Digitalisierung verändert viele bewährte und aktuell noch erfolgreiche Geschäftsmodelle. Das Gespenst von "Kodak" geht um und zeigt, dass der "Digitaler Darwinismus" längst nicht mehr nur die anderen Branchen betrifft sondern in Unternehmen aller Branchen Einzug gehalten hat. Die gute Nachricht lautet, dass die meisten Unternehmensverantwortliche darauf reagieren. Die schlechte Nachricht ist, dass vielerorts Ratlosigkeit herrscht, was zu tun ist und wie "Digitalisierung" funktioniert. Für digitale Transformationsprozesse fehlen derzeit noch die Kochrezepte.
IT - ein Buch mit sieben Siegeln
Zum Leidwesen vieler Verantwortlicher hat Digitalisierung am Ende immer etwas mit Informationstechnik zu tun. Zum Leidwesen deshalb, da Informationstechnik für viele Top-Entscheider noch immer ein Buch mit sieben Siegeln darstellt. Zudem wurden in der Vergangenheit nicht immer alle IT-Hausaufgaben gemacht. In vielen Unternehmen haben sich so immense Altlasten in Form von "technische Schulden" angehäuft.
Insofern ist neben der digitalen Weichenstellung auf strategischer Ebene auch ganz operativ ein Aufräumen in der Informationstechnik angesagt. Im übertragenen Sinne gilt es deshalb im wahrsten Sinne des Wortes, die F-IT-ness der IT für die anstehenden Digitalisierungsaufgaben fest zu stellen und zu steigern.
IT-Housekeeping für den digitalen Wandel
Viele Entscheidungsträger beklagen sich, dass die IT-Budgets, auch ohne Digitalisierung, bereits signifikante Höhen erreicht haben. Möglich machen dies die historischen Altlasten. Sie sorgen dafür, dass der überwiegende Anteil der IT-Budgets (oft bis zu 70 Prozent) für Management und Betrieb von existenten Anwendungs- und Infrastrukturlandschaften konsumiert wird. Für Veränderungsprojekte der Digitalisierung verbleiben deshalb oft nur ca. 30 Prozent des IT-Budgets.
Erfahrungsgemäß ist auch der Anteil nicht gänzlich frei gestaltbar. Großprojekte mit mehrjähriger Laufzeit finanzieren sich ebenso aus diesem Topf wie erforderliche gesetzliche bzw. regulatorische Vorgaben. Beides nagt an den freien Gestaltungsmöglichkeiten und schränkt die Möglichkeiten zur aktiven Veränderung im Zuge der Digitalisierung signifikant ein.
Unter dem Strich steht deshalb oft zu wenig Budget für die Digitalisierung zur Verfügung. Für viele Unternehmen gilt es deshalb
entsprechende budgetäre Freiräume für Digitalisierung durch Optimierung insbesondere des IT-Betriebs zu schaffen und
den gewonnenen Gestaltungsspielraum im Zusammenspiel von Geschäft und Informationstechnik für die Digitalisierung maximal zu nutzen.
Organisation, Prozesse und Architektur
Die wesentlichen Stellgrößen für ein "House-Keeping" haben sich auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht verändert: Organisation, Prozesse, Architektur sind an vorderster Front zu nennen. Ist das nur alter Wein in neuen Schläuchen? Mitnichten!
Agile Organisationsformen lösen starre Linienstrukturen ab. Die IT-Prozesse lassen sich mit entsprechenden Lean- und Kanban-Managementverfahren in Kombination mit DevOps deutlich beschleunigen.
Und für technische Architekturen gibt es für Entscheider verständliche Darstellungen basierend auf Big-Data. Verantwortliche können diese Stellgrößen im Einzelnen und im gegenseitigen Zusammenspiel zur Steigerung von Agilität und Geschwindigkeit und zur Reduktion der Komplexität orchestrieren.
