Als Apple-Chef Steve Jobs vor wenigen Tagen das iPad 2 vorstellte, versuchte er, die Rivalen als Trittbrettfahrer abzukanzeln. Wiewohl er mit seinem iPad den Markt noch immer nahezu monopolistisch beherrscht: Ganz so einfach kommt er an den Mitbewerbern dennoch nicht vorbei. Die Schlacht um die größten Marktanteile wird dabei aber nicht nur im Consumer-Bereich geschlagen, sondern auch in den Unternehmen und bei den Mitarbeitern, die nach dem besten Produktivitätswerkzeug für den mobilen Einsatz suchen.
Während sich Apple mit seinem Produkten traditionell eher an Konsumenten wendet, legt Blackberry seinen Schwerpunkt viel stärker auf das Business. Insofern sieht Al Sacco in RIM auch den deutlichsten Antipoden im Markt, wenngleich es auch andere Hersteller wie Motorola, HP oder Samsung gibt, die an der Schlacht teilnehmen werden.
Welcher Tablet-PC nun besser fürs Geschäft ist, versucht CIO.com-Autor Sacco anhand von sieben Überlegungen zu klären, die IT-Einkäufer und -Anwender in den Unternehmen berücksichtigen sollten.
1. Sicherheitsfragen
Die Sicherheit der mobilen Geräte ist wahrscheinlich der wichtigste Faktor bei den Überlegungen im Unternehmen, entweder das iPad oder das Playbook einzusetzen.
Das Playbook wird laut RIM schon mit den wichtigsten Sicherheitsfunktionen auf die Welt kommen. Wenngleich es über die konkreten Sicherheits-Features von RIM noch keine genauen Auskünfte gibt: Die zuerst erscheinende WiFi-Version des Playbooks wird überhaupt keine Unternehmensdaten auf dem Gerät speichern, sondern auf solche Daten ausschließlich über ein mit dem Blackberry Enterprise Server (BES) verbundenes Blackberry Smartphone zugreifen. Logischerweise können Datenlecks auf dem Playbook so nicht entstehen, weil dort überhaupt keine sensiblen Daten zu finden sein werden.
Für Unternehmen aber, die bisher keine Blackberrys einsetzen, ist die Zwangsvereinigung von Playbook und Blackberry ein klarer Minuspunkt, und so werden sicher einige Firmen ein iPad 2 oder ein anderes Tablet schon aus dem Grund bevorzugen, dass diese Hardware-Kombi nicht nötig ist.
2. Playbook wird über den Blackberry Enterprise Server abgesichert
Umgekehrt: Unternehmen, die schon auf Blackberry setzen, werden damit gut fahren, weil sie mit den Smartphones und dem BES schon die optimale Sicherheitsumgebung für das Playbook am Laufen haben. Das iPad 2 hängt sich für die meisten seiner unternehmensweiten Sicherheitsfunktionen an die Exchange-Infrastruktur von Microsoft. Und was dabei noch fehlt, übernehmen auf Wunsch Tools für das Mobile Device Management (MDM) von Drittanbietern.
Unterm Strich: Für "Blackberry-Unternehmen" sollte es keine Frage sein, auf das Playbook als erste Wahl zu schauen: Nach der Einrichtung des BES sind alle Policies schon vorhanden, die das RIM-Tablet im Unternehmenseinsatz benötigt.
Die Exchange-Fraktion und Firmen, die ihre Sicherheits-Tools schon für das iPhone angeschafft haben, können alternativ auch mit dem iPad planen. Hier würde die Anschaffung des Playbook zwingend den BES und Blackberrys voraussetzen.
3. Kommt es auf die Größe an?
Einer der offensichtlichen Unterschiede zwischen Playbook und iPad ist die Größe der Geräte. Das Playbook ist mit 7,6 x 5,1 Zoll deutlich kleiner als das iPad mit seinen 9,5 x 7,3 Zoll. Das Playbook ist also wesentlich schmaler, dafür ist das iPad dünner. So gesehen setzt das Playbook auf Portabilität vor Bildschirmgröße, während man bei Apple genau andersherum verfährt. Die Frage dazu stellen die Unternehmen selber: Ist ihnen Tragbarkeit wichtiger als Bildschirmgröße?
4. Konnektivität und Verfügbarkeit
RIM hat bekannt gegeben, dass die WiFi-only-Version des Playbook im ersten Quartal 2011, also noch im März, verfügbar sein wird. Gerüchte halber verschiebt sich der Launch aber erneut - jetzt auf den 10. April.
RIM spricht daneben auch von HSPA+-, 4G-, WiMax- und LTE-Ausgaben des Tablets, ohne aber Veröffentlichungstermine dafür zu nennen. "Irgendwann im Sommer" soll es in den USA immerhin die WiMax-Variante geben.
Das iPad 1 von Apple gibt es dagegen bereits ein Jahr, das iPad 2 seit dem 11. März in den USA, ab Ende März (voraussichtlich) auch in Deutschland. Ein klarer Vorsprung für Apple von mindestens einem Monat. Allerdings wird Apple zunächst keine 4G-Variante des iPad anbieten, das behält sich der Konzern entweder für ein späteres Upgrade oder für das iPad 3 vor.
Wer also nicht mehr länger auf die ermüdend häufig angekündigten iPad-Rivalen warten möchte, kommt am Original derzeit nicht vorbei. Unternehmen aber, die schnellere Datenübertragungsraten für erfolgskritisch halten und zudem auch noch bis zum Sommer warten können, fahren mit dem Playbook in 4G besser und sollten das iPad 2 mindestens überspringen.
