktionen und weitere Governance-nahe Features. Ein Spezialist auf diesem Gebiet ist beispielsweise Gravitant. Die Grenzen zwischen diesen beiden Funktionsblöcken verwischen immer mehr, beobachtet Forrester. Der Markt sei ausgesprochen volatil und geprägt von vielen Übernahmen und neuen Marktteilnehmern. Im November 2015 etwa kaufte IBM Gravitant, Cisco stärkte sein Cloud-Management-Portfolio im Februar mit der Übernahme von CliQR.
Die einst klare Unterscheidung in Service- und Softwareanbieter verliert im Cloud-Zeitalter immer mehr an Bedeutung. Denn die Service-Provider verfolgen die Strategie, für ihre Kunden auch in Sachen Hybrid Cloud Management der Partner der Wahl zu sein. Für Anwenderunternehmen wird die Auswahl einer Cloud-Management-Lösung damit noch schwieriger. Die Beschaffung von Software- oder Serviceleistungen wird in den meisten Fällen sehr unterschiedlich gehandhabt. Verträge zur Softwarenutzung unterscheiden sich in der Regel beträchtlich von klassischen Serviceabkommen, beispielsweise bezüglich Laufzeit oder Pricing-Modellen.
Hinzu kommt die Praxis etlicher Service-Provider, Cloud-Management-Software als festen Bestandteil in ihre Servicepakete einzubinden. Endet der Servicevertrag oder steht ein Provider-Wechsel an, müssen sich Kunden entweder nach alternativen Software-Lösungen umsehen oder das Management-System in Eigenregie betreiben. In vielen Fällen dürfte das Probleme bereiten, warnt Forrester.
18 Cloud-Management-Systeme im Vergleich
Vor diesem Hintergrund hat Forrester Research die führenden Hybrid-Cloud-Management-Lösungen unter die Lupe genommen. Um auf die Shortlist zu kommen, mussten die Anbieter allerdings mehr tun, als nur Lösungen von Drittanbietern in ihr Portfolio aufzunehmen. Ein zusätzlicher Mehrwert konnte etwa in der Entwicklung eigener Features und in der Anpassung oder Kombination bereits vorhandener Funktionen liegen. Darüber hinaus mussten die untersuchten Anbieter unter Forrester-Kunden einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. In die engere Wahl nahm das Marktforschungs- und Beratungshaus 18 Anbieter, deren Lösungen wir im Folgenden vorstellen.
Einen schnellen Überblick für eilige Leser gibt unsere Bilderstrecke.
Cloud Management - von Accenture bis Wipro
Die Accenture Cloud Platform (ACP), positioniert als Hybrid-Cloud-Management-System, ist eine Kombination aus kommerzieller und Open-Source-Software. Ein Teil der proprietären Software wurde von Accenture selbst entwickelt. Die Plattform unterstützt sowohl Services von Public-Cloud-Providern, darunter AWS, Microsoft Azure, Google, NTT Data und Orange Business, als auch Dienste von Private-Cloud-Anbietern. Dazu gehören etwa VMware mit vRealize, OpenStack, Microsoft mit Azure Stack und Cisco UCS. Ein Portal bietet Benutzern eine zentrale Sicht auf verschiedene Nutzungsdaten und Abrechnungsinformationen. Das SaaS-basierte System kann im Pay-as-you-go-Modell genutzt werden.
Atos
Die Hybrid-Cloud-Management-Lösung von Atos umfasst einen Business-Service-Orchestration-Layer, der über das hauseigene System Canopy Compose bereitgestellt wird. Neben diesem Layer, der unter anderem ein Katalog-Management und Service-Provisionierung von ServiceNow bereitstellt, gibt es einen Application Orchestration Layer. Er erlaubt beispielsweise ein automatisiertes Deployment von Cloud-Services. Dabei werden unter anderem die Cloud-Infrastrukturen von AWS oder VMware (vCloud Air) unterstützt. Atos verkauft seine Lösung als Teil von Cloud-Transformationsprojekten oder im Rahmen von Managed-Services-Abkommen. Zum Paket gehören auch Funktionen für Kostenkontrolle und Performance Monitoring.
