Herr Gansert, Sie sind als gelernter Mediziner CIO einer Klinik. Macht Ihnen das Leben in der Klinik leichter?
Ja und Nein. Ich bin halt schon von meinem gelernten Beruf her Kollege. Ich kenne die Abläufe gut, kenne die Sorgen und Nöte. Auf der anderen Seite kann sich ein reiner Informatiker besser hinter Formalia zurückziehen. So gibt es beispielsweise eine strategische Investitionsplanung für Schnittstellen zu unserem Krankenhausinformationssystem für medizintechnische Geräte. Da kenne ich die 1.000 Sorgen und Nöte der Fachärzte und verstehe ihr Drängen. Das ist allerdings mit der Strategie nicht immer vereinbar, die mehr Standards verlangt.
Ist das auch eines der Projekte, das Sie momentan am meisten beschäftigt?
Die Einführung der elektronischen Patientenakte - MedFolio von Nexus - ist das derzeitige Hauptprojekt, das seit einigen Jahren bereits läuft. Im kommenden Jahr werden wir das Projekt für alle Kliniken abschließen - mit Funktionen für den Order Entry und die Bildgebung. Aus den einzelnen Fachbereichen kommen natürlich immer wieder Wünsche. Wir haben eine Basiskonfiguration, die wir allen Kliniken anbieten. Speziallösungen müssen dann einzeln verhandelt werden.
Ziehen Sie niedergelassene Ärzte und andere Institution in eine vernetzte Strategie mit ein?
Wir hatten mit Niedergelassenen punktuell Projekte gemacht - zur Übermittlung von Arztbriefen und zur Terminplanung. Das Interesse bei den Ärzten hat relativ zügig nachgelassen. Bisher ist ja auch ungeklärt, wer den Nutzen davon hat. Die Leistung wird für den Niedergelassenen nicht vergütet.
Es gibt auch andere Ansätze, etwa die elektronische Fallakte oder regionale elektronische Patientenakten.
In meinen Augen ist bisher kein schlüssiges Konzept dabei. Oft handelt es sich um exklusive Veranstaltungen von einzelnen etwa auch privaten Ketten.
Ein weiterer Versuch, mehr Vernetzung ins Gesundheitswesen zu bekommen, ist die elektronische Gesundheitskarte. Von der ursprünglichen Idee ist dabei nicht viel übrig geblieben …
Stimmt, der richtige Ansatz wäre gewesen, eine zentrale Plattform zu schaffen, auf der sämtliche Informationen ausgetauscht hätten werden können. Herausgekommen ist eine aufgebohrte Krankenversichertenkarte, mehr nicht. Das bedeutet für uns als Klinik, dass wir die Daten des Patienten über die Gesundheitskarte wie bisher einlesen und eventuell ein paar zusätzliche Informationen. Der Mehraufwand ist also sehr gering, der Nutzen jedoch auch.
Um den Ruf der IT in Kliniken steht es oft nicht zum Besten. Auch bei Ihnen?
Es gibt kaum jemanden unter den Ärzten oder Pflegern, die vor Freude in die Hände klatschen über die IT vor Ort. Das hat seine Gründe. Es gibt nie genug Ressourcen, um alle gewünschten Services einrichten und erledigen zu können. Zudem gibt es strukturelle und strategische Probleme. Oft sind Inselsysteme aus Sicht der Fachabteilung besser als der strategisch auserkorene Standard. Daher gibt es teilweise erhebliche Widerstände aus der Ärzteschaft. Man muss Zuhören und stets die Kommunikation mit den Ärzten suchen.
Messen Sie die Zufriedenheit ihrer internen Kunden?
Ja, wir haben gerade wieder eine Umfrage gemacht. Drei Viertel der Befragten gaben an, zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Help-Desk zu sein. Da würde sich so manches Unternehmen aus der Industrie sehr drüber freuen. Auch die Bedeutung der IT wird von 80 Prozent der Befragten erkannt und als sehr wichtig klassifiziert. Allerdings sind sich auch mehr als 50 Prozent darüber einig, dass die Investitionen steigen müssen. Und das kann ich nur unterstützen. Krankenhäuser geben durchschnittlich etwa 1,5 Prozent des Umsatzes für die IT aus. Das ist im Vergleich zur Industrie doch sehr mager.