Agile Transformation der IT

IT als Vorreiter für Business Agility

15.07.2022 von Daniel Taradzic und Kurt Jäger
Der Weg zu einer zukunftsfähigen Unternehmensorganisation gelingt mit einem Wandel in Richtung Business-Agilität. Dabei sollte sich die IT in Szene setzen.
Das Führungsteam sollte mit gutem Beispiel vorangehen und Rahmenbedingungen für die agile Transformation der Organisation schaffen.
Foto: Aruta Images - shutterstock.com

Eine agile, sich öffnende IT gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie dient als strategischer Ausgangspunkt für nahezu alle Aktivitäten, mit denen zukünftig Wert für ein Unternehmen generiert wird. Die Reise dorthin ist für das Topmanagement spannend und herausfordernd zugleich, denn die IT ist dafür oftmals nicht ideal strukturiert und aufgestellt.

Der folgende Text beschreibt fünf praktische Beispiele, um wichtige strategische Themen umzusetzen, die das Topmanagement auf dem Weg in die agile IT-Organisation der Zukunft unterstützen. Erfahren Sie, wie Aufgabenstellungen auf strategischer Ebene gelöst werden können, welche Effekte sich ergeben und warum die Gesamtorganisation dadurch erfolgreicher agieren kann. Außerdem wird gezeigt, wie der agile Reifegrad des Unternehmens erhöht werden kann und wie agile Teams zu besseren Geschäftsergebnissen beitragen.

Der aktive Einsatz des Leadership Teams ist erfolgskritisch und beeinflusst die Ziele und Ergebnisse von Teams. Es muss daher mit gutem Beispiel vorangehen und angemessene Rahmenbedingungen für die agile Transformation schaffen.

1. Fokus auf das Wesentliche

Agile Teams, die schnell die richtigen Ergebnisse liefern, arbeiten innerhalb flexibler Strategieansätze, die die Unternehmensstrategie mit dem Portfolio verknüpfen. Erfolgversprechende strategische Initiativen werden in einem oder mehreren Wertströmen (Value Streams) umgesetzt. Das trägt dazu bei, innerhalb eines festgelegten Zeitraums den Fokus auf die gewinnbringendsten Themen zu legen. Für einen schnellen Time to Value können die Unternehmensziele innerhalb eines Jahres dynamisch angepasst werden.

Ebenfalls bewährt haben sich flexible Wertstrombudgets. Sie schaffen Rahmenbedingungen, die auch für agile Teams stabil bleiben und dennoch sich ändernde Einflussfaktoren auf strategischer Ebene berücksichtigen. Dazu zählen etwa Marktdynamik, unerwartete Kundenforderungen oder technologische Neuerungen. Die Kommunikation der Strategie erfolgt in Form eines Einseiters (Single-Page) und dient unternehmensweit zur Orientierung.

Viele Unternehmen tun dies bereits. Meist ist eine Strategie als Single Page einfach zu erarbeiten. Die Größe des Unternehmens ist dabei unerheblich, da pro beteiligter Business-Unit oder Portfolio eine eigene Strategie abgeleitet werden kann, welche die Gesamtziele unterstützt.

Umgesetzt wird diese Vorgehensweise vom gesamten Führungsteam, das heißt C-Level, mittleres Management mit Unterstützung der Leiter von Agile Transformation, Lean Portfolio Management (LPM), Personal und Sales sowie Enterprise-Architekten oder Subject Matter Experts. Den Betriebsrat einzubinden, kann dabei ebenfalls notwendig und sinnvoll sein.

Strategie als Single-Page
Foto: Daniel Taradzic

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass folgende Punkte bei der Vorbereitung und Umsetzung berücksichtigt werden sollten:

Lesetipp: Evonik-CIO - Von der agilen IT zum agilen Unternehmen

Wenn strategische Geschäftsziele auf diese Weise erarbeitet werden, sind sie realistisch und umsetzbar. Daneben wird eine agile Verbindung zwischen strategischer und operativer Ebene hergestellt. Die Abstimmung beider Ebenen ist wichtig und der Wertbeitrag der Value Streams, in denen Business und IT verschmolzen sind, wird so sichtbar.

