Das "smarte" Zuhause, in dem alle elektronischen Geräte miteinander vernetzt sind und kommunizieren können, steht auf der diesjährigen IFA so sehr im Rampenlicht wie nie. Die lange gehegte Idee des vernetzten Heims ist nach Einschätzung der Branche in der Realität angekommen. Inzwischen gebe es 50 Millionen Geräte aus der Unterhaltungselektronik, die sich untereinander vernetzen lassen, sagt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsmitglied des Branchenverbandes gfu.
Das sogenannte Internet der Dinge gilt in der Branche als der nächste große Trend. Technologien für das vernetzte Zuhause sollen neue Services und Dienste ermöglichen, die etwa beim Energiesparen mit Haushaltsgeräten oder Heizungen helfen sollen. Sie sollen dem Nutzer aber auch neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel einen auf dem Fernseher angespielten Film auf einem Tablet oder Zweitgerät unterbrechungsfrei weiterzuschauen. Oder die Waschmaschine meldet sich, wenn der Waschvorgang beendet ist.
Bei den meisten Lösungen kommt dem Smartphone oder Tablet eine zentrale Rolle zu. Meist können die neuartigen Anwendungen über eine App vom Nutzer gesteuert werden. Für die reibungslose Kommunikation seien vor allem übergreifende Standards wichtig, betont Kamp. Vielfach treiben auch heute noch die großen Hersteller ihre eigenen Lösungen voran. "Entscheidend sind aber offene Standards", sagt Kamp. "Dessen ist sich jeder bewusst."
In der Vergangenheit gab es bereits zahlreiche Bemühungen, branchenübergreifende Plattformen zu etablieren, bislang aber mit mäßigem Erfolg. In der Regel setzen die einzelnen Unternehmen häufig auf eigene Lösungen.
"Übergreifende Vernetzungsstandards sind nicht zwingend das Allheilmittel im Bereich Smart Home", sagt Hans Wienands, Deutschland-Manager von Samsung und Vorstandsvorsitzender im Fachverband Consumer Electronics des Branchenverbands ZVEI. Es gehe auch mit heute bereits verfügbaren Standards. Eine einheitliche Plattform, für die man unter Umständen die Wände zu Hause aufstemmen müsse, sei nicht "marktentscheidend". Es gebe eine Vielfalt von Lösungen, die auf vorhandenen Geräten und Applikationen basieren, "die konkreten Mehrwert bringen und richtig Spaß machen".
Das Smartphone habe die Bedienung und die Entwicklung neuer Lösungen entscheidend vorangebracht. "Die meisten Verbraucher sind offen dafür, ihr Smartphone als Steuerelement zu benutzen", sagt Wienands. Über entsprechende Apps sei es heute möglich, neue Lösungen zu entwickeln und die verschiedensten Geräte mit Hilfe bestehender Standards wie WLAN oder Bluetooth zu verbinden. Samsung will auf der IFA eine Reihe von "Smart Home"-Lösungen im neuen City Cube präsentieren, der an der Stelle der alten Deutschlandhalle gebaut wurde.
Als prominenten Keynote-Speaker hat die IFA unter anderem den Vernetzungs-Spezialisten Tony Fadell geworben. Der Gründer und Chef von Nest Labs wurde im Mai vom "Time Magazine" zu den 100 einflussreichsten Personen weltweit gekürt. Inzwischen gehört seine Firma dem Internet-Konzern Google, der das Unternehmen für mehr als drei Milliarden Dollar übernommen hat. Nest stellt digitale Thermostate her, die mit Hilfe ihrer Sensoren die Raumtemperatur regulieren und sich mit anderen Geräten vernetzten können.
Die Münchner Firma Tado, die über Smartphones steuerbare Thermostate vertreibt, ist ebenfalls auf der IFA vertreten. Auf dem TecWatch-Forum erklärt Geschäftsführer Leopold von Bismarck, wie das Internet der Dinge unser Leben verändert. Die Münchner Firma will mit einer ähnlichen Lösung für Klimaanlagen auch in den USA sowie in Asien Fuß fassen. Beide Unternehmen dürften sich künftig noch ein Rennen um die beste Marktposition liefern.
In Sachen Vernetzung wird auch die junge Gerätekategorie der sogenannten Wearables - kleiner tragbarer Computergeräte - auf der Messe eine wichtige Rolle spielen. Vergangenes Jahr hatte etwa Samsung seine Smartwatch Galaxy Gear in Berlin präsentiert, in diesem Jahr hat das Unternehmen die im Frühjahr vorgestellten Gear 2, die Gear Neo und die Gear Fit mit im Gepäck. Ob es auch eine Gear-Variante zu sehen geben wird, die ganz ohne Smartphone auskommt, wollte Wienands nicht verraten.
"Der Markt entwickelt sich sehr gut", sagt der Samsung-Manager. Analysten erwarteten ein Weltmarkt-Potenzial von 5 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Und von vier verkauften Smartwatches hätten im zweiten Quartal in Deutschland drei das Logo von Samsung getragen. (dpa/rs)