Die richtige Technologie ist der Schlüssel

Industrie 4.0 gibt es nur mit Technologie 4.0

25.01.2018 von Franz Gruber
Die Produktion braucht flexible, modulare und offene Lösungen. Herkömmliche oder geflickschusterte IT-Architekturen sind im Zuge der Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß - und damit auch ihre Anwender. Eine Checkliste für Technologie 4.0.
Technologie für die Industrie 4.0 (Industrial Internet of Things - IIoT) bildet die Realität in Echtzeit auf allen browserfähigen Endgeräten ab
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Der Werkleiter des mittelständischen Automobilzulieferers stand enorm unter Druck: Die Kunden, große Automobilhersteller, verlangten neuerdings eine lückenlose Rückverfolgbarkeit aller Teile und Prozesse. Ein Jahr des Herumexperimentierens an einer praxistauglichen IT-Lösung begann, mit Änderungsspezifikationen, Konfigurationen, Anpassungen und dem Einspielen von zahlreichen Patsches zur Fehlerbehebung.

Doch das flickgeschusterte System zur Betriebsdatenerfassung (BDE) funktionierte nie einwandfrei, die Mitarbeiter klagten über eine schlechte Bedienbarkeit, selbst neue, technologisch hochwertige Maschinen ließen sich nur aufwändig integrieren. Schließlich entschied die Geschäftsführung, eine neue, Industrie-4.0-taugliche IT-Lösung anzuschaffen.

Der Auftrag an den Einkäufer lautete: "Wir brauchen eine flexible Lösung, die eine transparente Produktion mit lückenloser Rückverfolgbarkeit schafft und das Branchenregelwerk VDA 6.1 umsetzt. Flexibel heißt, dass wir bei jeder Änderung im Fertigungsprozess auch die Änderungen für das Tracing&Tracking einfach konfigurieren können."

Fehlerquote in sechs Monaten um 18 Prozent gesenkt

Ergebnis mit der neuen, in wenigen Wochen installierten Industrie-4.0-Plattform: Schon innerhalb von sechs Monaten reduzierten die Werker die Fehlerquote um 18 Prozent. Heute produziert der Automobilzulieferer mit großer Echtzeit-Transparenz, inklusive lückenloser Rückverfolgbarkeit. Obendrein werden alle Branchenregelwerke automatisch berücksichtigt, zahlreiche Reports sind jederzeit abrufbar.

Aus Schaden wird man klug. Soweit braucht es aber kein Unternehmen kommen lassen. Denn die Strategie ist eigentlich banal: Industrie 4.0 gibt es nur mit neuem digitalen Werkzeug, also einer Technologie 4.0. Heute gilt: Technology is king - die richtige Technologie ist der Königsweg zum Erfolg.

Des Produktionspudels Kern beschreibt das Bundeswirtschaftsministerium so: "Technische Grundlage hierfür (die Industrie 4.0) sind intelligente, digital vernetzte Systeme. So können intelligente Wertschöpfungsketten entstehen, die zudem alle Phasen des Lebenszyklus des Produktes mit einschließen."

Wie solche intelligenten Systeme für die Industrie 4.0 (oder das Industrial Internet of Things - IIoT) auszusehen haben, hat gerade das Marktforschungs- und Beratungshaus Information Services Group Germany GmbH (ISG) in der Branchenanalyse "IoT / Industrie 4.0 - der Weg zur digitalen Fabrik" präzise beschrieben.

Zentrale Aussage: "BDE (Betriebsdatenerfassung) im IIoT beschränkt sich nicht mehr auf das bloße Sammeln von Daten in einer abgeschlossenen Architektur. Vielmehr sind flexible, modulare und grundsätzlich offene Lösungen notwendig, um die großen Möglichkeiten und Chancen des vernetzten digitalen Zeitalters in der Fertigung zu nutzen."

IT 4.0 visualisiert den Zustand jeder Maschine nutzerfreundlich im Hallenlayout - frei konfigurierbar für die individuellen Bedarfe eines Unternehmens
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Das Ziel: ein höherer ROI - der Schlüssel: Hightech 4.0

Warum ist Industrie 4.0 attraktiv? Worum geht es im Kern? Der große Nutzen, und damit das Ziel für Unternehmen lautet, den Return on Investment (ROI) zu erhöhen und so Standorte und Arbeitsplätze zu sichern. Der Weg dorthin lautet: Erhöhe deine Produktivität, indem du die Fehlerquote in deinen Fabriken deutlich auf ein Nahe-Null-Niveau senkst und die Ausfallzeiten auf ein Minimum reduzierst.