2. Value Streams als Basis für eine Netzwerkorganisation

Viele Konzerne sind entlang von Know-how und funktionaler Kompetenz in Silos organisiert. Dies mag in der Vergangenheit sinnvoll gewesen sein, da die Marktdynamik geringer war und die Kommunikation stark innerhalb der Silos stattfand. Inzwischen steigt der Innovationsdruck jedoch stetig und Time-to-Value-Zyklen verkürzen sich. Eine Silo-Organisation ist dafür deutlich zu langsam.

Weitere Defizite sind der hohe Abstimmungsaufwand sowie unterschiedliche Geschwindigkeiten der Abteilungen und Teams. Zudem existieren keine gemeinsamen Ziele oder Konsens darüber, wie und in welche Richtung gearbeitet werden soll.

Die neuen Erfolgsfaktoren stützen sich auf einen organisatorischen Umbau des gesamten Unternehmens entlang von Wertströmen (Order-to-cash). Allerdings wird es selten gelingen, die Aufbauorganisation kurzfristig radikal umzubauen. Dies gilt vor allem für Konzerne, die global verteilte Organisationsstrukturen etabliert haben.

Ausgehend von den stärksten Innovationstreibern im Unternehmen gilt es, sukzessive den Umbau voranzutreiben und damit in die Zukunft zu investieren. Vor diesem Hintergrund sollten strategisch relevante Produkt- oder Service- Wertströme in einem Workshop identifiziert werden. Erfahrungsgemäß gelangen das Topmanagement und die Teilnehmenden im Rahmen dessen zu folgenden Erkenntnissen:

Im Anschluss an einen konstruktiven Workshop geht es an die Umsetzung: Pro Wertstrom sind umter anderem crossfunktionale Teams zu formen, Prozesse auf Durchlaufzeit (Lead Time) zu optimieren, einen Pull-Mechanismus und Work-in-Progress-Limits zu etablieren sowie dezentrale Entscheidungsbefugnisse zu ermöglichen. Wertströme erhalten eine hohe betriebswirtschaftliche Autonomie und eigene Budgets, um die Veränderungsgeschwindigkeit zu erhöhen. Dinge wie Projektorganisationen oder temporäre Teams gibt es nicht mehr.

Eine Blaupause existiert in der Regel nicht. Die Value Streams eines anderen Unternehmens zu kopieren ist ebenfalls nicht zu empfehlen. Unternehmen müssen lernen, ihre eigenen Wertströme zu verstehen und sich darauf zu fokussieren, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Dass alle Branchen sich mitten in einer Transformation befinden, die zur Anpassung von bestehenden Wertströmen führt, ist an den Mergers and Acquisitions (M&A) von Startups ersichtlich. Wenn es gelingt, die Wertströme zu verstehen und zu optimieren, bisherige Business Units und Silos anzupassen oder abzuschaffen sowie die Kultur im Unternehmen zu verändern, erreichen Unternehmen schrittweise eine wertstrombasierende Netzwerk-Organisation, die schneller und mit höherer Qualität dem Markt folgen kann. Value Streams, crossfunktionale Teams, Autonomie, Dezentralisierung und Kultur sind dabei von elementarer Bedeutung. In den nächsten Jahren werden IT und Business weiter zusammenwachsen, erst dann sollte die Linienorganisation umgebaut und die zentrale IT neu gedacht werden.

Erste Firmen betrachten und optimieren bereits das Gesamtsystem und arbeiten an Value Stream Ressorts. Hierdurch entstehen neue Rollen wie Chief Value Stream Officer, -Director, -Architekt etc. Die IT tut gut daran, sich als Gestalter aktiv daran zu beteiligen, bevor andere übernehmen.

3. Time-to-Value-Optimierung in Wertströmen

Die Time-to-Value-Betrachtung wird zunehmend relevanter, da der Fokus mehr denn je auf dem Kunden liegt. Nicht der Zeitpunkt eines vollständig fertiggestellten Serviceumfanges auf dem Markt ist entscheidend, sondern die Frage, ab wann die Reife eines Service einen Mehrwert für den Kunden liefert und damit bereits in einem früheren Stadium Geld verdient werden kann. Services werden heutzutage sowieso nie wirklich fertig und der Trend geht in Richtung Pay-per-Use- oder Functions-on-Demand-Modellen.

Es gilt, Business-Value-Engineering (BVE) als Denkhaltung in der Organisation zu verankern. Wertschöpfung kann in Organisationen nicht länger isoliert betrachtet werden. Nahezu täglich wird über frustrierte Kunden, Overengineering, zu hohe Entwicklungskosten oder eine IT, die das Business nicht verstehen würde gesprochen.

