Zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien gelegen, erstreckt sich der Einzugsbereich der Luxemburger Zitha-Klinik mit 256 Betten auch auf die Nachbarländer. Patienten können von dem besonderen Belegsystem und einem vergleichsweise einfachen Verrechnungswesen profitieren. Etwa 100 in Luxemburg niedergelassene Ärzte schicken ihre Patienten in dieses Krankenhaus, in dem sie weiter von ihrem Hausarzt oder Spezialisten betreut werden. Das Krankenhaus liefert die nötige Infrastruktur und stellt auch zusätzliche Fachärzte und das Pflegepersonal zur Verfügung.
Im Alltag der medizinischen Versorgung bedeutet das, dass sich die Belegärzte ständig zwischen ihrer Praxis und der Klinik hin- und her bewegen. Für die IT ergibt sich daraus die Konsequenz, den Belegärzten einen kontinuierlichen Zugang zu allen Patientendaten zu gewährleisten, egal wo sie sich gerade befinden. In der Vergangenheit wurden die Informationen an zwei verschiedenen Orten aufbewahrt, waren oft nicht zugänglich, wenn sie aktuell gebraucht wurden, oder die Ärzte mussten die benötigten Dokumente in Papierform mit dabei haben.
In dem nun vergrößerten Zugangsraum über das lokale Netz beziehungsweise das Internet stehen medizinische Untersuchungsergebnisse und Befunde aller Art zum Abruf bereit. Das Krankenhaus bietet den niedergelassenen Ärzten auch an, ihre eigene Praxis-IT zentral vom Rechenzentrum aus zu führen. Für die Ärzte ergibt sich daraus der unmittelbare Vorteil, keine eigenen medizinischen und organisatorischen Software-Systeme mehr führen und pflegen zu müssen.
Ein vor drei Jahren gestartetes Projekt der IT-Abteilung kümmerte sich zunächst um eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Infrastruktur und der zu erbringenden Leistungen. Anschließend setzte man einen strategischen Plan für die zukünftige Ausrichtung der IT auf.
Dieses Projekt sieht vor, das Verhältnis zwischen Business und IT umzudrehen: Die IT soll nicht mehr wie bisher lediglich ausführende Instanz sein, die irgendwie den Anforderungen der Klinikleitung, der Belegärzte und des täglichen Betriebs gerecht wird. Jörg Bauer, IT-Projektmananger bei der Zitha-Klinik, beschreibt das herkömmliche Verfahren als "großes, schwarzes Loch“, im Prinzip ungeplant und zufällig ausgerichtet.
IT wird zum Service-Provider
Angestrebt wird dagegen eine neue Zielausrichtung: In einem ersten Schritt soll die IT als interner Service-Provider umgestaltet werden, einschließlich geeigneter Verrechnungssysteme. In einem zweiten Schritt soll die IT dann als Business-Partner der Klinik auftreten, die eigenständig die Geschäftsprozesse weiterentwickelt.
Dabei denkt Bauer weniger an den engeren medizinischen Bereich mit Diagnose, IT-gestützten Geräten und so weiter, sondern an die Verwaltung als Backbone der Klinik. Die IT soll hier so aufgestellt sein, „dass sie es auch schafft, die Klinik insgesamt voranzubringen“.
Nicht die Klinik soll etwas verlangen, was dann von der IT letztlich passiv ausgeführt wird, sondern die IT schlägt aktiv geeignete Maßnahmen vor, die auch zur Verbesserung der Geschäftsergebnisse beitragen. Als Beispiel nennt Bauer den bereits geschilderten erweiterten Zugriff der Belegärzte auf die IT-Anwendungen der Klinik und die gespeicherten medizinischen und organisatorischen Informationen.
Als weiteres Teilprojekt wurde die Umgestaltung der IT im Tumorzentrum der Klinik gestartet, um die dortigen Abrechnungsprozesse nachhaltiger zu unterstützen. Das Tumorzentrum wurde verstärkt an die elektronische Patientenakte angeschlossen, die in Luxemburg bereits seit 2006 im Einsatz ist.
Das ebenfalls 2006 intern durchgeführte Audit wurde 2007 in eine erste ITIL-Präsentation für die Klinikleitung umgesetzt. Und noch im gleichen Jahr wurde mit der ITIL-Einführung begonnen. Vor allem fünf Mängel sollten mit ITIL ausgeräumt werden:
Neue Prozess-Strukturen mit ITIL angestrebt
1. Es gab keine definierten Prozesse.
2. Ergebnisse der IT waren zum damaligen Zeitpunkt nicht messbar.
3. Es gab keine formalisierten Beziehungen zwischen Klinik und IT.
4. Für Problemfälle waren keine Prioritäten festgelegt.
5. Und es gab keine standardisierten Workflow-Abläufe.
Nach Prüfung und Berücksichtigung einer Referenzfirma entschied sich die Klinik für zwei Software-Systeme von HP, um die Implementierung und Durchführung der ITIL-Prozesse zu erleichtern: HP Service Manager und HP Operations Manager.
Für den Service Manager sprach laut Bauer die Anwendbarkeit für ITIL Version 2 und Version 3 sowie die einfache Durchführung und die Integration mit dem Monitoring der IT. Außerdem konnte man die HP-Software für die geplante Qualifizierung nach dem EU-Programm European Foundation for Quality Management (EFQM) einsetzen. Nach erfolgter Qualifizierung schlug sich dies schließlich in der Auszahlung einer Prämie durch die EU nieder.
Nach der Absolvierung der ITIL-Programmschritte Incident, Change und Problem Management wurde 2009 dann mit dem Service Catalogue und dem Service Level Management begonnen. Dies erfolgte wieder unter Einsatz der HP-Software und mit Hilfe des Consultants Michael Bünte, der auch bei der ITIL-Zertifizierung durch itSMF (IT Service Management Forum) zur Seite stand.
Mit den ITIL-Standards und den mit ihnen aufgesetzten internen Prozessverläufen ist die Zitha-Klinik laut Bünte jetzt in der Lage, jederzeit zu wissen, "wer was wann wo wie macht“. Man erhalte mit ITIL eine bessere Transparenz dessen, was tagtäglich in der IT gemacht wird. Fehlerhafte Prozesse oder unerwartete Änderungen können so wesentlich schneller und exakter festgestellt werden. Als Beispiel nennt Bünte den Service Desk der Zitha-Klinik, der erfolgreich in ein auf Spitzenzeiten abgestimmtes Schichtensystem für die Mitarbeiter umorganisiert wurde.
Neue Qualitätsstufe inklusive EU-Prämie
Als besonderer Vorteil von ITIL gilt auch, dass man jetzt nach einer definierten Prioritätenmatrix Störungen ganz gezielt abarbeiten kann. Die Klinikmitarbeiter wissen das, und die Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung hat sich deutlich entspannt.
Projekt-Manager Bauer gibt sich zufrieden und freut sich über die erhöhte Anerkennung bei Mitarbeitern und Klinikleitung: Dank ITIL habe man schließlich auch Einsparungen erreicht, auch wenn die im Luxemburger Gesundheitswesen noch nicht den Stellenwert wie bei dem deutschen Abrechnungssystem nach Tages- oder Leistungspauschalen erreicht haben. Es komme mehr auf Qualität an und auf Best-in-Class-IT. Und dafür hat man von der EU schließlich eine offizielle Anerkennung inklusive einer finanziellen Zuwendung bekommen. ITIL zahlt sich aus, ist sich Bauer sicher.