Da ist zunächst einmal die Frage zu klären, über welche ICT-Technologien gesprochen wird. Wir definieren sie als die frühen Entwicklungsstadien von "always-on" virtualisierten Utility-Computing-Diensten, die über WANs, basierend auf MPLS und IP VPN Technologien, bereitgestellt werden. In der Zukunft wird das Management von Business-Applikationen die Vorteile dieser intelligenteren Infrastruktur nutzen können, so dass die traditionellen Grenzen zwischen Netzwerken und IT-Dienstleistung noch weiter verschwimmen.
Insbesondere service-orientierte (SOA) und service-orientierte Netzwerk (SONA)-Architekturen werden die IT-Servicelandschaft dramatisch verändern und den Bedarf für bestimmte Systemintegrationsarbeiten oder technische Beratungsprojekte beenden. Damit werden sie unsere heutige Vorstellung und Definition von Infrastrukturdiensten komplett verändern.
Wie reagieren IT-Dienstleister auf die Entstehung von Next-Generation Networks?
IT-Dienstleister richten ihre Arbeit nicht an Produktentwicklungszyklen oder Vertriebs- und Marketing-Messages aus. Vielmehr reagieren sie schlicht von Fall zu Fall auf Kundenanforderungen.
Aus diesem Kontext ergeben sich zwei Faktoren, deren Auftreten eine Marktveränderung im IT-Servicesmarkt andeutet: Interne organisatorische Veränderungen, die sich ändernden Markterfordernissen Rechnung tragen, und eine Änderung der Partnerstrategien.
Im Falle der Konvergenz von IT- und Netzwerkdiensten kann man Ausprägungen beider Faktoren auf die Strategien der IT Dienstleister beobachten. Zum Beispiel wechselt einer der Spieler von einer Gewinn&Verlust-Struktur zu einem Kostenstellenmodell in den verschiedenen Geschäftseinheiten der Managed Infrastructure Services Division. Der Grund dafür liegt in den Kompetenz-Streitereien, die sich zwischen den Geschäftseinheiten ergeben, die Netzwerk-, Sicherheits-, Desktop- und Datencenterdienste erbringen.
Infrastruktur-Management als Minenfeld
Weil diese unterschiedlichen Bereiche jetzt schon ineinander verschwimmen, entpuppt sich das Management dieses gesamten Bereiches mehr und mehr als ein Minenfeld: Gehört Server-Management zu Datencenterdiensten, auch wenn der Server im Netzwerk, anstatt im Datencenter, sitzt? Wo zieht man im Zeitalter der mobilen Kommunikation die Grenze zwischen Netzwerk- und Desktop Services? Welche Endgeräte zählen zu den Telefonen und welche zu den Computern?
Verschärft werden diese Probleme noch dadurch, dass sich IT Dienstleister zusätzlich mit sich verändernden Anforderungen an Next-Generation-Netzwerken von ihren Kunden konfrontiert sehen. Diese erfordern ein grundsätzliches Überdenken der Netzwerkdienstleistungspalette bezüglich Preismodellen, Servicebeschreibungen, Antwortzeiten etc..
Grundsätzliches Umdenken
Unter diesen Bedingungen ist es sicherlich nicht untertrieben zu sagen, dass die IT-Dienstleister ihre Sichtweise des Geschäftsmodells für Managed Network Services zur Zeit grundsätzlich überdenken. Manche gehen sogar so weit, ihre Managed-Network-Fähigkeiten von Wholesale-Anbietern einzukaufen und ihr internes Know-how zu reduzieren. Damit bewegen sie sich in Richtung auf ein Virtual-Managed-Network-Services-Modell.
Einige IT-Dienstleister (typischerweise solche, bei denen BPO einen großen Umsatzanteil ausmacht) bewahren ihre hochnäsige Meinung, dass Telcos nur als Subkontraktoren für Rohrleitungen dienen. Andere (meist solche mit Kernkompetenzen in Infrastrukturdienstleistungen) überdenken ihre Partnerstrategien mit Telcos.
Gleichwohl beabsichtigen IT-Dienstleister aller Nuancen, ihre End-to-End Kontrolle über das Management von Infrastrukturdiensten zu erhalten. Aber eine wachsende Minderheit erwartet auch, dass sie mit Telcos immer öfter Partnerschaften im Sinne eines geteilten Risk/Reward-Vertrags, basierend auf neuen Utility Computing SLAs, eingehen werden.
Mehr als "nur" Kommunikationsdienste
Wird das den Telcos beim Aufstieg in den IT-Servicesmarkt helfen? Es kann als sicher gelten, dass sich die Definitionen von Netzwerk- und IT Infrastrukturdiensten im Laufe der nächsten fünf Jahre verändern werden, um den Technologien, die diese beiden Bereiche ineinander ziehen, gerecht zu werden. Auf dieser Basis lässt sich spekulieren, dass sich die speziellen Qualifikationen von Datencenter- und Telekommunikations-Managern zu einem einheitlichen Kompetenzbereich verbinden. Das würde vermuten lassen, dass Telcos im Markt für IT Services aufsteigen können, um mehr als "nur" Kommunikationsdienste anzubieten.
Nach Ansicht der IT-Dienstleister wird aber die End-to-End Kontrolle über Infrastrukturdienste in ihrem Kompetenzbereich bleiben. Warum? Weil CIOs in der Regel einen IT-Background haben und daher eher von IT-Dienstleistern kaufen und weil CIOs in der Regel davon überzeugt sind, dass IT-Dienstleister ein besseres Verständnis für die Geschäftsanforderungen ihrer Kunden haben als Telcos.
Ovum schließt sich dieser Meinung an. Unsere Erfahrung zeigt, dass IT-Dienstleister (jedenfalls derzeitig) besser als Telcos in der Lage sind, ihre Kunden von ihrem Fokus auf Geschäftsergebnisse zu überzeugen - auch wenn das nicht in jedem Fall der Realität entspricht.
Dr. Katharina Grimme ist die Leiterin der deutschen Ovum-Niederlassung und spezialisiert sich auf Analyse und strategische Beratung zum deutschen IT-Services/Outsourcing Markt.