Hilfreich kann eine Wertstromanalyse (Value-Stream-Mapping) sein. Sie dient primär dazu, den Status quo abzubilden und Aktivitäten zu identifizieren, die nicht wertschöpfend sind. Mit ihr soll der Wertefluss innerhalb des Wertstroms optimiert und die Zeit, bis die eigentliche Wertschöpfung erfolgt, verkürzt werden. Ziel ist, zukünftig innovative Lösungen schneller zu entwickeln und früher damit Geld zu verdienen.

Value-Stream-Mapping
Foto: Daniel Taradzic

In diesem Fall wurde ein Value-Stream-Mapping der Entwicklung eines Service durchgeführt, um Verzögerungen im Prozess zu identifizieren.

Vorgehen

  1. Identifizieren der beteiligten Rollen und deren Manager;

  2. Identifizieren der notwendigen Arbeitsschritte der Fachbereiche;

  3. Bestimmung der Arbeits- (PT) und die Liegezeit (DT) für jeden Arbeitsschritt;

  4. Aufsummierung von PTs und DTs, um die Durchlaufzeit zu erhalten.

In der obigen Abbildung wird ersichtlich, dass die Silo-Organisation den Time-to-Value maximal minimiert. Es galt also, die Silos aufzulösen und die Wartezeiten zu eliminieren. Dazu wurden crossfunktionale, Teams gebildet, die in synchronisierten Sprints im Wertstrom an einem gemeinsamen Ziel zusammenarbeiten.

Ergebnis

Das Unternehmen hat zudem verstanden, dass die Teams dauerhaft bestehen bleiben und Service für Service gemeinsam entwickeln sollten. So müssen sich Teams nicht bei jedem neuen Projekt neu finden. Die Teams und die Kundenbeziehung entwickeln sich mit dem Service kontinuierlich weiter und das System wird von Projekten hin zu Produkten kontinuierlich optimiert.

4. Lean Portfolio Management

Lean Portfolio Management (LPM) ist das entscheidende Wertschöpfungsinstrument, um die Gesamtorganisation auf strategische Themen auszurichten. Es bewertet und priorisiert wertschöpfende Aktivitäten betriebswirtschaftlich mittels Lean-Prinzipien. Die daraus resultierende Definition und die Umsetzung von Unternehmensinitiativen wirkt sich direkt auf die Unternehmensziele sowie die Geschäftsergebnisse aus. Sie sind für den Erfolg nicht nur der IT, sondern des Gesamtunternehmens entscheidend. LPM fokussiert auf den Mehrwert, den Services und Produkte liefern.

Lesetipp: Lean IT Management - Die besten Rezepte für eine schlanke IT

Das LPM beantwortet folgende Fragen:

Folgender Good-Practice-Ansatz kann für die Einführung des LPM herangezogen werden.

Lesetipp: Agile Methoden - Was Scrum von Kanban unterscheidet

Es geht also im LPM darum, das Richtige zu tun und nicht zu kontrollieren, dass etwas richtig getan wird. Die vom LPM priorisierten Initiativen geben die Richtung auf operativer Ebene vor, denn sie sind in der festgelegten Reihenfolge abzuarbeiten. Teams bedienen sich, sobald sie Kapazitäten haben, selbst bei den Backlogs. So gelingt es dem Management sicherzustellen, dass die Teams fokussiert an den gewinnbringendsten Themen arbeiten. Statt Monate an Time-to-Value zu verlieren, kann das Unternehmen schnell, fokussiert und flussoptimiert gesteuert werden.

Infolgedessen wird kein Budget verschwendet. Wie ein Inkubator vergibt das Topmanagement nur an die vielversprechendsten Initiativen so viel Geld und Zeit wie notwendig, wobei es flexibel und agil bleibt. Das bedeutet auch, dass Investitionen und daraus resultierende Aktivitäten, die nicht halten was sie versprechen, deutlich früher abgebrochen werden. Dadurch können die sich zunehmend schneller öffnenden und schließenden Opportunitätsfenster eines modernen Marktes bedient werden.

