In dieser Woche hat Apple mit dem iPhone 11, iPhone 11 Pro und iPhone 11 Pro Max seine neueste Smartphone-Generation vorgestellt, die iPhone XR, iPhone XS und XS Max ersetzt. Während Apple einige Dinge neu macht – dazu gehört vor allem die neue Kamera – fragt man sich an anderer Stelle, warum Apple die Notch nicht verkleinert oder Reverse Charging einbaut. Deshalb finden Sie nachfolgend Gründe für und gegen den Kauf eines neuen iPhone 11 (Pro).
Fünf Gründe gegen das iPhone 11 (Pro)
Grund 1: iPhone 11 Pro ist zu wenig "Pro"
Auf der Apple-Seite heißt es zum iPhone 11 Pro: "Willkommen zum ersten iPhone, das leistungsstark genug ist, um Pro zu heißen!". Das ist natürlich Quatsch. Denn das "normale" iPhone 11 arbeitet mit dem gleichen A13-Prozessor wie die beiden Pro-Modelle. Es hat auch viele der gleichen Kamerafunktionen inklusive Ultraweitwinkel. Und die von Apple angegebene Akkulaufzeit von 18 bis 20 Stunden ist gegenüber den 17 Stunden des iPhone 11 kaum besser. Grundsätzlich ist das iPhone 11 Pro nicht mehr "Pro" als es das iPhone XS war. Apple entschied sich aber für einen neuen Namen, der Pro-Features suggeriert, hat es aber nicht 100-prozentig umgesetzt.
Während iPad Pro, iMac Pro, MacBook Pro und Mac Pro sich mit bedeutenden und offensichtlichen Upgrades gegenüber ihren günstigeren Pendants abheben, ist das "Pro" im Namen des iPhone 11 Pro reines Marketing. Apple hat dem Modell keine echten professionellen Updates spendiert – außer den Dingen, die es sowieso bekommen hätte. Auch das sogenannte XDR-Display mit höherer Helligkeit und besserem Kontrast, rechtfertigen kein "Pro" gegenüber dem iPhone-11-Display.
Grund 2: Die Notch bleibt gleich
Die größte Design-Änderung des iPhone 11 (Pro) findet sich auf der Rückseite der Geräte. Die Vorderseite ist hingegen ziemlich ähnlich. Vor allem da es keine Optimierungen der Notch gibt. Die ist noch immer so groß und breit wie bei den Vorgänger-Modellen. Klar, technisch braucht Apple die Notch für die Sensoren von FaceID. Aber ginge die Notch nicht auch kleiner? Die iPhone-Notch gehört mit Abstand zu den größten Display-Aussparungen auf dem Markt. Das zeigt uns unter anderem, dass das neue iPhone 11 (Pro) für Apple nur ein "kleineres" Update des iPhone XS ist auf dem Weg zum nächsten iPhone, dass uns 2020 vermutlich mit Revolutionen überraschen wird. Denn Gerüchten zufolge soll das iPhone 11 (Pro) die letzte Generation im iPhone-X-Design sein.
Grund 3: Kamera-Design erinnert an Elektro-Rasierer
Während einige Android-Smartphones bereits auf drei und mehr Kameras auf der Rückseite setzen, hielt Apple lange am Dual-Kamera-Konzept fest. Doch Apple hat nun auch erkannt, dass eine weitere Kamera im iPhone 11 Pro und Pro Max für echte Weitwinkelaufnahmen durchaus Sinn ergibt. Eine zusätzliche Kamera bedeutet auch ein neues Design, bei dem uns die Frage erlaubt sei: Was hat sich Apple denn dabei gedacht?!
Das Kamera-Setup befindet sich jetzt beim Blick auf die Rückseite oben links in der Ecke in einem aus dem Gehäuse leicht herausragenden Quadrat, in dem die einzelnen Kameras in einer dreieckigen Anordnung platziert sind, die noch einmal hervorstehen. Wie man auf eine solche Idee kommt? Vermutlich stand der Designer eines Morgens mit seinem Elektrorasierer vorm Spiegel und dachte sich: "Moment, das ist es! Genau so wird die Kamera des iPhone 11 aussehen". Tatsächlich ist der Vergleich so offensichtlich, dass sich bereits Dutzende von Memes dazu im Internet wie Lauffeuer verbreiten und für Lacher sorgen. Na ja, immerhin kann man jetzt die 11er-Generation von den Vorgängern unterscheiden – wenn das ein Trost ist!
