Es ist ein kleiner, unscheinbarer Ort, von dem aus der Schwede Ingvar Kamprad ab 1943 mit umgerechnet rund 30 Euro Startkapital in der Tasche ein Möbel-Imperium aufbaute. Im südschwedischen Älmhult wäre nicht viel los, wenn es nicht Ikea gäbe. Mit der riesigen Möbelkette ist in der Stadt jeder irgendwie verbandelt. Und über ihren Gründer hat jeder, den man auf der Straße fragt, nur Gutes zu erzählen. Schließlich verdanken dem Mann, der "Billy" und "Knut" weltweit bekannt machte, viele ihren Job.
Seine Landsleute haben ihm auch verziehen, dass er mit den Nationalsozialisten sympathisierte. Als das ans Licht kam, entschuldigte er sich vor laufender Kamera dafür bei seinen Mitarbeitern und verhinderte so einen größeren Skandal. Jetzt ist einer der reichsten Schweden mit 91 Jahren gestorben. Friedlich eingeschlafen in seinem Heim in Småland, wie der Konzern mitteilte.
Geschäftstüchtig bereits als Siebenjähriger
Dorthin hatte er sich im März 2014 zurückgezogen, nachdem er zuvor vier Jahrzehnte lang im Ausland gelebt hatte. Nach dem Tod seiner Frau Margaret wollte er die Schweiz hinter sich lassen und seiner Familie näher sein. Kurz zuvor hatte er sich aus dem Aufsichtsrat der Firma, die das Ikea-Konzept vermarktet, zurückgezogen - auch aus gesundheitlichen Gründen. "Ich habe Schwierigkeiten mit meinem Rücken, und deshalb habe ich nicht die Energie, so weiterzumachen wie ich es bisher getan habe", sagte er damals.
Diese Energie ist es, mit der Kamprad seine Weggefährten sein Leben lang beeindruckt hat. Schon als Siebenjähriger beweist er kaufmännisches Geschick: Mit dem Rad fährt er nach Stockholm und kauft Streichhölzer, weil die dort billiger sind. Zuhause verkauft er sie mit Gewinn an seine Nachbarn. Später erweitert er sein Sortiment um Blumensamen, Grußkarten und Weihnachtsbaumdekorationen.
1943 gründet Kamprad Ikea
1943, mit gerade einmal 17 Jahren, gründet Kamprad Ikea. Das I und das K stehen für seine Initialen, E und A für den Bauernhof Elmtaryd bei Agunnaryd, wo der 1926 Geborene aufgewachsen ist. Sein Angebot: Stifte, Portemonnaies, Bilderrahmen, Tischläufer, Uhren, Schmuck und Nylonstrumpfhosen. Erst 1947 kommen Möbel hinzu, die Handwerker vor Ort für ihn herstellen. Doch bis zur Eröffnung des ersten Einrichtungshauses vergehen noch einmal fast zehn Jahre.
Im Visier hat Kamprad schon damals den kleinen Mann mit schmalem Geldbeutel, denn er ist selbst unter einfachen Leuten im schwedischen Småland aufgewachsen. "Ich sah die armen Landarbeiter, die nicht im Haus, sondern im Stall essen mussten", erzählt er im Mai 2014, als er von den Lesern des "Svenska Dagbladet" zum "Besten schwedischen Unternehmer aller Zeiten" gekürt wird. Damals habe er sich eines gemerkt: "Wenn ich jemals mit meinen småländischen Ideen Erfolg haben (..) will, darf ich nie die anderen armen Menschen vergessen."
160.000 Mitarbeiter arbeiten für Ikea
Seine Möbel, die in handliche Pakete verstaut werden können, erobern die Wohnzimmer der Skandinavier und dann die der ganzen Welt. Verkauft werden sie in einer Kombination aus Ausstellungsraum und Lagerhalle mit riesigen Parkplätzen am Stadtrand. In über 40 Ländern kann man inzwischen Billy-Regale oder den Wippstuhl Poäng kaufen, und muss sie selbst zusammenschrauben. Über 160.000 Menschen arbeiten inzwischen für die Möbelhauskette.
Für viele ist Ikea eng mit der Person Kamprad verbunden. Er selbst machte sich allerdings keine Sorgen, was mit Ikea passiert, wenn er einmal nicht mehr da ist: "Ich habe das Glück, dass ich drei Jungen um die 50 Jahre habe, und die zeigen alle großes Interesse für Ikea", sagte er noch zu seinem 90. Geburtstag mit Blick auf seine Söhne. Wenn es um das Rezept für seinen Erfolg ging, kannte Kamprad (fast) nur eine Antwort: Sparen, sparen, sparen. Nicht umsonst lebte er lange in der Schweiz.
Dafür, dass er alles tat, um Steuern zu sparen, standen er und sein Unternehmen in den vergangenen Jahren auch scharf in der Kritik. Seine Firma hatte Kamprad 1982 in eine Stiftung mit Sitz in den Niederlanden umgewandelt. Das Geflecht, aus dem Ikea besteht, ist kaum durchschaubar. Der Konzern spaltet sich inzwischen in viele Firmen auf, die in Liechtenstein, Luxemburg, Schweden und den Niederlanden registriert sind.
Dabei sei er aber immer bodenständig geblieben, sagt die Kommunikationschefin der Kommune Ålmhult, Malin Blom. Auch als alter Mann war Kamprad noch viel in der Stadt unterwegs, sprach mit jedem, interessierte sich. 2014 machte ihn der kleine Ort zum Ehrenbürger. (dpa/rs)