Die Cloud-Skepsis in der deutschen Wirtschaft hat sich gelegt. Laut dem aktuellen Cloud-Monitor von KPMG lehnen nur noch drei Prozent der Unternehmen die Cloud ab - meistens aus Datenschutzgründen. Dem stehen 84 Prozent gegenüber, die Cloud-Technologien im vergangenen Jahr aktiv genutzt haben.
Bei dieser hohen Marktdurchdringung fällt umso mehr auf, dass die Public Cloud auf ihrem Vorjahreswert stagniert. So stellt sich die Frage: Ist das Wachstum der Public Cloud schon am Ende? Ziehen sich Unternehmen vielleicht sogar in die Private Cloud zurück?
Am Anfang war die Private Cloud
Zu Beginn des Cloud-Trends ging die Mehrheit der Anwender in die Private Cloud, die Public Cloud war nur ein Nischenthema. Doch über die Jahre hinweg hat sich das Gewicht verlagert: Viele Unternehmen nutzen heute ganz selbstverständlich Services wie Microsoft Azure, Amazon Web Services (AWS) oder Google Cloud. Allerdings scheint sich das Wachstum nun wieder abzuschwächen. Die Verbreitungsgeschwindigkeit der Public Cloud hat sich abgekühlt und stagnierte zuletzt bei nur noch einem Prozent Wachstum pro Jahr.
Wie schon 2021 nutzte im vergangenen Jahr jedes zweite Unternehmen die Public Cloud, während die andere Hälfte die öffentliche Cloud eher ablehnte. In den Jahren davor hat sich die Public Cloud indes größter Beliebtheit erfreut. Die Popularität war unter anderem auf den schnellen Zugang zu den Hyperscaler-Plattformen und ihre einfache Nutzbarkeit zurückzuführen.
Insbesondere IoT-Anwendungen und das damit verbundene Edge Computing wurde durch die Public Cloud erst möglich. Das Edge-Modell hilft Unternehmen dabei, die von den verschiedensten Geräten generierten Daten am Ort der Entstehung zu verarbeiten, zu verdichten und zu filtern, bevor sie dann in der Cloud weiterverarbeitet werden - und dort unter Umständen enorme Kosten verursachen.
Die Public Cloud war bislang das Mittel der Wahl, um IT-Systeme am Edge mit der Cloud zu verbinden, da auch die meisten IoT-Plattformen dort als Service angeboten wurden. Doch hier hat die Private Cloud inzwischen stark aufgeholt: 67 Prozent der Unternehmen nutzen hierfür mittlerweile auch oder sogar vorwiegend die Private Cloud.
Die typischen Vorzüge von Cloud-Umgebungen sind bekannt: Die hohe Skalierbarkeit gehört dazu, ebenso die globale Verfügbarkeit von Kapazitäten oder der Zugriff auf moderne Service- und IT-Bausteine. Darüber hinaus erwarten Unternehmen von ihren Cloud-Lösungen Kostenvorteile oder doch zumindest moderate Preise bei gleichzeitig hoher Performance und Stabilität.
Sicherheits- und Compliance-Management ist entscheidend
Dieser Anspruch ist verständlich, denn in der Cloud laufen viele geschäftskritische IT-Prozesse. Ein Ausfall der Services hat unmittelbar negative Auswirkungen auf das Geschäft und kann im Einzelfall erhebliche wirtschaftliche Folgen mit sich bringen. Außerdem erwarten die Cloud-Nutzer ein ausgereiftes Sicherheits- und Compliance-Konzept, so dass sie Datenschutzverstöße und "Leckagen" mit teilweise erheblichen wirtschaftlichen Folgen vermeiden können.
Laut Cloud Monitor verbinden Unternehmen mit der Public Cloud eine Kostensenkung als wichtigstes Ziel. Ob es erreicht wird, hängt allerdings von zahllosen Detailfragen ab, und nicht immer lassen sich diese im Vorhinein exakt beantworten. So kommt es, dass die Betriebe oftmals mit einer dann doch sehr teuren Realität konfrontiert werden. Dann hat aber oft schon der technische Vendor Lock-in der Cloud-Provider eingesetzt. Wollten die Unternehmen ihre Strategie zu diesem Zeitpunkt noch ändern, wäre das mit enormen Aufwänden verbunden.
Geht die IT wieder ins eigene Rechenzentrum?
Cloud Computing ist mehr als Storage, Netzwerk und Rechenleistung. Die meisten Unternehmen benötigen auch Unterstützung beim Einrichten und im laufenden Betrieb. Die Einführung einer Cloud-Lösung hat großes Fehlerpotenzial, vor allem wenn zusätzlich auch noch ältere On-Premises-Anwendungen integriert werden müssen. Gerade der Support ist dabei oft problematisch. Nur 31 Prozent der befragten Unternehmen waren laut KPMG-Umfrage damit zufrieden - vor allem in der kritischen Phase der Migration in die Public Cloud.