5. Preise
RIM hat noch keine Preise für die unterschiedlichen Darreichungsformen des Playbook bekannt gegeben. Die Gerüchte sprechen von einem Einstiegspreis von 500 US-Dollar für die 16-GByte WiFi-Version - das wäre exakt der Preis für das entsprechend ausgestattete iPad 2. Wenn RIM den Dollar genau so mit 1:1 umrechnet wie Apple, dann wird es in Deutschland ebenfalls für 500 Euro zu haben sein.
Apple hat dagegen für die iPad-2-Varianten die Preise benannt: Das WiFi-iPad 2 mit 32 GByte kostet 600 US-Dollar, das mit 64 GByte Speicher 700. Die 3G-Varianten schlagen bei 16 GByte mit 630 Dollar, bei 32 GByte mit 730 und bei 64 GByte mit 830 US-Dollar zu Buche.
In diesen Speichergrößen wird es auch das Playbook geben. Möglicherweise wird es die HSPA+- und 4G-Playbooks aufgrund gesponsorter Providerangebote billiger geben als die iPads. Möglicherweise, denn offiziell kann das derzeit noch niemand sagen. Aber wenn es so sein sollte, dann ist auch der unterschiedliche Preis ein echter Wettbewerbsfaktor.
6. Arbeitsspeicher
In typischer Apple-Manier schreibt der Konzern auf seiner Webseite zwar über die Spezifikationen des iPad 2, lässt aber wichtige Informationen weg, darunter die über die Größe des Arbeitsspeichers. Genaues weiß man hier also nicht, aber wenn man einem Apple-Vertreter aus Großbritannien Glauben schenkt, dann kommt das Tablet mit ärmlichen 256 MByte auf den Markt; selbst das iPhone 4 bietet mit 512 MByte das Doppelte. Wenn das stimmt, werden die iPad 2-Benutzer mit dem einen oder anderen Performance-Aussetzer zu kämpfen haben, wie kraftvoll der Dual-Core-Prozessor auch sein mag. Wahrscheinlicher ist daher, dass auch das iPad 2 mit 256 MByte Arbeitsspeicher kommen wird, wenngleich es misstrauisch macht, dass Apple sich in dieser Frage so bedeckt hält.
Das Playbook wird unabhängig von Apple mit mindestens einem vollen GByte RAM auf den Markt kommen. Beim iPad dürfte das bereits die Obergrenze sein, beim Playbook nicht. In der Frage des Arbeitsspeichers liegt das Playbook also mutmaßlich vorne. Aus Unternehmenssicht könnte die Speicherfrage dann wichtig sein, wenn man dort plant, ressourcenintensive Apps oder Dienste auf den Tablets laufen zu lassen.
7. Kameras und Videoconferencing
Sowohl Playbook als auch iPad 2 verfügen über je eine Kamera auf der Vorder- und Rückseite. Die Rückkamera beim iPad 2 bietet eine Auflösung von 720 Pixeln in HD-Format mit einer Framerate von 30 Bildern pro Sekunde (fps) und einen 5-fach-Zoom. Die niedriger aufgelöste Kamera an der Vorderseite schafft VGA-Auflösung (640 x 480) und ebenfalls 30 fps. Wie viele Megapixel die mit den beiden Kameras geschossenen Fotos haben, ist dagegen nicht bekannt. Im Playbook wird eine 3-Megapixel-Frontkamera zu finden sein, die Rückseite schafft sogar 5-Megapixel-Bilder. Die Videoauflösung beträgt dort 1080 Pixel im HD-Format.
Bei den Werten für die Kameras scheint das Playbook also dem iPad überlegen zu sein. Dagegen hat Apple einen Vorteil beim Thema Videoconferencing, weil es mit dem stilbildenden Facetime bereits eine proprietäre App dafür anzubieten hat. Es ist aber damit zu rechnen, dass es ähnliche Anwendungen auch von Blackberry geben wird, alles andere jedenfalls macht bei der erwähnten Ausstattung mit Kameras keinen Sinn.
8. Haltbarkeit
Die folgende Spekulation sollte man mit Vorsicht genießen, denn sie ist vor allem eins: Spekulation. Aber danach wird das Playbook sich als haltbarer erweisen als das iPad. Das hängt einerseits mit der geringeren Größe zusammen, andererseits mit der gummiartigen Hülle. Im rauen Firmenalltag wird aber genau diese Haltbarkeit ein wichtiger Faktor für die Entscheidungsfindung für das ein oder andere Gerät sein.
Grundsätzlich sind die Glas-Displays beider Geräte die jeweils verwundbarsten Stellen. Je größer der Bildschirm, desto größer ist logischerweise die Gefahr eines Glasbruchs. Wir hatten noch kein iPad 2 in der Hand, und entsprechend ist es schwer zu schätzen, wie stabil das Display wirklich sein wird. Aber Tests mit Pre-Releases des Playbook legen die Vermutung nahe, dass der Bildschirm dieses Gerätes mindestens stabiler ist als der des ersten iPad. Und da es keine Hinweise gibt, dass sich der Bildschirm von iPad 1 zu iPad 2 geändert hat, wird das auch mit der zweiten Generation des Apple-Tablets wohl so bleiben.
Es wird aber auf jeden Fall auch neben Apple und RIM Firmen geben, die spezielle Hüllen für den Schutz der empfindlichen Glasoberflächen anbieten werden. Aber die machen die Geräte nicht handlicher, und wer auf weniger Gewicht und Größe statt auf einen großen Bildschirm setzt, der wird diese Umverpackungen nicht gerade mögen. Das aber bedeutet, dass das Playbook sich für Außendienstler in schwieriger Umgebung insgesamt ein wenig mehr zu eignen scheint als das iPad 2.