Die interne IT werde in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, unkte vor rund zehn Jahren Nick Carr mit seiner Aussage "IT does not matter". Seine Begründung: Informationstechnologie gerate zur Commodity und werde eine ähnliche Bedeutung erlagen wie Strom aus der Steckdose.
Das stimmt so nicht, hält der Münchener Berater PAC (Pierre Audoin Consultants) in der Studie "Von der Kostenstelle zum Innovationsmotor - die Rolle der internen IT im Wandel" dagegen. Dem Papier liegen Angaben von rund 150 IT-Entscheidern und Gespräche mit 15 Experten zu Grunde. Die Studie ist Teil des Forschungsvorhabens "ProdIT" (Produktivität IT-basierter Dienstleistungen), das vom Bundesbildungsministerium gefördert wird. PAC kooperiert dabei mit dem ZEW (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) und der Universität Mannheim.
These von PAC: die Bedeutung der internen IT wächst. Denn nur eine solche Abteilung kann sich über alle Abläufe im Unternehmen informieren, IT-Prozesse unternehmensübergreifend optimieren und Lösungen an den Bedarf der Endanwender anpassen. Ein wesentliches Pfund gegen externe Service Provider, wie PAC sagt.
Allerdings betrachten Andreas Stiehler und Katrin Schleife, die Studienautoren, die Dinge durchaus differenziert. Teilleistungen im Infrastrukturumfeld könnten durchaus von externen Dienstleistern effizienter erbracht werden. Sie sprechen sich also nicht gegen "ein selektives Outsourcing" aus.
Interne IT-Teams sind gefordert, in den Punkten Servicequalität, Reaktionsgeschwindigkeit und Innovationswillen besser zu sein als Externe. Sie müssen sich gegenüber den Fachabteilungen als Innovationsmotor positionieren.
IT sieht sich immer noch als Kostenstelle
Soweit die Theorie. In der Praxis, schreiben Stiehler und Schleife, verstehe sich "der Großteil der IT-Abteilungen" immer noch als Kostenstelle mit dem Ziel, für einen reibungslosen und effizienten IT-Betrieb zu sorgen. Die von PAC geforderten Momente - Zufriedenheit der Endanwender, Verbesserung der Geschäftsprozesse und Förderung geschäftlicher Innovationen - stehen im Hintergrund.
PAC findet dafür deutliche Worte. Viele IT-Abteilungen seien "noch mit der Erledigung der Hausaufgaben" beschäftigt. Angesichts der vielfach proklamierten Service-Orientierung sei es ein "Armutszeugnis", wenn die Zufriedenheit der Endanwender oder die Verbesserung von Business-Prozessen als Entwicklungsziel niedriger gewichtet werden als die Steigerung der Effizienz im IT-Betrieb.
Dazu ein paar Zahlen: 42 Prozent der Studienteilnehmer nennen das Optimieren von IT-Prozessen als Handlungsbedarf Nummer Eins, aber nur 20 Prozent den Ausbau der Service-Orientierung. Gleichzeitig fordert fast jeder Dritte (32 Prozent), die IT besser in strategische Unternehmensentscheidungen einzubinden. Das halten Stiehler und Schleife angesichts der immer wichtigeren Rolle der IT in den zunehmend digitalen Geschäftsabläufen für "nachvollziehbar". Sie kommentieren: "Fraglich ist jedoch, warum eine IT-Abteilung in strategische Planungen einbezogen werden sollte, wenn deren hauptsächliches Ziel darin besteht, einen reibungslosen IT-Betrieb zu gewährleisten."
Die Bringschuld für eine stärkere Einbeziehung in strategische Planungen sieht PAC bei den IT-Teams. Auch hier zeigen die Angaben der Studienteilnehmer Widersprüche auf. Zwar fordern 22 Prozent der IT-Verantwortlichen eine bessere Einbeziehung in die Planungen der Fachbereiche - gleichzeitig halten es nur 15 Prozent für dringend nötig, die eigenen Leistungen den Fachbereichen gegenüber besser darzustellen.
Wichtige Kennzahlen werden nicht erhoben
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Etwa sieben von zehn IT-Abteilungen messen die Steuerung der eigenen Leistungen anhand von Kennzahlen. Was umgekehrt heißt, dass etwa 30 Prozent es nicht tun. Stiehler und Schleife bemängeln, dass bei Messungen meist auf einfache Indikatoren zurückgegriffen wird, wie etwa die Anzahl der Incidents und die Verfügbarkeit von Back-End-Systemen oder Netzwerken. Die so wichtige Wahrnehmung der Leistung durch Endanwender und Fachbereiche dagegen dienen deutlich seltener als Kennzahl.
Nachholbedarf sieht PAC auch bei der Zusammenarbeit von IT und Business. Nur in circa vier von zehn Unternehmen tauschen sich die beiden Seiten regelmäßig beziehungsweise institutionalisiert aus. Am häufigsten drehen sich diese Gespräche um das Klären strategischer Fragen (41 Prozent), seltener um die Klärung operativer Fragen (31 Prozent) oder die Zusammenarbeit bei Auswahl und Bewertung von IT-Lieferanten (22 Prozent).
Stiehler und Schleife haben sich außerdem nach der Zusammenarbeit mit externen IT-Dienstleistern erkundigt. Eine Mehrheit von 55 Prozent der Studienteilnehmer kann demnach auf einen Pool strategischer IT-Dienstleister zurückgreifen, mit denen eine regelmäßige Zusammenarbeit besteht. 17 Prozent dagegen wählen den Outsourcing-Partner ad hoc.
Performance der Dienstleister wird selten gemessen
Nur jeder Fünfte (20 Prozent) misst die Performance der Dienstleister mittels definierten Kennzahlen. Noch nicht einmal jeder Zehnte (neun Prozent) bespricht die Ergebnisse von Performance-Messungen mit dem Partner.
Weiter zeigt die Studie, dass Innovations-Management oft noch in den Kinderschuhen steckt. Prozesse zur Priorisierung von IT-Projekten gelten nur in 20 Prozent der Unternehmen als vollständig umgesetzt, fast ebenso viele (19 Prozent) haben damit noch gar nicht angefangen und für acht Prozent spielen sie keine Rolle. Lediglich in knapp einem von zehn Unternehmen (neun Prozent) bestehen cross-funktionale Teams für das Innovations-Management. 14 Prozent der Befragten halten solche Teams für irrelevant und weitere sechs Prozent konnten dazu gar keine Angabe machen - sie wissen es nicht.
So, wie es derzeit ist, könne es nicht weiter gehen, warnt PAC. Die Diskussion um die Ursachen für das schwache Bild, das die Studienergebnisse zeichnen, vergleichen Stiehler und Schleife mit dem Motto von der Henne und dem Ei. Weil die IT keine Anerkennung bekomme, müsse sie sparen. Dadurch fehlten die Ressourcen für eine Neuaufstellung. Weil sich die IT aber nicht neu aufstelle, steige der Kostendruck und so weiter.
Stiehler und Schleife jedenfalls sehen IT-Entscheider am Zug. Sie müssen den Teufelskreis durchbrechen und die IT stärker zum Business-Partner entwickeln.