Perfekte Schreibmaschine für Autoren

iPad als Schreibmaschine: Apps und Zubehör für Profis

21.03.2019 von Christian Rentrop
Von Anfang an hat Apple das iPad als Kreativwerkzeug für Schreiberlinge wie Schriftsteller, Autoren oder Journalisten vermarktet. Das ursprüngliche Keyboard-Dock gibt es zwar längst nicht mehr, dafür zahlreiche Apps und praktisches Zubehör, mit dem das Tablet zur nützlichen Schreibmaschine wird. Für Schriftsteller und Autoren reicht das völlig.
Apple iPad Pro mit Pencil und Tastaturhülle
Foto: duangphorn wiriya - shutterstock.com

Haben Sie jemals den Film "Rum Diary" gesehen? Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman der Journalisten-Legende Hunter S. Thompson, von dem er – als seinem Alter Ego Paul Kemp, im Film verkörpert von Johnny Depp – auch handelt. Wie schon in "Fear & Loathing in Las Vegas" ist die Handlung des Films im Grunde nebensächlich: Primär geht es um Alkohol, viel Alkohol und den daraus resultierenden chaotischen Folgen bei der Journalistenarbeit auf Puerto Rico in den späten 1950ern.

Jedes denkbare Klischee der kreativen Bohème wird im "Rum Diary" abgefeiert: Darunter auch die im Film anachronistische, aber trotzdem ziemlich schwere Najajima-Schreibmaschine, die Kemp-Thompson-Depp ständig umständlich in der Gegend herumschleppt. Heute würde der Autor und Protagonist vermutlich zu leichterem Gerät greifen: Er hätte vielleicht ein Macbook Pro – oder gleich ein iPad. Denn auch das ist inzwischen ein ausgesprochen praktisches Schreibgerät für Autoren und solche, die es werden wollen.

Swiftkey erleichtert das Tippen auf der Bildschirmtastatur massiv

Das iPad als perfekte Schreibmaschine

Natürlich ist das iPad kein Garant für einen Bestseller – aber es kann durchaus beim spontanen und vor allem ablenkungsfreien Schreiben helfen. Als moderne Form der Schreibmaschine eignet sie sich natürlich dazu, erfolgreich Romane, Artikel und Essays fabrizieren. Besser sogar als ein Macbook, bei dem Programmfenster stören und jederzeit die Facebook-Prokrastination in Hintergrund lauert.

Die anderen Vorteile des iPads sind bekannt: Das Apple-Tablet ist klein, leicht, besitzt eine lange Akkulaufzeit und ist damit mobil und sofort einsatzbereit. Das ist natürlich ideal für kreative Ergüsse. Zumal es schon in der Grundausstattung die nötige Software mitbringt: Die Notizen-App eignet sich nämlich hervorragend, um erste Sätze zu Papier zu bringen. Wer mehr will, kann bei allen nach dem 01.09.2013 gekauften iPads auch kostenlos die iWork-Apps von Apple laden, darunter befindet sich auch die leistungsstarke Textverarbeitung Pages. Bei Geräten aktuellster Bauart, die mit iOS 12 ausgeliefert wurden und mindestens 32 Gigabyte Speicher haben, werden diese Programme nach der Einrichtung automatisch installiert.

Pages ist praktisch für erste Schreibversuche, weil es an bekannte Textverarbeitungen wie Word erinnert. Und dank der iCloud ist es direkt optimal an seine Mac-Version angebunden. Die liegt seit 2014 ebenfalls jedem Mac kostenlos bei. Zudem gibt es eine Reihe anderer praktischer Apps, die allerdings eine gewisse Grundinvestition erfordern (siehe unten). Autoren, die das iPad als Schreibmaschine nutzen wollen, können jedoch schon mit der Grundausstattung loslegen – zumal die Bildschirmtastatur für erste Schreibversuche mehr als ausreichend ist.

Eine Alternative zu SwiftKey ist GoKeyboard

Am Anfang steht eine vernünftige Tastatur

Ein Hunter S. Thompson wird man zwar nicht, wenn man nur auf der Bildschirmtastatur schreibt. Die ist zwar brauchbar, zwingt aber zu einer linkischen Schreibposition. Zudem fehlen die Cursortasten und einige Sonderzeichen sind schwer oder gar nicht erreichbar. Das ist vor allem auf den "kleinen" iPads mit 7,9" oder 9,7" spürbar; das große iPad Pro mit 12,9"-Bildschirm hat eine deutlich erweiterte Bildschirmtastatur, deren Größe mit "klassischen" Tastaturen vergleichbar ist.

