Mit Geld kennen sich die Mitarbeiter der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) aus - der größte eigenständige Finanzvertrieb Deutschlands vermittelt seit 1975 Finanz- und Versicherungsprodukte verschiedener Anbieter. Das Unternehmen erzielt dabei seit Jahren Überschüsse und hat zudem durch eine hohe Eigenkapitalquote ein großes Polster an Reserven.
So lag es auch nicht am Sparzwang, dass Christian Glanz seine IT-Organisation 2011 erstmals mit einem Benchmark analysieren ließ: "Wir wollten einfach die Gewissheit haben, nicht nur qualitativ, sondern auch finanziell gut unterwegs zu sein", erinnert sich der IT-Vorstand der DVAG an die erste Standortbestimmung.
Unter Dampf
Hauptauslöser für die systematische Überprüfung waren Diskussionen im Unternehmen, dass die Kosten der IT stetig zulegen würden. "Dabei liegt ein Anstieg in der Natur der Sache", sagt Glanz: Wachsende Leis-tungsmengen etwa bei Servern und Speichern, steigende Preise für Wartung und Entwicklung oder die zunehmende Komplexität durch neue Applikationen und Devices halten die IT unter Dampf.
Die Resultate aus zwei erfolgten Benchmarks mit dem Münchner Anbieter Maturity sprechen laut Glanz eine deutliche Sprache: "Wir sind in allen Services günstiger und produktiver als der Durchschnitt der Vergleichsgruppe, also der relevanten Peer Group."
Keine Discount-IT
Wer aus den Ergebnissen auf eine "Discount-IT" bei der DVAG schließt, liegt indes falsch. Standardlösungen ohne Anpassungen, die gemeinhin als Garant für niedrige IT-Kosten gelten, taugen Glanz zufolge nicht als strategische Leitlinie des Frankfurter Unternehmens. Im Gegenteil: "Als Vorreiter der Allfinanz-Idee sind wir in der Situation, dass wir für uns die Standards selbst setzen müssen."
So leistete sich die DVAG von 2003 bis 2007 die komplette Neuentwicklung eines umfangreichen Online-Systems für die Anbindung der Vermögensberater: "In der Versicherungsbranche gab es damals solche Plattformen nicht - und es wurde als eine enorme Herausforderung angesehen, dass wir ein solches System selbst entwickeln wollten." Im Dialog mit den Anwendern wird die Software seither stetig weiterentwickelt. Jeden Monat gibt es einen Release-Wechsel mit zusätzlichen Funktionen und technischen Änderungen. "Der Pflegeaufwand ist hoch", argumentiert Glanz, "aber es geht schließlich um unser Kerngeschäft."
Insourcing für straffere Abläufe
Außerdem hat die DVAG in den vergangenen Jahren zusätzlich investiert: Redundante Systeme zur Sicherstellung eines hochverfügbaren Betriebs wurden installiert. Und im neuen Service-Control-Center werden alle Applikationen von internen Spezialisten rund um die Uhr überwacht. "Die Aufgabe haben wir von einem Dienstleister zurück ins Haus geholt, um die Abläufe zu straffen", so der IT-Vorstand.
Und es geht weiter: Im vergangenen Jahr baute die IT eine interne DVAG-Cloud auf. Zudem soll künftig die Komplexität der verschiedenen Anwendungen bereinigt werden. Das heißt: Prozesse glätten, Schritte reduzieren, die Abläufe der Vermögensberater vereinfachen.
Kampieren in der iPad-Schlange
Mit dem Anspruch des Technologieführers der Branche hat die DVAG frühzeitig auf Tablets als Vertriebsinstrument gesetzt - Ostern 2010 kampierte sogar ein Mitarbeiter in der Schlange am New Yorker Times Square, um zwei brandneue iPads von Apple zu kaufen. Damit flog er umgehend nach Frankfurt, um frühestmöglich mit der konkreten Überprüfung der Kompatibilität zu beginnen.
Inzwischen beschäftigt das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter, deren Aufgabe es ist, Apple-Apps etwa zur Rentenberechnung für den Vertrieb zu entwickeln. "Hätten wir keine eigene App-Entwicklung, wären wir sicher kostengünstiger unterwegs", räumt IT-Vorstand Glanz ein, "aber dann würden wir dem Markt hinterherlaufen." Insofern sei es auch nicht sinnvoll, bei der Bewertung der IT allein auf die absoluten Kosten zu schauen, ergänzt Glanz.
Vorarbeit der IT-Controller
Dass es überhaupt zu einer umfassenden Standortbestimmung der IT kommen konnte, kostete die IT-Controller der DVAG viel Vorarbeit: "Wir mussten erst einmal die passenden Kennzahlen identifizieren, erheben und für den Vergleich in Form bringen", erinnert sich Stefan Böff, Leiter des IT-Controllings.
Die hohe Effizienz der IT lässt sich laut Böff mit Kostenbewusstsein allein nicht erklären: "Natürlich verhandeln wir unsere Verträge recht hart und gehen gern auch ins Jahresendgeschäft der Lieferanten", sagt er. Neben dem Verhandlungsgeschick habe es die IT aber vor allem geschafft, individuelle Anwendungen als Standard im Unternehmen zu etablieren.
Statt viele simple Lösungen von der Stange zu nutzen, von denen jede einzelne vermeintlich günstig ist, setzt die DVAG auf umfassende und extra angepasste Anwendungen, die dem Geschäft Vorteile bieten. Dafür wird konsequent konsolidiert, schildert Böff: "Das Online-System auf Basis von Smart-Client-Technologie oder die Beschränkung auf Tablets von Apple machen den Pflegeaufwand erträglich."
Durch einen Folge-Benchmark will IT-Vorstand Glanz nun bestätigen, dass die guten Zahlen des ersten und zweiten Durchgangs "keine Zufallstreffer" waren. Das umso mehr, als in der Zwischenzeit Volumen und Komplexität der IT weiter gestiegen sind.
Früher an später denken
Auch hier sieht Glanz einen Leitspruch des Unternehmens bestätigt: Früher an später denken. Und er ist fest davon überzeugt: "Das gilt nicht nur für die persönliche Altersvorsorge und Risikoabsicherung, sondern auch für den kontinuierlich erarbeiteten IT-Vorsprung, den wir weiter vorantreiben werden." (qua)
Die IT der DVAG
-
Rund 650 Mitarbeiter in der Frankfurter Zentrale erbringen verschiedene Services für die insgesamt 37.000 freiberuflichen Vermögensberater im Außendienst der DVAG.
-
Die IT-Abteilung umfasst etwa 350 Mitarbeiter mit einem Budget im mittleren zweistelligen Millionenbereich.
-
IT-Chef ist Christian Glanz, gleichzeitig Vorstandsmitglied der Deutschen Vermögensberatung AG.