Endgültig vorbei sind die Zeiten der konventionellen Fertigungskontrolle, in denen handschriftliche Störzettel vom Mitarbeiter zum Meister, vom Meister zur Sekretärin und von der Sekretärin zum Produktionsleiter durchgereicht wurden. Zu spät, zu ungenau, zu ineffizient. Martin Schubert von der Grammer AG hat es einmal so auf den Punkt gebracht: "Wenn keine Störungen registriert werden, finden auch keine statt. Dann hat ein Unternehmen gefühlte 97 Prozent störungsfreien Betrieb."

Heute bildet eine moderne Technologie 4.0 das Rückgrat jeder erfolgreichen Fertigung. Paul Nuijten von der Bühler AG schilderte auf einem Produktivitätskongress in Ludwigsburg, um welche Dimensionen es geht: "Die Komplexität in unserer Produktion ist hoch: Wir verarbeiten mit 60 unterschiedlichen Maschinen und 17.000 Werkzeugen rund 36.000 Fertigungsaufträge für 700 verschiedene Produkte pro Jahr."

Seit Einführung digitaler Technologie stieg die Effizienz bei Bühler deutlich. "Aufträge können heute voll flexibel abgearbeitet werden, auch Expressaufträge sind jederzeit möglich", so Paul Nuijten. "Der Bediener legt die optimale Auftragsreihenfolge fest, es wird immer am richtigen Auftrag gearbeitet. Die Produktivität ist hoch."

Eine Checkliste

Eine Technologie für die Industrie 4.0 muss anerkanntermaßen sechs Kriterien erfüllen, um den Nutzen der Nahe-Null-Fehler-Fabrik zu erreichen.

1. Flexible Konnektivität: In den allermeisten Unternehmen sind heterogene Maschinenparks die Realität. Eine Industrie 4.0/IIoT-Plattform muss daher die Produktion in drei Demensionen digital vernetzen können: ältere wie neue Maschinen, auch unterschiedlicher Hersteller; horizontal alle Produktionssysteme; vertikal die Produktion mit der Planung (ERP / PLM).

2. Schnelligkeit: Industrie 4.0 bedeutet Fabriksteuerung in Echtzeit. Dies geschieht, indem alle Daten aus der Fabrik im virtuellen Raum eines Cyber-Physical-Systems gespiegelt werden. Eine IIoT-Lösung vollbringt solche Höchstleistung selbst bei wachsenden Datenvolumina (Big Data). Möglich wird das durch eine 100-prozentige Cloud-Fähigkeit sowie durch In-Memory Computing: Dabei werden die Stamm- und Anwendungsdaten im Hauptspeicher vorgehalten.

Die richtige Information zur richtigen Zeit am richtigen Bildschirm - aktuelle und historische Informationen auf einen Blick bietet Technologie 4.0
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3. Transparenz: Eine Technologie für das IIoT wandelt Big Data in Smart Data und bietet nutzerfreundliche grafische Auswertungen und Analyse-Tools. Nur, wenn der Werker auf einen Blick sieht, was zu tun ist, wird auch tatsächlich die Fehlerquote gesenkt. Die Lösung muss sowohl die Gegenwart in Echzeit-Reports abbilden als auch historische Analysen liefern. Stichwort: Die richtigen Informationen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Damit unterstützen Sie eine datenorientierte Problemlösekultur.

4. Offenheit: Intelligent und digital vernetzt ist eine IIoT-Plattform dann, wenn sie eigene und Dritt-Systeme problemlos integrieren kann. Durchsetzen wird sich das Konzept „Open API“ – Application Programming Interface. Schnittstellen also, die von den Anwendern frei programmierbar sind. Im Gegensatz dazu gibt es Geschäftsmodelle, die einen monolithischen Alleinvertretungsanspruch in der Digitalisierung verfolgen. In diesen Fällen werden Anwendungen, die über innovative Fremdsoftware abgedeckt werden müssen, mittels virtueller Konstruktionen wie „indirekte User“ mit Strafzöllen belegt.

5. Mobilität: Technologie 4.0 ermöglicht ortsunabhängige Kommunikation auf allen browserfähigen Endgeräten, ob Touchscreen, Tablet oder Smartphone. Diese Anforderung hat eine weitgehende Implikation für das Recruiting: Weil sich die jungen Talente ("digital natives") heute in Computerspielen weltweit vernetzen und sich digital oder analog auf eSport-Veranstaltungen tummeln, werden Unternehmen mit IT-Arbeitsplätzen des 20. Jahrhunderts gnadenlos abgestraft werden.

6. Globalität: Eine Produktion wird dann smart, wenn ich sie auch unternehmensweit einheitlich digital steuern kann. Heißt: Selbst viele Standorte auf unterschiedlichen Kontinenten arbeiten synchron auf einer IT-Plattform. Berücksichtigt sind dabei unterschiedliche Sprachen und Zeitzonen ebenso wie die verschiedenen Rechneruhren eines Systems.