Alternativ können seit iOS 8 zusätzliche Keyboards installiert werden: Im App-Store gibt es zum Beispiel Go Keyboard oder die App SwiftKey, die beide einen sogenannten Swipe-Mode besitzen. Statt Wörter zu tippen, werden die Buchstaben schnell durch mit einem Fingerwisch verbunden – ideal, um mit nur einer Hand zu schreiben und schneller zu tippen. Allerdings muss die Tastatur angelernt werden: Wörter, die die App nicht kennt, können auf diese Weise zunächst nicht eingeben werden.

Praktisch auch: Bei SwiftKey muss nur so lange gewischt werden, bis das jeweilige Wort als Vorschlag auftaucht. Lässt man los, wird es eingefügt. Bei wieder und wieder verwendeten Bandwurm-Begriffen eine echte Hilfe. Übrigens gibt es inzwischen eine Vielzahl vergleichbarer iPad-Keyboards im App Store – dummerweise sind nur wenige mit einem deutschen Tastaturlayout ausgestattet. Richtig aussichtsreiche Kandidaten wie Microsofts Word Flow Keyboard haben es bis heute nicht in den deutschen App Store geschafft.

Sehen praktisch aus, sind aber aufgrund der geringen Größe nicht zu empfehlen: Clamcases wie das ZaggFolio
Foto: Zagg

Hardware-Keyboard ist (fast) immer die bessere Wahl

Allen App-Spielereien zum Trotz: Für schnelles, entspanntes Schreiben benötigen echte Autoren auch eine echte Tastatur. Schon aus Gründen der Ergonomie. Die sollte natürlich nicht nur mobil sein, sondern auch größenmäßig mit der "normalen" Tastatur an PC und Mac vergleichbar sein. Damit fallen Tastatur-Hüllen und solche, die das iPad in ein kleines Notebook verwandeln wie etwa das SlimBook von Zagg für alle "kleinen" iPads flach: Die Keyboards werden durch die geringe Bildschirmbreite schlicht zu klein für angenehmes Schreiben.

Zudem haben die meisten Keyboard-Case-Lösungen – von Apples hauseigenem Smart Keyboard für den Smart Connector abgesehen – die unangenehme Eigenschaft, die Vorzüge eines Tablets zu vernichten: Sie tragen oft extrem auf und lassen sich nur schwer entfernen. Die Tastatur selbst ist zumeist per Bluetooth angebunden und benötigt deshalb ein eigenes Ladekabel. Murphys Gesetz verspricht zudem, dass sie immer genau dann leer ist, wenn das Kabel weit entfernt und der kreative Drang am größten ist.

Von daher empfiehlt es sich, entweder den Smart Connector zu verwenden – oder eine physisch vom iPad getrennte Tastatur! Die ist in Sachen Layout und Größe mit der Mac-Tastatur vergleichbar oder ist sogar eine reguläre Apple-Tastatur. Die Umstiegshürde fällt damit, Stichwort Muskelgedächtnis, minimal aus.

Gerade für iPad-Autoren, die nur wenig unterwegs sind, ist daher eine Bluetooth-Tastatur in normaler Größe empfehlenswert: Es muss natürlich nicht das teure Magic Keyboard sein: Logitech hat mit der K380, der K480 gleich zwei Keyboards im Programm, die sich mit dem iPad und dem Mac gleichzeitig koppeln lassen. In Kombination mit einer einfachen Hülle mit Aufstellfunktion – etwa Apples Smart Case oder die hübschen Lederhüllen von Kavaj oder Stilgut die ideale Kombi, um angenehmes Schreiben mit dem iPad zu ermöglichen.