Capgemini
Capgemini setzt stark auf Cloud-Brokering-Funktionen und nutzt diese vor allem in großen Outsourcing-Projekten. Der Anbieter hat dazu einen Self-Service-Marktplatz entwickelt, der es Unternehmen erleichtern soll, konsumierte Cloud-Services zu kontrollieren. Benutzer können dabei aus einer Reihe zuvor genehmigter Services auswählen. Zum "Cloud Services Brokerage"-Paket, das Teil von Capgeminis "Cloud Choice"-Portfolio ist, gehören außerdem Reporting- und Monitoring-Funktionen. Capgemini, das sein Paket nicht als separates Produkt vertreibt, offeriert ferner einen Visual Designer mit Sync- und Discover-Fähigkeiten, der IT-Managern eine komplette Übersicht aller Cloud-Services ermöglichen soll.
CGI
Mit "Unify360 Hybrid Cloud Management" kombiniert CGI eine ganze Reihe kommerzieller Produkte und Open-Source-Lösungen zu einem breit angelegten Framework. Traditionell stark auf das Geschäft mit Behörden konzentriert, weitet der Anbieter seine Aktivitäten inzwischen auch auf klassische Unternehmenskunden aus. Vor allem in bereits bestehenden Outsourcing-Deals positioniert CGI Unify360 Hybrid Cloud Management als Transformations-Komponente.
Cognizant
Mit "Cloud360" offeriert Cognizant eine Web-Plattform, die aus Open-Source-Komponenten besteht. Sie bietet unter anderem Orchestrierungs- und Governance-Funktionen und lässt sich mit mehreren ITSM-Tools integrieren. Über ein Self-Service-Portal können Benutzer auf Cloud-Dienste zugreifen. Cloud360 lässt sich über eine klassische Softwarelizenz nutzen. Cognizant bevorzugt es aber, die Plattform im Rahmen von Managed-Services-Abkommen mitzuliefern.
CSC
CSC stieg früh in das Segment Hybrid Cloud Management ein und setzte vor allem auf Zukäufe. Das aktuelle System "Agility Platform" basiert auf einem Produkt der 2013 übernommenen Softwareschmiede ServiceMesh. Über APIs lässt es sich sowohl mit dem eigenen Private-Cloud-System "BizCloud" als auch mit zahlreichen Public- und Private-Cloud-Plattformen integrieren. CSC verkauft Agility Platform als separates Produkt, nutzt es aber auch im Kontext von Managed-Services-Projekten. Sollte der Servicevertrag gekündigt werden, kann der Kunde die Plattform über eine unbefristete Lizenz weiter nutzen.
EPAM
Der US-Anbieter EPAM ist eigentlich eher im Bereich Softwareentwicklung anzusiedeln. Die Produkte kommen vorwiegend im Rahmen von Projekten zum Einsatz. Für das Cloud-Management offeriert EPAM den Cloud Orchestrator, der unter anderem einen Cloud Integration Layer und ein anpassbares User Interface beinhaltet. Hinzu kommen mehrere kommerzielle und Open-Source-Software-Systeme, darunter RabbitMQ, MongoDB, Chef und Ansible. Der Anbieter lizenziert die Management-Lösung im Rahmen von Projektaufträgen.
Fujitsu
Fujitsu Cloud Services Management (FCSM) basiert auf Eigenentwicklungen, die durch Open-Source-Komponenten ergänzt wurden. Die Lösung nutzt beispielsweise den Open Service Catalog Manager und das quelloffene System Zabbix, um Infrastruktur-Elemente zu überwachen. Neben Public-Cloud-Ressourcen von AWS oder Microsoft Azure integriert das Paket auch die hauseigenen Systeme Fujitsu IaaS Trusted Public S5 und Fujitsu Cloud Service K5 sowie Private Clouds auf Basis von Hyper-V und vRealize. Fujitsu vertreibt das Cloud-Management-Produkt im SaaS-Modell oder als On-Premise-Version mit einer Instanzen-basierten Lizenzierung.
