Viele IT-Organisationen wandeln sich heute. In der Vergangenheit war die operative Kompetenz für einen Eigenbetrieb von Technologien bestimmend. Heute wird diese durch ein Verständnis für Geschäftsprozesse und die Integration von IT-Services des Marktes ergänzt oder sogar ersetzt. Dadurch gewinnen IT-Organisationen die Fähigkeit sehr schnell neue Technologien wie IoT (Internet of Things) und Marktangebote wie die Analyse großer Datenmengen mit Hadoop-Clouds für ihr Unternehmen nutzbar zu machen.
Old-School Sourcing
DieseAgilität funktioniert nur, wenn dafür geeignete Beschaffungsprozesse im IT-Procurement bereitstehen. Klassische Sourcing Verfahren, wie Managed-Services oder Outsourcing sind auf Langfristigkeit ausgerichtet. Die dahinter liegenden Geschäftsmodelle beruhen auf Effizienzsteigerung durch kontinuierliche Verbesserung in kleinen Schritten, als Beispiel sei KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) im ITIL/ITSM Framework genannt.
Der dazugehörende Procurement Prozess ist umfangreich, aufwändige Spezifikationen und Vertragswerke dauern ebenso wie die Auswahl geeigneter Provider und Verhandlungen vor Vertragsschluss. Aber die Bindung mit dem Provider ist dann stabil und hält mit adäquatem Providermanagement lange Zeit.
Für ein schnelles Testen von neuen Services oder Technologien ist diese Vorgehensweise nicht geeignet. Auch bei der Integration in den eigenen Produktivbetrieb ist ein kurzfristiger Go-Live erwünscht, der keine Zeit lässt für langwierige SLA Verhandlungen.
Sourcing "New IT-Services"
Die quirlige 'Brüter'-Szene ist durch hohe Geschwindigkeit geprägt, Provider haben das Ziel in kurzer Zeit Marktsegmente zu erobern und mit ihren Services Defacto-Standards zu setzen. Ökonomische Betrachtungen wie Gewinnmaximierung stehen dabei zunächst im Hintergrund. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Beschaffung von solch neuen Services in blindem Vertrauen erfolgen darf, sondern es sind darauf abgestimmte Vorgehensweisen notwendig, die als Leitfaden bereits heute beschrieben werden können.
Checkliste für die Beschaffung von "Industrie 4.0 IT-Services"
Ein Schritt ist das Erstellen einer unternehmensspezifischen Checkliste für die Beschaffung von "Industrie 4.0 IT-Services". Hier finden sich Fragen wie die Bewertung des unternehmerischen Risikos, Tiefe des notwendigen Datenschutzes, Dauer der Testphase und Zweck des Produktiveinsatzes. Die Klärung erfolgt vorab durch Procurement, IT Organisation und gegebenenfalls die beschaffende Fachabteilung.
Das explizite Erstellen einer Leistungsbeschreibung ist häufig nicht notwendig, da die Provider im Allgemeinen ausreichend präzise Servicebeschreibungen zur Verfügung stellen. Auch wenn die IT-Abteilung bereits im Vorfeld ihren Ziel-Provider ausfindig gemacht hat, ist eine Markt-Recherche zu Alternativangeboten sehr sinnvoll, um die Abhängigkeit von singulären Quellen zu vermeiden.
Provider schnell einbinden und schnell ablösen
Ein kommerzielles Rahmengerüst im Unternehmen, das schnelles Einbinden, aber auch Ablösen eines Provider (Step-In / Step-Out) ermöglicht, gibt dann für den späteren Produktivbetrieb die notwendige Flexibilität. Dazu gehören Genehmigungsprozesse, Lieferantenanlagen und der Procure-to-Pay-Prozess.
Provider der neuen Szene bieten die Bestellung ihrer Services vielfach Online über Portale zu dort einsehbaren, festen Standardbedingungen an. Rechnungen werden nicht mehr zugestellt, sondern müssen per Download abgeholt werden. Dies alles ist förderlich für eine hohe Agilität, klassisch operierende Unternehmen haben bei der Umsetzung allerdings oft Probleme.
Ausblick
Industrie 4.0 wird viele Unternehmen zwingen, aus den typischen "Wasserfall" Prozessketten auszubrechen und ihre Geschäftsprozesse in bisher nicht bekanntem Maße zu flexibilisieren und parallelisieren. Typische Treiber sind zum Beispiel "Internet-of-Things" oder Initiativen wie "Smart-Grids" im Rahmen des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende.
IT-Services, die dies unterstützen, werden nicht mehr im Unternehmen als Infrastruktur betrieben, sondern vom Markt granular zugekauft und Plug’n Play in die Unternehmenslösungen integriert. Der Zukauf dieser IT-Services ist vergleichbar mit dem Sourcing in Spot-Märkten und erfordert neue Procurement-Strategien.