Hurd beschrieb in der Münchner Oracle-Niederlassung vor einem kleinen Kreis von Journalisten die SaaS-, PaaS- und IaaS-Strategie seines Unternehmens. Einfachheit sei im Cloud-Zeitalter das Gebot der Stunde - und die könne nur ein Anbieter gewährleisten, der alles aus einer Hand biete: "Echte" SaaS-Anwendungen für das Business, eine offene PaaS-Umgebung mit Betriebssystem, Datenbank, Entwicklungs- und Analytics-Werkzeugen sowie Best-in-Class-Produkte anderer Anbieter, ferner Infrastruktur in Form von Rechenleistung und Storage.
"Wir bewegen uns in einer sehr herausfordernden Industrie", so Hurd, "der Übergang von der On-premise- in die SaaS-Welt ist ein zentrales Thema". Oracle zähle bereits 3000 echte ERP-SaaS-Kunden in der Cloud ("Fusion Applications"), 60 Prozent davon seien Neukunden, die Oracles On-premise-Lösung "E-Business Suite" nicht genutzt hätten. Der Übergang von der alten in die neue Welt sei nicht trivial, da Kunden oft komplexe On-premise-Umgebungen betrieben - "manchmal richtige Lego-Stacks mit unterschiedlichen Elementen".
Überschaubare, einfache Angebote
Mit Cloud Computing gehe es darum, bei geringerem Aufwand mehr zu erreichen. Die Möglichkeit Infrastruktur, Plattform und Anwendung zusammenzubringen, sorge für einfache, sichere und nahtlos passende Betriebsumgebungen. Hurd sagte: "Ich kenne keinen Kunden, der in 20 Clouds sein will. Die möchten in überschaubaren, einfach strukturierten Cloud-Umgebungen aktiv sein - und dafür haben wir die Angebote."
Wie der Manager weiter behauptete, wollte Oracle nie etwas anderes als alle drei Layer der Cloud zu bedienen. Wettbewerber SAP positioniere sich da anders: "Das ist im Kern eine Applications-Company mit tiefen Wurzeln im On-premise-Geschäft. Echte native Cloud-Anwendungen über alle Layer hinweg zu entwickeln, sei ein Problem für SAP. "Die müssten ihre Kernsoftware erstmal ganz neu schreiben, so wie wir es mit Fusion längst getan haben", sagte Hurd - der SAPs S/4HANA-Anstrengungen geflissentlich ignorierte (siehe auch: Ellison wettert gegen Cloud-Datenbanken von AWS).
SAP als Datenbank-Rivale tut Oracle nicht weh
So verwundert es nicht, dass der Oracle-Mann auch beteuerte, keinerlei Druck im Datenbankmarkt zu verspüren, obwohl SAP mit der HANA-Infrastruktur eine eigene Datenbank im Angebot hat. Damit sind Oracle-Datenbanken als Basissysteme für SAP-Umgebungen nicht länger notwendig. "Prozentual ist der Teil unseres Geschäfts, der auf SAP-Systemen basiert, sehr klein", behauptete Hurd. "Ich würde nicht sagen, dass er gleich null ist, aber der Anteil ist nicht maßgeblich." Im Übrigen kenne er kaum Kunden, die von der Oracle- in SAPs HANA-Welt gewechselt seien.
Im Infrastrukturbereich sei AWS der Gegner - eine "reine Infrastruktur-Company mit Fokus auf Compute und Storage", aber weitestgehend ohne Anwendungen. Vor beiden müsse Oracle nicht bange sein. "Konkurrieren wir mit AWS auf der Infrastruktur-Ebene? Sicher! Aber man darf die Cloud nicht nur als Synonym für Infrastruktur sehen. Es geht um Applikationen, die Plattform und um Infrastruktur." Wirklich differenzierend seien die Anwendungen, auf dem IaaS-Level würden in erster Linie Boxen verschoben und verwaltet.
Hardware ist für Oracle taktisch wichtig
Auf die Frage, warum sich Oracle trotz anhaltender Umsatzeinbußen immer noch im Hardwaregeschäft tummele, sagte Hurd, Oracles Hardware müsse als ein Set unterschiedlicher Geschäfte gesehen werden. Wichtig seien etwa die "Engineered Systems", bekannt unter der Produktreihe "Exadata" - ein Bereich, der um 30 Prozent wachse. Kunden könnten damit gleichermaßen Private- oder Public-Cloud-Szenarien umsetzen. Hurd verwies außerdem auf Erfolge mit integrierten Hardware- und Software-Komplettlösungen, die Oracle nach der 5,3 Milliarden Dollar teuren Übernahme von Micros Systems im Jahr 2014 für das Hotel- und Gaststättengewerbe, Reiseveranstalter sowie die Freizeit- und Unterhaltungsbranche anbietet.
Konzerne wie General Electric brauchen Oracle für ihre IoT-Strategien
Die Tatsache, dass Weltkonzerne wie General Electric, Siemens oder Bosch heute und in Zukunft auch Softwarekonzerne sein wollen und damit auch gegen Oracle antreten werden, beunruhigt den Manager nicht. Für Hurd sind das Partner, die Oracle Infrastruktur brauchten, um ihren Geschäfte etwa im IoT-Umfeld überhaupt erst nachgehen zu können. "Die größten Unternehmen der Welt nutzen bereits unsere Plattformen, GE gehört dazu." Würden heute Plattformen etwa im medizinischen Bereich, oder für Versorger eingerichtet, dann steckten meist Oracle-Produkte dahinter - und das werde sich wohl auch nicht ändern.
Kurz angebunden gab sich Hurd bezüglich der angestrebten Übernahme von Netsuite. Oracle möchte stolze 9,3 Milliarden Dollar in bar für ein Unternehmen zahlen, dass rund 760 Millionen Dollar Umsatz jährlich verbucht. Die Regulierungsbehörden sehen sich den Deal derzeit genauer an, weil Oracle-Gründer Larry Ellison als größter Netsuite-Aktionär im Falle einer Übernahme rund 3,5 Milliarden Dollar vor Steuern kassieren würde. Hurd sagte: "Das ist noch nicht abgeschlossen, deshalb kommentieren wir das nicht. Sobald wir den Deal abgeschlossen haben, werde ich aber sehr gesprächig sein."
Grundsätzlich habe Oracle stets auf eine gute Balance zwischen Akquisitionen und Eigenentwicklungen Wert gelegt. Man sei nicht unbedingt darauf aus, durch größere Übernahmen zu wachsen. "Wir geben sehr viel Geld für Forschung und Entwicklung aus. Der Ertrag, den uns dieses Investitionen bringen, ist wirklich beeindruckend - etwa bei unseren Engineered-Systems. Wir haben unsere SaaS-Business-Software selbst geschrieben, wir haben unsere IaaS-Produkte selbst auf den Markt gebracht, wir haben eine brandneue Datenbankversion herausgegeben. Das sind phantastische Ergebnisse."