HCL
Das Paket HCL MyCloud fungiert als Aggregations-Plattform und stellt zugleich ein Framework für HCLs eigenes Presentation Portal bereit. Dieses lässt sich mit ITSM-, Automation- und Monitoring-Tools verbinden. Die Lösung unterstützt gängige Cloud-Plattformen wie AWS, Azure oder Oracle Cloud. Private-Cloud-Systeme von VMware oder OpenStack werden über APIs eingebunden. Kostenmodelle aus Private-Cloud-Umgebungen lassen sich importieren und innerhalb des Systems verwalten. HCL vertreibt MyCloud nicht als Standalone-Produkt sondern als Teil seiner Data-Center-Services.
Hewlett Packard Enterprise (HPE)
Cloud Service Automation (HPE CSA) von HPE ist eine Cloud-Infrastruktur- und Application-Automation-Plattform. Sie unterstützt HPEs eigene Private-Cloud-Plattformen ebenso wie etliche Public-Cloud-Ressourcen anderer Anbieter. Zum Paket gehören ein Self-Service-Portal, Funktionen für Kostenvergleiche sowie automatisierte Provisioning-, Skalierungs- und Monitoring-Funktionen. HPE CSA bildet zugleich die Basis für Hybrid-Cloud-Management-Systeme anderer Anbieter, darunter Wipro und Mahindra (siehe unten). Im Oktober stellte Hewlett-Packard Enterprise ferner die On-Premise-Lösung "HPE Service Broker" vor; im Dezember folgte der Managed Service "HPE Helion Managed Cloud Broker". Letzterer soll Unternehmen eine einfachere Verwaltung traditioneller IT- und Cloud-Ressourcen erlauben.
IBM
Über Zukäufe und Eigenentwicklungen hat IBM ein breites Portfolio an Hybrid-Cloud-Management-Funktionen auf die Beine gestellt. Dazu gehören unter anderem Cloud Brokering, Provisionierung, Orchestrierung und Application Release Automation. Mit der Übernahme von Gravitant im November 2015 wurde IBM aus Sicht von Forrester zu einem führenden Anbieter von Cross Platform Cloud Brokerage Services. Der "IBM Cloud Orchestrator" agiert in diesem Kontext als Hybrid-Cloud-Infrastruktur- und Application-Automation-Lösung. Er unterstützt IBM-eigene und andere Cloud-Plattformen. Im Rahmen seiner "Brokerage Services" vertreibt IBM zudem die Gravitant Brokerage-Lösung "cloudMatrix", entweder standalone im SaaS-Modell oder als Bestandteil von Managed-Services-Projekten über die Dienstleistungssparte IBM Global Services.
Infosys
Infosys entwickelte seine Suite "Infrastructure Management Services" (IMS) inhouse unter Verwendung von Open-Source-Software. In einem von Infosys verwalteten Cloud-Ökosystem soll IMS unter anderem Orchestrierungs-, Automation-, Service-Management- sowie Governance- und Compliance-Funktionen übernehmen. Mit dem Paket lassen sich Cloud-Ressourcen aus unterschiedlichen Quellen managen, beispielsweise von AWS, Azure, Google Cloud Platform oder IBM Softlayer. Auch OpenStack-basierte Private-Cloud-Umgebungen können Unternehmen einbinden. Infosys offeriert die Hybrid-Cloud-Management-Lösung ausschließlich als Managed Service zusammen mit weiteren eigenen Support-Diensten.
Tata Consultancy Services (TCS)
Seine "Integrated Cloud Management Platform" (ICMP) realisierte TCS in Form eines Web-Portals, das mithilfe von RESTful APIs Services aus On-Premise- und Public-Cloud-Quellen über eine Self-Service-Oberfläche bereitstellt. Die Plattform beinhaltet einen Orchestrator und lässt sich mit Drittanbieter-Lösungen ebenso verbinden wie mit TCS-eigenen Produkten, darunter der "Service Governance Manager" oder das Automation-System "ignio". Als Multi-Cloud-Aggregator unterstützt ICMP unter anderem Cloud-Services von AWS, Azure und IBM Softlayer. Darüber hinaus lassen sich auch Private-Cloud-Ressourcen von Kunden einbinden. Zu den besonderen Features gehört ein Dashboard für die Kostenkontrolle; die Plattform lässt sich zudem mit Service-Monitoring-Tools integrieren. Unternehmenskunden offeriert TCS die Lösung im Bundle mit Managed Services.