Große, internationale Anbietern haben den Kundensupport meistens an Partner ausgelagert. Eine Beratung bei ernsthaften Problemen findet also nur indirekt statt und erfolgt durch herstellerunabhängige Dienstleister, die meist selbst Cloud-Lösungen unterschiedlicher Anbieter betreuen und nicht jedes jeweilige Detail kennen können. Außerdem kritisieren viele Unternehmen die Aufstellung der Cloud-Provider in Sachen Security und Compliance. Die Angebote der Hyperscaler stimmen also häufig nicht mit den Wünschen der Unternehmen überein.
Geht der Trend also zurück zum eigenen Rechenzentrum? Sicher nicht, denn die Public Cloud behält ihre Daseinsberechtigung, von der vor allem Mittelständler profitieren können. Und wer die Kontrolle nicht abgeben will, muss deswegen ja nicht gleich ein eigenes Data Center bauen. Es gibt zahlreiche Anbieter auf dem Markt, die das übernehmen und sich um Aufbau, Betrieb und stetige Aufrüstung eines Rechenzentrums kümmern können.
Doch auch die Public Cloud bleibt eine sinnvolle Alternative. Sie steht paradigmatisch dafür, kleine IT-Bausteine und -Services wie eine Art Lego-Baukasten zur Verfügung zu stellen. Insbesondere kleine IT-Teams können damit schnell innovative IT-Lösungen entwickeln, da sie ihre Zeit nicht mit unnötigen Aufgaben und Fragestellungen rund um den Betrieb verbringen müssen. Damit wird die Cloud nicht nur wirtschaftlich, sie wird überhaupt erst zum "Enabler", um neue Services aufzubauen.
Oft sind ja die notwendigen IT-Experten nur noch in geringer Zahl verfügbar. Cloud Computing bedeutet, die IT-Professionals auf wertschöpfende Tätigkeiten ansetzen zu können, sie müssen sich nicht mit den beliebig komplexen Themen des IT-Betriebs herumschlagen.
Ob Cloud als Paradigma letztlich in einer Public-, einer Private- oder einer Hybrid-Strategie verfolgt wird, kommt auf die Unternehmensstrategie an. Jedenfalls kann die Public Cloud weiter ein gutes Modell sein, wenn sie strategisch intelligent genutzt, um strategische Ziele schnell und kostengünstig zu erreichen. In der Regel eignen sich aber Konzepte der Private oder Hybrid Cloud genauso, um diese Ziele zu erreichen.
Das gilt vor allem dort, wo einzelne Versprechen der Public Cloud gar nicht benötigt werden. So kann der Kostenvorteil der Public Cloud schnell wegfallen, wenn Anwender eine gute Übersicht über ihre IT-Infrastruktur haben und die schier "unendlichen Kapazitäten" der Public Cloud nicht brauchen. Sind dann noch einzelne Funktionsbausteine wie Cloud-Datenbanken oder Container-Orchestrierung in der Private Cloud verfügbar, entstehen durchaus gleichwertige Alternativen zu den Public-Cloud-Angeboten.
Die Hybrid Cloud als sichere Alternative
Eine Alternative zum rein internen Cloud-Betrieb ist die Hybride Cloud. Darunter wird eine Mischung aus Private und Public Cloud verstanden. Unternehmen nutzen dann an einem selbst gewählten Standort eine Private Cloud für beispielsweise sensible Datenverarbeitungen und verschieben andere, weniger heikle Aufgaben in die Public Cloud.
So können geschäftskritische Daten auf den lokalen Servern gespeichert werden, was vielen Unternehmen wichtig ist und ihnen das Erfüllen von Anforderungen rund um Geheimnis- und Datenschutz erleichtert. Für volatile Aufgaben, die stark schwankende Ressourcen an Rechenkraft, Speicher und Bandbreite benötigen, wird die Public Cloud nach Bedarf zugeschaltet.
Die Erfolgsgeschichte der Public Cloud ist sicher noch nicht zu Ende. Die Vorteile sind einfach zu deutlich. Viele Unternehmen werden in Zukunft jedoch eine hybride Cloud-Umgebung wählen. Sie wollen die Kostenvorteile der Public Cloud nutzen, aber die Kontrolle über ihre eigene Infrastruktur nicht aufgeben. Für Unternehmen wird es also auf den richtigen strategischen Cloud-Mix ankommen. (hv)