Der Erfolg von Amazon Web Services (AWS) lässt der Branche keine Ruhe. Mit sehr günstigen Preisen für das kurz- oder längerfristige Anmieten von Computing- und Storage-Ressourcen auf den virtuellen Maschinen in seinen Rechenzentren hat sich Amazon eine eigene Klientel in der Welt der Unternehmen geschaffen, die so gar nichts mit dem üblichen Online-Handel des Konzerns zu tun hat. Mit public, privaten oder hybriden Cloud-Services versuchen viele IT-Hersteller und -Dienstleister, etwas Ähnliches und Gewinnversprechendes aufzuziehen.
Mit der OpenStack Foundation gibt es eine freie Software für die Implementierung der dazu notwendigen Cloud-Infrastruktur – manchmal auch als Infrastructure as a Service (IaaS) bezeichnet. "Platinum"-Mitglieder der OpenStack Foundation sind unter anderem AT&T, Canonical, HP, IBM, Rackspace, Red Hat und Suse, gefolgt von den "Gold"-Mitgliedern wie Cisco, Dell, NetApp, Yahoo, Intel und VMware.
Alle Cloud-Lösungen auf OpenStack umstellen
Wie üblich in der Welt von Open Source – siehe besonders die diversen Linux-Varianten – gibt es unterstützende Firmen, die voll auf die freie Software setzen, und solche, die eigene Entwicklungen oder Dienstleistungen obendrauf packen (und sich das extra bezahlen lassen).
IBM war zwar schon seit etwa einem Jahr Mitglied bei OpenStack, ist aber erst jetzt mit eigenen Angeboten auf Basis dieser Plattform herausgekommen. In Zukunft sollen alle Cloud-Lösungen auf OpenStack umgestellt beziehungsweise mit dieser Software zusammen verkauft werden. Das erste gemeinsame Produkt soll IBM SmartCloud Orchestrator werden. Eine Beta-Version besteht bereits. Mit dem neuen Orchestrator werden Kunden in die Lage versetzt, Cloud-Dienste mittels einer Drag-and-Drop-Funktion zusammenzubauen.
Offiziell heißt es bei IBM, dass man sich jetzt auch bei Cloud und Virtualisierung auf Open Source und offene Standards verlassen wolle – so wie man es schon beim Web und bei Linux getan habe. Mark Collier, COO der OpenStack Foundation, hat den Ball aufgenommen und gegenüber unserer Schwesterzeitschrift InfoWorld in den USA den Schritt von IBM wie folgt kommentiert: "Wir haben immer davon geträumt, dass sich IBM eines Tages so bei OpenStack engagieren wird, wie man es in der Vergangenheit schon bei Linux und anderen Open-Source-Communities getan hat." IBM habe sich nun – nach einem Jahr Mitgliedschaft – voll zu OpenStack und einer Anpassung der eigenen Cloud-Produkte an die offenen Standards bekannt.
Offene Standards und Konkurrenz der Hersteller
Offenbar will sich IBM sogar stärker bei OpenStack engagieren, als es bisher Rackspace getan hat, zusammen mit der NASA vor drei Jahren Gründer der Foundation und ihres technologischen Ansatzes. IBM verfügt über das nötige Kleingeld und die Ressourcen, um so ein Projekt weiter voranzubringen. Schon bei Eclipse, der Open-Source-Entwicklungsplattform für das Web, hat der Konzern sein Faible für offene Standards bewiesen, und bei Linux und Apache war seine Unterstützung maßgeblich für den Erfolg in der Unternehmenswelt.
Anders als Rackspace oder Red Hat will IBM keine Extra-Versionen von OpenStack vermarkten, heißt es bisher. Angel Diaz, IBM Vice President für Software-Standards, betont gegenüber InfoWorld: "Wir möchten stattdessen offene Lösungen herausbringen, wie es schon bei dem Apache HTTP-Server oder bei WebSphere der Fall war. Jeder moderne Applikations-Server enthält heute auch Apache-http-Code. Mit OpenStack wollen wir das gleiche in der Cloud-Welt erreichen."
Neue OpenStack-Version Folsom von IBM unterstützt
IBM hat seinen Einfluss in der OpenStack Foundation schrittweise ausgebaut. Der Konzern gilt inzwischen als drittgrößter Code-Lieferant für die Entwicklungsprojekte. Das zeigte sich zuletzt bei "Folsom", der sechsten Version der OpenStack-Software, die im September 2012 das Licht der Öffentlichkeit erblickte. IBM steuerte Elemente seiner "Smart Cloud Foundation" bei.
Zu den 185 neuen Features von Folsom gehören auch Verbesserungen bei virtuellen Netzwerken. Angeführt von einem Entwickler des Netzwerkspezialisten Nicira, der letztes Jahr von VMware aufgekauft wurde, hat man neue Plug-ins wie "Open vSwitch", das Open Source Netzwerkbetriebssystem "Ryu" sowie kommerzielle Komponenten von Cisco und Nicira eingefügt.
Diaz weist auch darauf hin, dass man bei IBM natürlich weiter eigene Wege gehen werde. So will man sich besonders um das Verschieben von Workloads von einer Cloud zu einer anderen kümmern. Dies sei ein entscheidender Punkt, um ein "Cloud-Lock-in" zu vermeiden. Die mangelnde Transparenz zwischen verschiedenen Cloud-Angeboten hat mit dazu beigetragen, dass sich viele Unternehmen noch zurückhaltend gegenüber dieser Technologie verhalten.
Was Gremien leisten
Wie bei fast allen Standardisierungsgremien in der Welt der IT haben die Mitglieder jeweils ihre besonderen Interessen. Und teilweise dienen die Gremiumssitzungen nur dazu, auszuhorchen, was die Konkurrenten wohl planen. Die OpenStack-Mitglieder Piston Cloud, Rackspace, Red Hat und andere haben bereits angekündigt, weiter ihre eigenen kommerziellen Varianten der OpenStack-Software auszuliefern. Bald soll es auch die erste OpenStack-Appliance geben. Sie wird derzeit von dem Start-up Nebula vorbereitet, dessen CEO Chris Kemp früher CIO der NASA war, die zusammen mit Rackspace den Anstoß für OpenStack gab.
Während HP und Rackspace bereits ihre Public-Cloud-Versionen von OpenStack vorgestellt haben, besteht hier bei IBM noch eine Lücke. IBM müsste eigentlich als Service-Company ein Interesse haben, ebenfalls Public-Cloud-Angebote als Self-Service-Downloads anzubieten. Bisher geht das nicht ohne umständliche Kontakte mit IBM-Mitarbeitern.
Was IBM wirklich will
Angel Diaz macht kein Geheimnis aus IBMs Ambitionen: "Unser Ziel ist es ganz klar, über den Cloud-Layer von OpenStack, der Infrastructure-as-a-Service (IaaS) ermöglicht, eigene Angebote für ähnliche Cloud-Services zu entwickeln. Das ist das, was wir wollen."