5. Objective & Key-Results

Spezifische OKRs liegen bereits in so manchen Meetings der Führungsebene auf dem Tisch. Damit können Ziele ausgehend von der Unternehmensstrategie diskutiert werden, die zum Gesamterfolg beitragen und an deren Umsetzung gearbeitet wird. Genau das ist die Magie von OKRs: Sie verbinden und vernetzen auf allen Ebenen, von der Vorstandsebene über das mittlere Management bis in die Teams und zum einzelnen Mitarbeitenden. Das schafft Transparenz und Vertrauen. Die IT kann so anfangen aufzuzeigen, wie wichtig sie ist und welchen Beitrag sie für das Gesamtunternehmen leistet. Gemeinsam mit den Vorständen OKRs und die Strategie als Single-Page zu diskutieren, ist wirkungsvoller, als nur nackte Zahlen zu präsentieren.

Dabei sind alle auf allen Hierarchieebenen gefordert. Sie erarbeiten mit Hilfe von OKRs etwa strategische Themen. Wie dieses Werkzeug in Bezug auf die Themen dieses Artikels erfolgreich eingesetzt wird, kann der Abbildung entnommen werden und wird kurz erläutert.

Objectives & Key Results
Foto: Daniel Taradzic

Strategische Ebene:

Sobald das agile Führungsteam die strategischen Geschäftsziele als Single-Page samt OKRs kommuniziert hat, beginnen automatisch diverse Aktivitäten auf operativer Ebene.

Operative Ebene:

Teams und Mitarbeiter machen sich in einer OKR-Planning-Session Gedanken darüber, welche operativen Ziele sinnvoll sind und wie sie am besten zum Erfolg des Unternehmens beitragen können. Sie definieren in Anlehnung an die strategischen Themen ambitionierte und kurzfristige Ziele mit Zeitrahmen von etwa vier bis 16 Wochen. Dabei werden OKRs formuliert, die eine direkte Verbindung zu den strategischen Themen aufweisen. Die Mitarbeitenden achten darauf, dass die eigenen OKRs messbar sind und einen Mehrwert im Sinne der Geschäftsziele liefern. Im Sinne der Transparenz sind alle Informationen für alle im Unternehmen verfügbar. Agile Manager, Scrum Master, Product Manager etc. helfen den Teams, die Ziele zu erreichen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Regelmäßig werden die Objectives mit den Key-Results abgeglichen und aktualisiert. Retrospektiven sind wertvoll.

Lesetipp: Methoden zur Zielvereinbarung - Ist OKR das bessere MbO?

Da die Arbeit auf operativer Ebene direkt den strategischen Themenbereichen zugutekommt, nehmen Business Owner an relevanten OKR-Reviews teil. Dort erhalten Teams und Mitarbeitende Feedback. Die Business Owner coachen. Sie befähigen die Teams, fragen, wie sie helfen können, oder unterbreiten konkrete Verbesserungsvorschläge.

Ein Netzwerk an OKRs und direkten Verbindungen zwischen strategischer und operativer Ebene entsteht. Dadurch werden die Strukturen der Wertströme sichtbar und die Entwicklungsschritte des Unternehmens beziehungsweise der Teams transparent. Die IT wird direkt mit dem Unternehmenserfolg in Verbindung gebracht und das Arbeiten an gemeinsamen Zielen macht Spaß.

Auf diesem optimalen Level befinden sich noch nicht alle Unternehmen. Oft fehlt es an den entsprechenden Rahmenbedingungen. Denn die Umsetzung von OKRs hat zur Folge, dass Management- und Führungskultur agil und variabel sind. Das heißt, dass das agile Führungsteam auf strategischer Ebene die jeweiligen Themen sowie Handlungsfelder erarbeitet und damit Rahmenbedingungen schafft, in denen sich die Teams frei bewegen können. Mitarbeitende formulieren auf dieser Basis und auf operativer Ebene, ohne Top-down-Vorgabe, ihre OKRs. Diese Art des Arbeitens setzt voraus, dass die Teams autonom sind, dezentrale Entscheidungsbefugnis besitzen und in hohem Maße eigenverantwortlich handeln.

Diskussionen über Prioritäten der Geschäftsleitung und Machtkämpfe auf verschiedenen Ebenen verringern sich so nebenbei auf ein Minimum. Insgesamt wird die Kommunikation über einzelne Teams und Abteilungen optimiert und allen Mitarbeitenden ist klar, in welche Richtung gearbeitet werden soll. Diese fangen daraufhin von selbst an, Benchmarks zu setzen. Wenn sie von Führungskräften regelmäßiges Feedback erhalten, befähigt und ermutigt werden, werden sie fortlaufend besser.

