Bode Deutschmann weiß ganz genau, was die Mitarbeiter bei Kögel Fahrzeugwerke beschäftigt. Ein- bis zweimal im Monat nimmt der IT-Leiter Notizblock und Stift zur Hand und geht durch das Burtenbacher Unternehmen. Dann fragt er in den einzelnen Abteilungen nach, wie die Arbeit in der DV läuft und welche Probleme oder Verbesserungsvorschläge es gibt. So erfährt der 50-jährige Diplom-Elektrotechniker von den Arbeitnehmern etwa, dass sie sich einen schnelleren Kopierer oder einen größeren Bildschirm wünschen. Begehren, die auf den ersten Blick klein und unbedeutend wirken mögen. Häufig machen sie für den Einzelnen allerdings sehr viel aus.
Auch bei der Umsetzung größerer Projekte setzt Deutschmann auf die Nähe zu allen Beteiligten. Als die Planungen für ein europaweites neues Konzept für Fahrzeugortung begannen, saß von Anfang an eine Auswahl von Fahrern mit am Besprechungstisch. "Wir haben ihnen das Konzept vorgestellt, und sie haben uns dann gesagt, was sie daran gut und schlecht finden", so Deutschmann. "Auf diese Weise nimmt man die Beteiligten in die Verpflichtung, ein neues Tool später auch zu verwenden", weiß der IT-Leiter. Seit Juli dieses Jahres setzt Kögel die neuartige Fahrzeugortung ein, und bislang sind die Reaktionen der Mitarbeiter durchweg positiv. "Sie wenden es gern an", sagt Deutschmann. Denn das neue System spart ihnen Zeit und Nerven.
Innovativer Einsatz von RFID
Der Hintergrund: Durch Produktionszunahmen wurden immer mehr Trailer und Anhänger im Hof des Fahrzeugbauers abgestellt. Rangierer und Fahrer mussten dort häufig quälend lange unter mehr als 2500 Fahrzeugen das Gewünschte suchen und finden. Die IT nahm sich des Problems an und entwarf ein Fahrzeuglokalisierungssystem, das durch den innovativen Einsatz von RFID und GPS-Ortung die Suche stark vereinfachen sollte. "Das schönste System wäre ein vollautomatisches gewesen. Eines mit RFID, in das man überhaupt nicht mehr eingreifen muss", erklärt Deutschmann.
Bei genauerer Untersuchung erwies sich die Lösung als zu teuer. Vor allem die Wartungsaufwände für das RFID-System wären erheblich gewesen. Deshalb wählten Deutschmann und seine Mitarbeiter eine günstigere Alternative und beschlossen, mit einer Barcode-Lösung zu arbeiten. "Einen Nachteil haben wir uns damit eingefangen", so Deutschmann. "Im Gegensatz zum automatischen RFID muss der Fahrer nun den Barcode eigenhändig scannen, wenn er das Fahrzeug abstellt." Bislang seien die Reaktionen aber durchweg positiv. Es gebe sogar bereits eine Weiterentwicklung im System. Fahrer können - wenn sie die Zeit dafür haben - bereits am Vortag auf ihrem Gerät abrufen, welche Fahrzeuge am Folgetag zur Abholung bereitgestellt werden müssen.
Sein innovatives Projekt zur Fahrzeuglokalisierung reichte Bodo Deutschmann beim Wettbewerb um den CIO des Jahres in der Kategorie Mittelstand ein - und gewann. Ein Jury-Mitglied begründet die Wahl folgendermaßen: "Die intelligente Kombination moderner Technologien nutzt Kögel Fahrzeugwerke, um ein altes Problem effektiv und proaktiv zu lösen." Ein anderer Juror schreibt: "IT und Business werden vorbildlich miteinander verbunden. ‚Standardprojekte’ der IT werden gemeinsam mit zukunftsweisenden Projekten konsequent umgesetzt." Fragt man Deutschmann selbst nach einer Beurteilung seiner Leistung, sieht er einen großen Vorteil in den zehn Jahren ERP-Erfahrung, die er mitbringt. Dadurch kenne er fast alle Prozesse in einem Unternehmen und könne sich schnell in neue Aufgabengebiete hineinversetzen.
Aller Anfang war schwer
So auch, als er 2003 IT-Leiter bei Kögel wurde. Sein Vorgänger hatte gerade aus Kostengründen die IT-Organisation zerschlagen. "Die IT war damals wie ein Hausmeister: Den Letzten beißen die Hunde", beschreibt Deutschmann die Ausgangslage beim Fahrzeugbauer. Seitdem habe sich vieles geändert: "Aus einem Kuddelmuddel an Systemen haben wir eine Basis geschaffen. Heute sind wir im Unternehmen gefragt, etabliert und geschätzt."
Der Vordenker
Der IT-Leiter sieht sich als Vordenker. Als einen, der am liebsten bereits ein fertiges Konzept in der Schublade hat, wenn die Anforderung auf den Tisch kommt. Gerade tüftelt er mit seinem Team an einem neuen vorausschauenden Projekt: die Entwicklung einer Fahrzeugdatenbank. "Wir werden einer der Vorreiter sein", kündigt Deutschmann an. Denn auf bestimmte Daten dieser Kartei wird auch der TÜV zugreifen können und so etwa genau wissen, wie eine Bremsanlage beim Kögel-Fahrzeug eingestellt werden muss. Mitte kommenden Jahres soll die Datenbank in Betrieb genommen werden.
Wenn Deutschmann von diesen und weiteren Projekten in seinem Unternehmen berichtet, ist die Begeisterung in seiner Stimme unüberhörbar. Während er manche frühere Jobs nach ein paar Jahren als eintönig empfand, bringt seine Arbeit bei Kögel auch nach fünf Jahren Abwechslungsreichtum. Der IT-Funke ist auf seine Kinder übergesprungen. Die zwei Söhne möchten die Informatik-Richtung einschlagen, und eine der beiden Töchter will Medieninformatik studieren. Alle drei haben sie durch Praktika die IT bei Kögel kennen gelernt und in dieser Zeit installiert, repariert und auch eine Besprechung besucht, um ein Gefühl für Prozessorganisation zu bekommen. So hat ihnen der Vater vermittelt, dass ihm die wirtschaftliche und die technische Komponente gleich bedeutend sind. Eines seiner wichtigsten Prinzipien lautet dabei: "Ich arbeite und wirtschafte in meinem Unternehmen so, als wenn es mein eigenes wäre."