Deutsche Industrieunternehmen beklagen wachsende Probleme mit chinesischen Produktfälschungen. Zu einem großen Vertriebskanal haben sich nach Angaben mehrerer Unternehmen und des Maschinenbau-Verbands VDMA in den vergangenen Jahren Online-Handelsplattformen wie der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba entwickelt. Einer VDMA-Umfrage aus dem vergangenen Jahr zufolge entdeckten 28 Prozent der betroffenen deutschen Maschinen- und Anlagenbauer Fälschungen auf Handelsplattformen für Unternehmen.
Beispiel Siemens: "Das Problem von Fälschungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen", sagte ein Sprecher des Technologiekonzerns. Der Kugellagerhersteller SKF nimmt kein Blatt vor den Mund: "Alibaba ist bekannt für den hohen Anteil an gefälschten Produkten, die dort angeboten werden", heißt es dort.
Für Alibaba ist das unangenehm: "Alibaba hat eine sehr starke Haltung gegen Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen", erklärt die deutsche Niederlassung des Unternehmens in München. "Unser Erfolg basiert auf Vertrauen, deswegen nehmen wir die Herausforderung durch Fälschungen sehr ernst." Alibaba habe mehrere Initiativen und Softwareprogramme, um Fälschungen zu identifizieren.
Das Spektrum der Fälschungen reicht von Markenrechtsverletzungen bis zu unsicheren Bauteilen und komplett kopierten Maschinen. Diese können lebensgefährlich sein. Holger Engelmann, Vorstandschef des Automobilzulieferers Webasto, sagt: "Produktpiraterie ist in der Automobilbranche - wie in fast allen Industriezweigen - ein ernstes Thema. Neben dem Umsatz, der Unternehmen durch nachgemachte Zulieferteile verloren geht, schaden qualitativ minderwertige Kopien dem Ansehen der Originalmarke."
In der deutschen Wirtschaft wird registriert, dass die chinesischen Behörden inzwischen schneller auf Beschwerden reagieren. VDMA-Rechtsanwalt Daniel van Geerenstein: "China ist immer noch Hauptherkunftsland für gefälschte Güter, aber die Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden hat sich verbessert." Einen grundsätzlichen Durchbruch beim Schutz der Urheberrechte hat es in China aber bislang nicht gegeben. Manche deutschen Mittelständler berichten nach schlechten Erfahrungen, dass das Kopieren nach wie toleriert werde.
Doch für die deutschen Strafverfolgungsbehörden ist die Produktpiraterie ebenfalls ein schwieriges Thema: Fälschungen sind oft schwer zu identifizieren, insbesondere, wenn es sich um Bauteile handelt. Und es ist so gut wie unmöglich, die chinesischen Hintermänner dingfest zu machen. Das ist nach Ansicht etwa von Siemens aber essenziell. "Dafür arbeiten wir mit Internetplattformen wie Alibaba und den chinesischen Behörden sehr eng zusammen", sagt ein Sprecher. Einen Erfolg konnten die Münchner verbuchen: Siemens gelang es 2016, in China 150.000 gefälschte Steckdosen und gefälschte Steuerungen im Wert von mehreren Millionen Euro sicherstellen lassen. (dpa/ib)