Noch macht Geschäftssoftware zur Miete nur einen kleinen Teil des gesamten Markts aus, doch ihr Anteil wächst. Wa Salesforce.com vor einigen Jahren noch ein kleiner Fisch, rangierte der On-Demand-Spezialist für CRM-Software mit einem Jahresumsatz von fast einer Milliarde Dollar im Gartner-Ranking der weltweiten CRM-Lieferanten auf Platz drei hinter SAP und Oracle (siehe auch "Der CRM-Markt wächst und wächst"). Klassische Softwarekonzerne sehen sich gezwungen, ebenfalls On-Demand-Lösungen aufzulegen. Die Kunst dabei: Konkurrenzfähige Angebote kreieren, ohne das Stammgeschäft zu gefährden.
Microsoft beispielsweise hatte unlängst Online-Versionen seiner Office-Software angekündigt. Bestimmte Funktionen des Pakets "Office 2010" werden die Kunden kostenfrei nutzen können. Darüber hinaus entwickelt Microsoft Software-Services für die Nutzer der auf dem PC installierten Office-Suite. Microsoft nennt diese Strategie "Software plus Service".
Auch SAP will reagieren. Auf der CeBIT 2009 kündigte Konzernchef Leo Apotheker "Hybrid-Software" an. SAP-Kunden sollen ihre im eigenen Haus betriebenen Geschäftsapplikationen mit On-Demand-Angeboten ergänzen können (siehe "Leo Apothéker stellt hybride Business-Software in Aussicht"). Vor kurzem nannte SAP weitere Details. "Eigentlich ist es ganz simpel", sagt John Wookey. "On-Demand ist die neue Welle der IT-Industrie." Nach Mainframe, Client/Server und Internet werden IT-Architekturen nun von Services in Form von Software geprägt sein. Die Strategie mag einfach klingen, ihre Umsetzung ist es keineswegs. SAP steht vor technischen wie finanziellen Herausforderungen, die sich nicht per Handstreich aus der Welt schaffen lassen (Was die Analysten von Saugatuck Technology von der SAP-Strategie halten, lesen Sie hier).
Die Motivation der Walldorfer ist klar: Der Konzern muss wachsen. So will es das ungeschriebene Gesetz des Marktes, so wollen es die Investoren. Letztere wünschen sich für ihr angelegtes Geld eine ordentliche Rendite, diese sollte wenigstens in Richtung 30 Prozent zeigen. Nicht zuletzt hatte SAP-Chef Léo Apotheker das auch versprochen. Der Konzern muss aber auch seine technologische Reputation als Marktführer verteidigen. Auch, um auf der von Wookey identifizierten neuen Welle zu reiten und nicht von ihr überrollt zu werden.
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Die Idee der SAP hat Charme
Beide Ziele - Umsatzwachstum und neue Technologie - suchte SAP bereits in seiner Mittelstandsofferte Business ByDesign zu vereinen. Noch hapert es an der Technik, das neue Geschäftsmodell rechnet sich nicht.
Dennoch hat die Idee Charme. Sind die Hürden aus dem Weg geräumt, kann SAP genauso profitieren wie seine Kunden und Partner. "Es könnte eine klassische Win-Win-Situation entstehen", erklärt Andreas Hufgard, Vorstand der IBIS Prof. Thome AG. Mittelständler, die die Software als Mietlösung beziehen, senken ihre Kosten. Die Einführung wird einfacher, und die Administration entfällt ebenso wie versteckte Kosten etwa zur Bereitstellung von Hardware. Gleichzeitig erhalten die Firmen mit Business ByDesign ein System mit einer Vielfalt an Funktionen (siehe nebenstehenden Kommentar). "Die Unternehmen könnten das eingesparte Geld in mehr Software für mehr Mitarbeiter investieren", sagt Hufgard.
SAP wiederum profitiert in diesem Szenario, da mit mehr Nutzern auch mehr Einnahmen fließen. Selbst die Partner von SAP erhielten ein Stück von diesem Kuchen. Allerdings ein anderes als früher. "Die Partner müssten sich auf mehr betriebswirtschaftliche Beratung einstellen", so Hufgard. Softwareeinführungen und technisches Consulting treten in den Hintergrund.
Mehr Durchdringung ist der Schlüssel
Im Mittelstand, aber auch in großen Unternehmen ist eine stärkere Durchdringung SAPs der Schlüssel zu mehr Wachstum. "Das ist eine valide Strategie", urteilt auch Knut Woller, Finanzanalyst bei der UniCredit. Mit seinen bisherigen Produkten stoße der Konzern an seine Grenzen. Woller begrüßt die On-Demand-Strategie à la Business ByDesign, sieht aber auch die Gefahr, die sich hinter dem neuen Geschäftsmodell verbirgt. "Die operativen Margen reiner On-Demand-Anbieter sind deutlich niedriger als die von SAP", sagt er. "Die Herausforderung für SAP besteht demnach darin, ein On-Demand-Modell anzubieten, das technisch so ausgereift ist, dass die Gesamtmarge nicht verwässert wird. Denn das wiederum würde der Kapitalmarkt kritisch sehen."
Allerdings: An einer On-Demand-Strategie kommt mittelfristig kein Player mehr vorbei. "Es wird immer selbstverständlicher, dass die Kunden sich für diese Option interessieren", sagt SAP-Mann Wookey. Bis 2012, so seine Schätzung, wird der On-Demand-Anteil rund 15 Prozent des gesamten Softwaremarktes ausmachen.
Nur logisch, dass SAP nun auch Konzernen eine Alternative zum klassischen Softwarekauf bietet: die
Hybridsoftware. Langfristig sollen Kunden On-Demand und On-Premise individuell kombinieren können. Unter der Leitung von Wookey entwickelte der Konzern in den vergangenen Monaten seine Hybridstrategie und präsentierte Mitte Juni das neue Konzept. Anders als bei einem reinen SaaS-Angebot für den Mittelstand bietet SAP seinen Großkunden Services in Form von gemieteter Software, mit denen sich die (gekauften) Applikationen ergänzen lassen.
Zu den ersten Services zählen Funktionen für das E-Sourcing (Lieferantenauswahl), Customer-Relationship-Management und Expense-Management. Auch Vertrags-Management oder Online-Recruiting sind laut Wookey weitere Optionen.
SAP betritt Neuland - wie schon mit Business ByDesign
Ob Mittelstandskunden mit SaaS oder internationale Konzerne mit Hybrid: SAP betritt in beiden Fällen Neuland. Die Erfahrungen mit Business ByDesign zeigen, dass die Technik nicht nur funktionieren, sondern auch rentabel arbeiten muss. Doch Stand heute muss sich auch die Nachfrage noch entwickeln. Bislang ist beispielsweise unklar, welcher Preis vom Markt akzeptiert wird, wie die Lizenzmodelle gestaltet sind oder wie der Vertrieb und die Dienstleistungen rund um die neuen Produkte auszusehen haben.
So klar es ist, dass die Software-Zukunft On-Demand heißt, so unklar bleibt, ob SAP seine Marktführerschaft in diesem Segment behauptet - also die Technik an den Bedürfnissen der Kunden ausrichtet, ohne die Marge zu verwässern. Software-Architekt Wookey tat gut daran, noch keine konkreten Zahlen zum künftigen Geschäft zu prognostizieren.