Grund 4: Immer noch 64 GB als kleinste Größe
Apple bietet seine drei neuen iPhone-Modelle in je drei Speichergrößen an – alle starten bei 64 GB. Für das iPhone 11 Pro Max zahlen Sie mit der kleinsten Speichergröße satte 1249 Euro. Und das in Zeiten, in denen Sie ein Samsung Galaxy S10+ mit 1-TB-Speicher zum gleichen Preis (teilweise sogar günstiger) bekommen, dessen Speicher Sie sogar noch per Micro-SD-Karte erweitern können.
Apple versucht durch diese kleine "Manipulation" die mittlere Speichergröße attraktiver zu machen, die in der Produktion kaum teurer ist, aber bei den Pro-Modellen 170 Euro einbringt. Beim iPhone 11 sind es von 64 auf 128 GB 50 Euro, auf 256 GB ebenfalls 170 Euro. Da die iPhones traditionell keine Speicherkarte schlucken, werden Kunden daher eher zu dem nächstgrößeren Speicher greifen.
Grund 5: Kein Reverse Charging, 5G oder USB-C
Im Vorfeld der offiziellen Vorstellung des iPhone 11 (Pro) ging man davon aus, dass es Reverse Charging unterstützen würde, womit es andere Geräte wie AirPods drahtlos laden könnte. Während Huawei und Samsung auf eine solche Funktion setzen, verzichtet Apple beim iPhone 11 (Pro) darauf – schade! Auch der neue Mobilfunkstandard 5G, der in Deutschland gerade ausgebaut wird, spielt beim iPhone keine Rolle, denn das kann "nur" LTE.
Bis 5G hierzulande flächendeckend verfügbar ist, dauert es allerdings noch etwas und Apple braucht schließlich noch Funktionen, die sie mit dem nächsten Modell als Sensation verkaufen können.
Auch fehlt USB-C, um das iPhone 11 Pro wirklich "Pro" zu machen. USB-C hätte einige Vorteile gegenüber Lightning, gerade was Ladegeschwindigkeit, Datenaustausch und Einsatzmöglichkeiten angeht. Aber Apple sperrt sich ja generell dagegen, einen Austausch von Daten mit anderen Geräten einfach zu gestalten. Dass Apple USB-C kann, beweisen sie unter anderem mit ihren Macbooks (Test zum Macbook Air) und den iPad-Pro-Modellen von 2018.
Fünf Gründe für das iPhone 11 Pro
Grund 1: Starker A13 Bionic Prozessor
Der Prozessor ist das Herzstück in jedem iPhone, Apple setzt seit Jahren auf eine Eigenentwicklung und das zahlt sich aus: Mittlerweile werden die Chips aus der A-Serien mit denen in Laptops verglichen und können sich selbst bei solchen schiefen Vergleichen noch sehen lassen. Anandtech hat beispielsweise herausgefunden, dass der A12 Bionic leistungsfähiger als manche Skylake-Prozessoren von Intel ist. Dazu werden Apples Prozessoren immer energieeffizienter, der gleiche Test hat beim A12 rund die Hälfte des Akkuverbrauchs bei der gleichen Leistungsfähigkeit gemessen im Vergleich zu den meisten Android-Smartphones.
Der A13 setzt diese Entwicklung fort: Wenn die Messungen bei Geekbench stimmen, ist der neue Prozessor um etwa 20 Prozent schneller als der Vorgänger. Die Vorteile der Eigenentwicklung zeigen sich in den Bereichen Maschinelles Lernen, FaceID oder Kamera: Die Prozessoren bzw. Kerne darin werden für bestimmte Aufgaben dezidiert, so ist es keine Wunder, dass die FaceID von Jahr zu Jahr schneller wird.
Grund 2: Neue Kamera
Mit einer Dreifach-Kamere auf der Rückseite des Smartphones kann man heutzutage niemanden erstaunen. Doch für ein iPhone ist es ein großer Schritt. Wir erinnern uns: Bis iPhone 7 Plus (erschienen 2016) hatten die Vorgänger nur eine Kamera, den Sprung von einer auf die zwei Kameras hat Apple also nach neun Jahren (seit dem iPhone-Start) gewagt. Die dritte Kamera erscheint also nur nach drei Generationen, auch hier hat sich der Hersteller gut überlegt, was er damit macht.
Denn selbst für Branchen-Insider war die Superweitwinkel-Kamera eine Überraschung. Und diese erweitert die Realität in der Fotomediathek nicht im übertragenen, sondern im eigentlichen Sinne: Wie die ersten Tests zeigen, liefern die Fotos an den beiden Seiten des Motivs noch deutlich mehr Informationen, als ob man jedes Bild mit einer Panorama-Funktion aufgenommen hat. Apple geht so weit, seine iPhones bzw. Kameras für professionelle Fotografen und Filmer zu bewerben, warum auch nicht? Schließlich waren es iPhone und Co., die die Digitalkameras der niedrigen und mittleren Klasse aus dem Markt gedrängt haben.