Frameworks sind keine Agilität

In vielen (IT-)Organisationen führt die Umstellung auf agile Arbeitsweisen nicht zum gewünschten Erfolg und bis dato wird oft noch kein hoher Reifegrad erreicht. Auf strategischer Ebene bleiben Potenziale ungenutzt und es fehlt an klaren Konzepten oder Zielen.

In der Praxis werden Frameworks oft mit dem Ziel implementiert, eine agile Organisation zu schaffen. In diesem Zuge werden dann die Organisationsstrukturen angepasst sowie neue Teams gebildet und Mitarbeiter arbeiten in diversen Projekten interdisziplinär. Agile Coaches, Scrum Masters oder Product Owners werden benannt und dürfen diverse Teams ans Ziel bringen. Die Mitarbeitenden erhalten mehr Verantwortung und liefern regelmäßig Ergebnisse. Schließlich steuern sie sich und die Teams selbst.

Auch der Trend, dass immer mehr Unternehmen dazu übergehen, Minimum Viable Products zu budgetieren und Projekte interdisziplinär zu staffen, ist erkennbar. Im Kontext großer und besonders relevanter Projekte wird dann gerne skaliert, wobei mehrere agile Teams mit Skalierungsframeworks arbeiten. Das mittlere Management und die Programmleitung unterstützen das, priorisieren für die Product Owners strategisch bedeutende Themen vor und verraten den Teams schon vor der Bearbeitung, welche Aufwände aus ihrer Sicht realistisch sind. Ferner freuen sie sich über den täglichen Status-Report zu den bedeutenden Themen. Nicht selten werden diese Arbeitsweisen breit und bis zum Vorstand unterstützt, denn die Betreffenden glauben, dass so der agile Reifegrad eines Unternehmens erhöht werden könne.

Lesetipp: Agile Methoden - So klappt Digitalisierung im Mittelstand

Das hat allerdings nichts mit Agilität oder Transformation zu tun und ist auch nicht besonders klug. Was sich erhöht ist die Wahrscheinlichkeit, dass die agile Transformation nicht erfolgreich sein wird. Das Portfolio, der Time-to-Value oder der Flow lassen sich dadurch nicht optimieren. IT-Abteilungen werden nicht innovativer. An vielen verschiedenen Projekten gleichzeitig zu arbeiten ist zudem ein Effizienzkiller: Mitarbeitende werden zwar bis an die Grenzen ausgelastet, aber nichts wird fertig. Agile Arbeitsweisen werden oft zusätzlich zu bestehenden Prozessen und Abläufe eingeführt. Das erzeugt noch mehr Reibung und bewirkt das Gegenteil von Schnelligkeit und Flexibilität.

Packen Sie's an

Es bleibt abzuwarten, ob das Topmanagement den Etikettenschwindel schnell genug korrigiert, damit das Unternehmen noch die Chance erhält zu lernen. Unternehmen, die erfolgreich den Schritt in Richtung Agilität gegangen sind, haben auf C-Level ein Führungsteam verankert, in dem ausreichende Expertise bezüglich Agilität und Transformation vorhanden ist. Diese Experten werden in der Lage sein, die dargelegten Themen umzusetzen. Sie verfügen über ausreichend Business-, Prozess- oder Service-Knowhow. Sie wissen, wie Services und Produkte entwickelt werden, wie ein zukunftsfähiges Unternehmen aussehen kann, aber auch wie Agilität wirkt.

Bei einigen Unternehmen kann es hilfreich sein, das Führungsteam zu erweitern und einen neuen Bereich zu etablieren. Die Themen Strategie, LPM, Value-Streams, Time-to-Value-Optimierung und OKRs sind erfolgskritisch. Gleiches gilt für die Kultur, die an dieser Stelle noch erwähnt werden muss. Eine Verstärkung in diesem Bereich ist in der Regel eine sinnvolle Investition und es gibt viel mehr zu gewinnen als zu verlieren. Ohnehin geht es zunächst darum, die Ablauforganisation zu optimieren und den Weg des Wandels aktiv zu gestalten, anstatt die Linie auf links zu drehen. (bw/jd)