Apples SmartKeyboard ist für große iPad Pro ein praktischer Helfer.
Foto: Apple

Die richtigen Apps für Vielschreiber

Natürlich sollten sich Autoren auch um das richtige Schreibwerkzeug in Form einer App bemühen. Zwar reichen die Notizen-App und Pages für den Anfang, doch richtige Freude mag bei deren Nutzung nicht aufkommen. Der Grund: Die Notizen-App ist in vielerlei Hinsicht unpraktisch und konzeptionell eher auf, nunja: Notizen ausgerichtet. Pages hingegen ist als vollumfängliche Textverarbeitung durch seine vielen Optionen und Menüs eher für Gelegenheitsschreiber und das Zusammenstellen aufwändiger Dokumente – wie Infoblätter oder Briefe – geeignet. Funktionen wie Schriftarten- und Größenauswahl, das Einfügen von Bildelementen oder Grafiken und andere im Office durchaus sinnvolle Optionen können massiv ablenken und den Schreibfluss dadurch erheblich stören.

An der Ergonomie ist beim iPad Pro auch noch zu feilen. Vielschreiber sollten besser zu einem externen Keyboard greifen.
Foto: Apple

Das haben auch viele App-Entwickler inzwischen erkannt und dementsprechend Apps wie etwa iAWriter herausgebracht, die das Schreiben im wahrsten Sinne des Wortes fokussieren: Vergleichbar mit einem einfachen Text-Editor nutzen sie fast durch die Reihe sogenannte Markdown-Befehle, um Basis-Formatierungen – etwa Überschriften, Fettdruck oder Kursivschrift – einzufügen. Markdown wird über Steuerungsbefehle eingegeben: Stellt man dem Absatz zum Beispiel eine Raute vor, wird dieser zu einer Überschrift. Ein Sternchen vor und hinter einem Wort oder einem Satz setzt die Worte kursiv, je zwei Sternchen setzen sie fett und so weiter.

Der Vorteil? Der Schreiber muss die Hände nicht mehr von der Tastatur nehmen, um Formatierungen vorzunehmen. Mit ein wenig Übung kann ein Dokument so schnell und ohne lästiges Wischen auf dem iPad-Bildschirm formatiert und aufbereitet werden. Später kann derart formatierter Text leicht in Schriftsatz oder eine Website konvertiert werden. Übrigens: Auch Blog-Dienste wie Wordpress unterstützen diese Art der Ausgabe inzwischen. Gesichert und synchronisiert wird wird bei diesen Apps übrigens in aller Regel per iCloud, Dropbox oder vergleichbaren Diensten – so kann der Autor ein Dokument ohne Weiteres an mehreren Macs und iPads (oder sogar dem iPhone) bearbeiten.

Natürlich gibt es reihenweise Apps, die mit iAWriter vergleichbar sind, darunter ByWord , OmmWriter, Editorial oder Textkraft. Zusätzlich haben auch professionelle Autoren-Suiten wie Ulysses und Scrivener inzwischen ihren Weg auf das iPad gefunden. Diese sind allerdings weit mehr als reine Text-Editoren und ermöglichen

Eine Aufstell-Hülle wie dieses Modell von Kavaj rüstet das iPad im Zusammenspiel mit einer externen Tastatur zum perfekten Schreib- und Lesegerät auf.
Foto: Kavaj

Fünf praktische Apps für Autoren

Scrivener

Scrivener ist nicht nur ein Schreibprogramm, sondern ein ganzes Autoren-Toolkit: Einzelne Texte, Plots, Charakterentwürfe, Notizen und viel mehr finden hier in einer App Platz.

Ulysses

Auch Ulysses ist ein Autoren-Tool, das beim Fokussieren hilft: Projekte können organisiert und Schreibziele definiert werden. Vielseitige Synchronisations- und Exportfunktionen helfen bei der Zusammenarbeit mit iPhone und Mac.

iAWriter

Wer es einfacher (und günstiger) mag, findet mit iAWriter den passenden Partner: Die Markdown-App konzentriert sich auf den Schreibprozess an sich, ablenkende Zusatzfeatures muss der Autor mit der Lupe suchen. Schön ist der angenehme Schreibmaschinen-Modus.

ByWord

ByWord ist die günstige Alternative zu iAWriter und noch eine Spur reduzierter: Bis auf das eigentliche Markdown-Schreiben und eine ordentliche Cloud-Synchronisation gibt es kaum Einstellmöglichkeiten. Dafür ist Schreiben hier besonders entspannt.

