Sie stoßen auf keinerlei Interesse oder schaffen keinerlei Business Value - das beobachtet Gartners Vice President Mark P. McDonald bei den meisten Social Media Initiativen. Sie scheitern, wie er und Anthony R. Bradley in ihrem Buch "The Social Organization" aus der Beratungs-Tätigkeit von Gartner berichten. Richtig eingesetzt aber würden Facebook und Co. ihr volles Potenzial entfalten. Schnellere, bessere und zielgerichtetere Business-Entscheidungen ermöglichen - und am Ende mehr Gewinn. Es gehe darum, die kollektive Weisheit des Schwarms aus Mitarbeitern, Kunden und Partnern anzuzapfen und in verwertbare Informationen für das Business zu verwandeln.
"Social Media erlaubt einem Unternehmen, ihre Aktivitäten und Prozesse neu zu koordinieren, ohne dass das Unternehmen umstrukturiert werden müsste", sagte Mark P. McDonald im Gespräch mit CIO.de. "Durch Mass Collaboration können sie komplexe Aufgaben, die normalerweise Monate brauchen, in viel kürzerer Zeit bewältigen." Mit Social Media lassen sich Kunden halten, sie werden auch ermuntert, sich einzubringen und Produkte und Dienstleistungen zu kaufen.
Facebook ist mehr als eine Technologie
Der Weg dahin allerdings ist schwierig. Seine Struktur kann ein Unternehmen vielleicht behalten - aber seine Kommunikationskultur muss es reformieren. Ansonsten droht der Fehlschlag. Vier Gründe für das Scheitern von Social-Media-Versuchen nennt McDonald im Gespräch mit CIO.de:
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Sie sehen Social Media nur als Technologie - und glauben, nach der Einführung arbeiten die Kollegen damit. "Aber es geht darum, mit welchen Inhalten wir diese Technologien füllen."
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Das Social Media Projekt hat kein klares Ziel. "Wenn die Kollegen nicht wissen, was sie damit anstellen sollen, verlieren sie die Lust an Social Media."
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Sie glauben an Wunder auf Knopfdruck. Manchmal passieren sie einfach, Innovation Jams, in denen alle Teilnehmer plötzlich mit neuen Ideen aufwarten, aus denen Innovationen für das Business wachsen. Aber sie krampfhaft zu wiederholen versuchen, hat selten Erfolg.
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Die Business-Entscheider haben Angst. Sie verstehen das Prinzip nicht und glauben, die kollaborativen Kommunikations-Strukturen rütteln an der etablierten Hierarchie.
Woran Social Media vor allem rüttelt, ist die Kommunikationskultur. "Per Definition bedeutet Social Media, eine Wahl zu haben, und nicht zentral gesteuerte Lösungen auszuführen", schreiben die Gartner-Analysten John Mahoney und John P. Roberts in einer aktuellen Research Note. Die Technologie könne die Grenzen des Unternehmens überwinden und eine kollaborative Form der Problemlösung herbeiführen, an der Kunden, Lieferanten und Partner beteiligt sind - und bei Interesse auch andere.
Vom CIO verlange das, Menschen und ihre Kommunikation weniger zu koordinieren als zu orchestrieren. "Orchestrierung steht für einen Entscheider, der Führung bietet und die Geschwindigkeit vorgibt, während er den Einzelnen zu Kreativität und Inspiration ermutigt", heißt es in ihrem Aufsatz "The CIO and the IT Organization need to strengthen Social Media Leadership Capabilities."
12 Tipps für den CIO
Die Kunst aber ist es, a) diese Kultur der Kommunikation zu fördern und b) die in ihr entstehenden Informationen herauszufiltern und in bestehende Business-Intelligence-Systeme zu integrieren. Zwölf Schritte gilt es laut Gartner für den CIO zu befolgen.
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Aufmerksam schärfen. IT und Business müssen sich bewusst werden, dass in den Informationen aus Sozialen Netzwerken ein Wert für das Business steckt. Das Sammeln und Interpretieren dieser Erkenntnisse - Social Analytics - muss darauf ausgerichtet sein, nach ihnen zu handeln.
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Know-How besorgen. Das Unternehmen muss wissen, wie es die Informationen filtern und auswerten kann. Ein Weg könnte sein, Studenten für ihre Abschlussarbeit zu einem Social-Media-Thema einzustellen. Das müssen keine Informatiker sein - auch Sozialwissenschaftler können viel dazu beisteuern.
Der CIO als Vorbild und Vorreiter bei Social Media
- Know-How ausbilden. Ist das Wissen einmal da, sollte der CIO Entwicklungs-Pläne für wichtige Rollen in der Social-Media-Strategie gestalten.
- Verständnis wecken. Der CIO muss dem Business vermitteln, wie wichtig und hilfreich es ist, Menschen aus verschiedenen Abteilungen zu vernetzen und sie an Probleme zu setzen.
- Vorleben. Der CIO muss selbst in Sozialen Netzwerken aktiv sein - und dies auch kommunizieren. Nur wer diese Tools nutzt, kann sie auch glaubwürdig vertreten. Einmal die Woche sollte der IT-Chef mit den Kollegen, die am aktivsten sind in Sachen Social Media, Gedanken austauschen.
- Loslegen. Der CIO sollte sowohl Gruppen mit Leuten aus dem ganzen Unternehmen zusammenbringen als auch bestehende Gruppen an die Möglichkeiten heranführen, die in Social Media stecken.
- Motivieren. Mit Anreizen, und sei es öffentlicher Anerkennung, kann der CIO die Kollegen aus IT und den Fachabteilungen dazu bringen, selbst Social Media Projekte auf die Beine zu stellen.
Social Analytics: Die richtigen Fragen stellen
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Ziele stecken. Social Media soll Business Value generieren, und deswegen auf Kern-Bereiche des Business zielen: Time to Market, Kundenbindung oder die Produktivität der Mitarbeiter.
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Die IT-Governance überdenken. Das Ziel muss das effektive und flexible Management von Informationen sein, nicht Kontrolle der Technologie. Das Auge der Security aber muss sich auf die neuen Technologien einstellen.
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Social Media in die Architektur einbinden. Dazu gehört, Tools und Prozesse zu gestalten, mit denen sich die Informationen zielführend verarbeiten lässt. Das Ziel ist, dass die Business-Entscheider nur die richtige Frage stellen müssen, um schnell Informationen für nachhaltige Entscheidungen zu bekommen.
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Eine Strategie festlegen. Sie sollte enthalten, wer die Adressaten und Teilnehmer der kollaborativen Kommunikation sind, wie weit das Engagement gehen soll - und wohin es das Unternehmen führen soll.
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Zurückziehen. Die IT sollte sich alsbald von der Kontrolle über die Social-Media-Ressourcen verabschieden und sich darauf konzentrieren, Verbindungen zwischen den Menschen herzustellen.
Offen bleibt dabei, für wie sicher die Gartner-Analysten die neue Technologie halten. Vice President Mark P. McDonald betont aber, dass Social Media per se nicht unsicherer sei als jede andere Collaboration-Technologie für die Kommunikation. Es geht auch hier darum, was die Menschen damit anstellen. "Das muss durch die gleichen professionellen Standards reguliert werden wie das, was Mitarbeiter in der Kneipe erzählen."
Gefahrenfaktor Mensch
Die Mitarbeiter müssen verstehen, in welcher Rolle sie sich gerade befinden. "Leute bekommen dann Probleme, wenn sie Privates und Berufliches vermischen." Sein Tipp: "Wenn ich online als Angestellter meiner Firma identifiziert werden kann, sollte ich mich als solcher auch professionell verhalten."