Tech Mahindra
Die "Managed Platform for Adaptive Computing" (mPAC) von Mahindra ist ein Framework, mit dem Kunden Public-Cloud-Services von Anbietern wie AWS oder Microsoft Azure mit Private-Cloud-Diensten integrieren können. Die technische Basis bildet "HPE Cloud Service Automation" von Hewlett-Packard Enterprise (HPE). Tech Mahindra ergänzt das System unter anderem mit eigenen Customization- und Configuration-Services. mPAC umfasst ein Self-Service-Portal, einen Template Designer sowie automatisierte Provisioning-, Monitoring- und Scaling-Funktionen. Hinzu kommen Governance- und Optimierungs-Features sowie diverse Abrechnungsoptionen. Unternehmen können die Management-Plattform On-Premise oder in der Public Cloud lizenzieren.
T-Systems
T-Systems Cloud Integration Center (CIC) fungiert als Plattform und Portal-Interface für die Installation, Verwaltung und den Betrieb von Cloud-Services und selbst verwalteten Appliances. Der Anbieter stellt die Dienste über ein Self-Service-Portal zur Verfügung, eine separate Lizenzierung der Management-Services gibt es nicht. Technisch greift T-Systems auf diverse Produkte von Hewlett-Packard Enterprise (HPE) zurück, darunter HPE CSA, HPE Operations Orchestration, HPE Server Automation und HPE Database Middleware Automation. Der Anbieter entwickelte dafür diverse Erweiterungen, die Bestandteil der Cloud-Management-Lösung sind.
Unisys
Unisys kombiniert in seiner "Cloud Management Platform" (CMP) Komponenten externer Anbieter mit eigenentwickelten Komponenten. Von ServiceNow etwa stammen das Service-Portal, Single-Sign-on-Funktionen und der Service-Katalog. Das Open-Source-System Cloudify übernimmt die Orchestrierung und das Provisioning. Funktionen zur Kapazitätsplanung liefert die Softwareschmiede TeamQuest. Darüber hinaus hat Unisys seine Plattform mit einer Reihe eigenentwickelter Module ergänzt, darunter ein Enterprise Service Bus, die interne Synchronisierung und diverse Verwaltungsfunktionen. Der US-Hersteller offeriert CMP als Teil kompletter Servicepakete. Daneben gibt es für Kunden auch die Option, die Management-Plattform in Eigenregie zu betreiben.
UST Global
Die Hybrid-Cloud-Management-Lösung des IT-Serviceanbieters UST Global entstand durch den Zukauf von Fogpanel im Jahr 2014. Dessen "FogPanel Cloud Hub" beinhaltet unter anderem Orchestrierungs-, Brokerage- und Abrechnungsfunktionen. Aufgrund der Historie von Fogpanel als klassischer Softwarehersteller können Unternehmen FogPanel Cloud Hub als Einzelprodukt lizenzieren. UST Global nutzt die Plattform aber auch im Rahmen größerer Serviceverträge.
Wipro
"Wipro BoundaryLess DataCenter" nennt der indische Dienstleister sein Framework, um komplexe IT-Infrastrukturen zu verwalten. Die Lösung basiert auf einem "Everything-as-a-Service"-Modell und soll Ressourcen auf besonders einfache Weise bereitstellen. Die Services können dementsprechend aus unterschiedlichsten Quellen stammen, beispielsweise von AWS, Azure, IBM SoftLayer, Oracle Cloud, vCloud Air oder auch aus Wipros eigener Hosted-Cloud-Lösung "iStructure". Der IT-Dienstleister hostet das System in 14 Rechenzentren weltweit. BoundaryLess Data Center soll Unternehmen helfen, die Performance, Kosten und Service-Levels über verschiedene Cloud-Plattformen hinweg zu optimieren. Dazu bietet das System unter anderem Management-, Orchestrierungs- und Automation-Funktionen.