Grund 3: iPhone-11-Preis sinkt gegenüber Vorjahr
Um die rückläufigen Verkäufe des iPhones zu bekämpfen, setzt Apple seit ein paar Jahren auf diverse Programme wie Trade In. Der Kunde gibt sein altes Gerät ab und bekommt gegen eine Anzahlung ein komplett neues. So bewirbt Apple eigene Smartphone mit dem Preis von 589 Euro (iPhone 11), allerdings mit Eintausch eines iPhone 8 Plus mit 64 GB (Beispielrechnung).
Ohne diese Option kostet der Nachfolger von iPhone XR immerhin 799 Euro für 64 GB. Noch vor einem Jahr verlangte Apple für das vergleichbare iPhone XR 849 Euro, ein Nachlass von 50 Euro gegenüber dem Vorjahr. Bei den größeren Speichergrößen das gleiche Bild: Das 128-GB-Modell kostete vor einem Jahr 909 Euro, jetzt "nur" 849 Euro, für 256 GB musste man 2018 noch 1019 Euro zahlen, jetzt – 969 Euro. Die Preise für das iPhone 11 Pro und iPhone 11 Pro Max sind die gleichen geblieben.
Grund 4: Akku lädt jetzt deutlich schneller
Nur kurz hat Phil Schiller auf der Bühne angedeutet, dass der Akkulaufzeiten gestiegen sind, um vier Stunden beim iPhone 11 Pro und um fünf Stunden beim iPhone 11 Pro Max. Das ist unseres Erachtens die größte Steigerung der Akkulaufzeiten seit dem iPhone-Start. Ob Apple tatsächlich einen größeren Akku eingebaut hat, muss sich noch klären: Der Hersteller aktualisiert seine rechtlichen Unterlagen mit Produktinformationen mit Verzug von ein paar Wochen.
Aber selbst wenn das iPhone 11 Pro einen leistungsstärkeren Akkumulator eingebaut bekommen hat, erklärt dies nicht die Verlängerung der Akku-Laufzeiten um knapp 30 Prozent. Apple hat vor allem seinen Chip nicht nur auf die Leistung, sondern auf Effizienz getrimmt. Neben den vier Effizienz-Chips, die die meisten Aufgaben übernehmen hat sich der Hersteller ein smartes Energieablieferungssystem überlegt: Nur die Bereiche im Prozessor, die aktuell tatsächlich arbeiten, erhalten die Energie vom Akku, der Rest bleibt auf Grundversorgung.
Grund 5: One more thing ...
Bei der Präsentation waren ein paar Details dabei, die vereinzelt nicht großartig auffallen müssen. So ist das neue iPhone bis zu einer Tiefe von vier Metern statt bisher nur zwei vor Wasser geschützt. Apple hat offenbar ein noch bruchfesteres Glas eingebaut, die ersten Falltests in wenigen Wochen werden zeigen, wie beständig die neuen Modelle sind.
Doch das sind nur zwei Puzzle-Stücke aus dem größeren Bild, wir nehmen noch dazu Smart Charging, das mit iOS 13 kommt und die Akkulebenszeiten um einiges verlängern soll, die deutlich reduzierten Reparatur-Preise (im Vergleich mit 2017) beim Akku-Tausch, das neue Reparaturprogramm mit unabhängigen Dienstleistern, die extrem leistungsfähige Chips, die auch in drei bis vier Jahren in der Mittelklasse bleiben werden, die Versorgung mit neusten Updates für mindestens fünf Jahre – Apple hat somit ein Paket geschnürt, das ein extrem nachhaltiges Smartphone beinhaltet.
Die Nachhaltigkeit war bei den Smartphone-Tests noch nie ein Aspekt, aber spätestens 2019 muss man sich Gedanken machen, was aus dem jetzt noch glänzenden Handy in zwei Jahren wird. Wird es noch funktionieren und seine Dienste verrichten oder irgendwo in einer Schublade verstauben? Bei den iPhones kann man sicher sein, dass selbst in drei Jahren das damals zugegebenermaßen teuer eingekaufte Smartphone die Alltagsaufgaben perfekt bewältigt und dazu noch perfekte Fotos schießt (Beispiel: Unser Redaktions-iPhone X aus dem Jahr 2017). (Macwelt)