Die Zahlen klingen fast dramatisch. Bis zu 30 Prozent steigt die Zahl der IT-Rentner allein in den kommenden beiden Jahren in Europa. Andererseits sinken die Studentenzahlen an den technischen Universitäten um bis zu 40 Prozent.
Für Deutschland hat der Branchenverband Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien) kürzlich errechnet, dass ITK-Firmen und IT-Abteilungen jährlich zwischen 15.000 und 17.000 Nachwuchskräfte benötigen. Doch die Zahl der Informatik-Absolventen sinkt bis 2010 auf 12.900 pro Jahr.
Doch nicht nur Fachkräftemangel droht. Durch die Auslagerung von IT- und Geschäftsprozessen ändert sich auch das Anforderungsprofil an den IT-Experten. Er wird künftig weniger technik- als vielmehr geschäftsorientiert arbeiten müssen. Darauf müssen nach Ansicht der Forrester-Analysten die europäischen Bildungssysteme schnell und umfassend reagieren.
Neue Studiengänge, wie die Ausbildung zum IT-/Businessanalyst, Enterprise-Programm-Manager oder Vendor-Manager, müssen entwickelt werden. Forrester befürchtet jedoch, dass die Anpassung der Ausbildung an die tatsächlichen Erfordernisse von Unternehmen zu lange dauert. Daher müssen Entscheider jetzt aktiv werden, um langfristig ihre interne IT-Kompetenz zu sichern.
Stärkere Investition in Aus- und Fortbildung
Neueinstellungen sind zwar ein Weg, um die Personallücken zu füllen, die durch Pensionierungen entstehen. Dem steht allerdings verstärkt ein Mangel an geeigneten IT-Fachkräften entgegen. Zudem wollen mehr als 20 Prozent aller Befragten bis 2007 ihren IT-Personalbestand steigern.
Ein Ausweg aus der sich anbahnenden Misere sind verstärkte Investitionen in firmeneigene Aus- und Fortbildung. Planen in diesem Jahr erst 31 Prozent die entsprechenden Etats zu erhöhen, so sollen dies in zwei Jahren schon 46 Prozent sein.
Auch altgediente IT-Mitarbeiter werden umlernen müssen. Denn die Anforderungen an die Firmen-IT ändern sich: Der technisch versierte Generalist wird in Zukunft weniger gefragt sein als der Experte, der sich beispielsweise mit ERP-Anwendungen oder Business Intelligence auskennt.
Während Unternehmen bereits ein klares Bild neuen IT-Kompetenzen zeichnen, halten nur wenige Hochschulen entsprechende Ausbildungsgänge vor. Das hat Forrester in einer parallelen Untersuchung von technischen Universitäten und Fachhochschulen festgestellt.
Erschwerend kommt hinzu, dass in den vergangenen fünf Jahren bei Schülern und Abiturienten die Begeisterung für einen IT-Beruf merklich abgenommen hat. So ist allein in Deutschland die Zahl der Teilnehmer an entsprechenden schulbegleitenden Kursen um 30 Prozent gesunken.
Neue Anforderungen durch Outsourcing
Forrester stellte zudem fest, dass viele Unternehmen Routine-Jobs in der IT nicht neu besetzen, weil sie diese Tätigkeiten auslagern. Dabei bedenken die Firmen jedoch nicht, dass längst nicht alle Verantwortlichkeiten und Entscheidungen auf Dienstleister übertragen werden können.
IT-Sicherheit, die Unternehmens- und die technische Architektur, innovative Lösungen, neue Technologien oder Geschäftsentwicklungen sind für die Firmen-IT eine große Herausforderung. Solche Entscheidungen müssen intern von Mitarbeitern mit hoher Kompetenz vorbereitet und getroffen werden.
Bei den IT-Providern wachsen die Anforderungen an ihre Mitarbeiter ebenfalls. Wer Outsourcing-Verträge abschließt erwartet vom Anbieter viel mehr als technische Dienstleistungen. ITIL oder Cobit dürfen laut Forrester in Zukunft auch beim Dienstleister keine Fremdworte mehr sein.
Das bedeutet, dass weniger qualifizierte Mitarbeiter, die beim Abschluss von Outsourcing-Verträgen oft zum Service Provider wechseln, dort spezielle Weiterbildungen erhalten müssen.
Für die Studie "Europe's Looming IT Skills Deficit" befragte Forrester Research 48 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen in Europa.