Textkraft

Textkraft ist besonders auf die Verwendung mit der integrierten iOS-Tastatur optimiert. Zahlreiche Sondertasten helfen dabei, Text effektiv zu schreiben und zu bearbeiten. Die Bedienung ist dadurch nicht immer schlüssig, beherrscht man die App jedoch, erlaubt sie effektives Arbeiten.

Ein wenig Ergonomie wagen

Zuguterletzt noch ein Wort zur Ergonomie: Wer wirklich viel auf dem iPad schreiben möchte, sollte die Ergonomie nicht außer Acht lassen: Das vornübergebeugte Schreiben, das das iPad im Normalbetrieb ohne externe Tastatur und Hülle zwingend nötig macht, sollte möglichst vermieden werden – es drohen Schulter-Arm-Syndrom, Nackenbeschwerden und andere gesundheitliche Probleme. Am Schreibplatz sollte das iPad daher möglichst hoch gesetzt werden, höher, als übliche Aufstelllösungen erlauben.

Lösungen dafür gibt es zum Glück in großer Zahl: Da sind einerseits Schwanenhals-Halterungen, die von Herstellern wie xMount oder EasyAcc angeboten werden. In die wird das iPad einfach eingeklemmt. Einfachere Ständer-Lösungen aus Alu, auf die das iPad gestellt wird und die das Gerät zu einem "kleinen iMac" machen, werden ebenfalls vielfältig (und zumeist aus chinesischer Produktion) unter verschiedenen Markennamen vertrieben.

Mit der Notizen-App bringt iOS ab Werk ein brauchbares Schreibwerkzeug mit.

Fazit: Auf die richtige Ausstattung kommt es an

Man muss sicher kein Hunter S. Thompson sein, um mit dem iPad zu schreiben – doch die zahlreichen auf professionelles Schreiben ausgelegten Apps, die große Auswahl an verfügbaren Tastatur-Lösungen, das geringe Gewicht und die einfache Bedienung des iPads können dabei helfen, einer zu werden. Könnten die großen Autoren des Schreibmaschinen-Zeitalters – neben Thompson zum Beispiel Hemmingway, Joyce, Lindgren oder Tolkien – heute wählen, mit welchem Gerät sie arbeiten möchten: Es wäre höchstwahrscheinlich ein iPad!

Mehr Office-Tool als Schreibhilfe: Pages kann viel, für reine Schreibarbeit gibt es aber bessere Lösungen.
Foto: Apple

Fünf iPad-Keyboards, die sich lohnen

Apple Magic Keyboard

Foto: Apple

Nicht nur für den Mac, sondern natürlich auch für das iPad geeignet ist Apples Magic Keyboard – egal ob in der neuen oder alten Fassung. Dummerweise ist das recht teuer und vergleichsweise sperrig, bietet aber den wohl besten Schreibkomfort.

Hama Key2Go X500

Foto: Hama

Deutlich günstiger ist das Hama-Bluetooth-Keyboard für iPad. Sein Vorteil ist, neben dem kleineren Formfaktor und dem geringen Preis ist vor allem der Betrieb mit zwei AAA-Batterien. Es ist eine Spur kleiner als "normale" Tastaturen, was aber nicht problematisch ist.

Logitech Create/Apple Smart Keyboard

Foto: Logitech

Wer ein iPad Pro besitzt, findet derzeit mit dem Logitech Create (nur für Version 1) und natürlich Apples Smart Keyboard eine praktische Tastatur ohne eigene Stromversorgung. Für das 9,7"-iPad ist sie allerdings arg klein geraten. Beide Lösungen sind arg teuer.

Logitech K480/K780

Foto:

Wer kann, sollte daher auf externe Lösungen ausweichen. Wer mehrere Geräte nutzen will, greift zur Logitech-Lösung K780 oder, kleiner, der K480: Beide Tastaturen können mit bis zu drei Geräten gekoppelt werden und besitzen eine Tablet-Halterung.

Clam-Cases wie z.B. ZaggFolio

Foto: Zagg

Clam-Cases wie das ZaggFolio verwandeln das iPad in ein kleines Notebook. Für Gelegenheitsschreiber, die ein iPad als Notebookersatz neben einem Mac verwenden wollen, eine praktische Lösung. Für Vielschreiber sind die Tasten allerdings unergonomisch. (Macwelt)