Die digitale Organisation gestalten
Eine der Kernfragen von Entscheidern ist die nach der organisatorischen Verankerung und Verantwortung. Sicherlich besteht die die Möglichkeit einen disruptiven Angang in der Projektorganisation zu entwickeln. In diesem Fall schafft ein Projektkontext ein Biotop zur Verprobung von neuen Geschäftsmodell-Ideen. Doch an einem bestimmten Punkt muss ein Übergang in die Linienorganisation des Unternehmens erfolgen. Dabei ergeben sich prinzipiell drei strukturelle Optionen der Verankerung:
als dezentrale Einheit(en) auf der Geschäftsseite mit großer Nähe zum Business,
als gebündelte Einheit in der Unternehmens-IT und
als gebündelte, separate Einheit (zum Beispiel Direct Report des CEO).
Neben der organisatorischen Verankerung ist die Frage zu beantworten, wie eine solche Einheit organisatorisch aufzubauen und "im Innern" zu strukturieren ist. Hier ist insbesondere auf dynamische und agile Organisationsformen z.B. in Form von Poolkonzepten zurückzugreifen.
Geschwindigkeit in IT-Prozessen steigern
Nicht nur die organisatorische Ausrichtung, auch die prozessuale Gestaltung gehört auf den Prüfstand. Effektivität und Effizienz sind bereits für Verantwortliche innerhalb und außerhalb der IT ein Dauerbrenner. Digitalisierung fügt hierzu noch den Anspruch auf eine wachsende Geschwindigkeit hinzu. Diese Anforderungen lassen sich losgelöst von der organisatorischen Verankerung sowohl auf die Entwicklung als auch den Betrieb der Informationstechnologie übertragen und mit geeigneten agilen Prozessen unterstützen.
Eine Null-Linie oder Baseline bildet hier den Ausgangspunkt für eine Optimierung. Interessanterweise sind viele Unternehmen nicht in der Lage, den internen und externen Ressourceneinsatz für die IT-Prozesse zu quantifizieren. Ohne die Identifikation der Bremsklötze fällt es schwer die Bremsen zu lösen. Dieses Defizit lässt sich allerdings in wenigen Wochen beseitigen, sodass dann der Beschleunigung der IT-Prozesse außer das eigentlich Tun nichts mehr im Wege stehen sollte.
Leider wird in den IT-Einheiten der agile Gedanke oft als Freifahrschein dafür verstanden, sich beliebige Freiheitsgrade zu erlauben. Wer hat nicht schon Aussagen gehört wie "wir brauchen keinen Projektplan - wir entwickeln agil". Doch das Gegenteil ist der Fall.
Gerade agile Vorgehen erfordern ein Höchstmaß an Systematik und Disziplin. Erst dann lassen sich die Vorteile höherer Kundenorientierung und schnellerer Entwicklung wirklich realisieren anstatt die Unternehmens-IT zurück ins Chaos zu führen.
IT-Architektur in den Griff bekommen
Die Komplexität der gewachsenen Anwendungslandschaften zu verstehen und letztendlich aus Kosten- und Geschwindigkeitsgründen zu reduzieren, ist eine äußerst anspruchsvolle Herausforderung. Dafür setzen viele Unternehmen verstärkt auf das IT-Architekturmanagement. Wie beim Hausbau bildet der Gesamtbebauungsplan die Grundlage für die gewünschte Optimierung. IT-Architekturmanagement ist jedoch keine Aufgabe, die an eine klassische Organisationsabteilung delegiert werden kann. Es ist vielmehr als Weiterentwicklung des in die Jahre gekommenen Prozess- und Produktmanagements zu verstehen.
Damit dies gelingt, ist die Komplexität der Architektur ist mit Hilfe von grafischen Hilfsmitteln darzustellen (z.B. als "Stadtplan") zu steuern und perspektivisch zu reduzieren. Über z.B. die Stadtplanmetapher können die Herausforderungen auch den Verantwortlichen der Geschäftsseite verständlich erklärt werden.
Anforderungen an das Architekturmanagement
Im Kern muss ein funktionierendes Architekturmanagement folgende Aufgaben erfüllen:
Transparenz über die Komplexität der Softwaresysteme
Aufzeigen von Systemteilen mit hohen "technischen Schulden"
Darstellung von Abhängigkeiten/Wissensmonopolen
Pro-aktive Weiterentwicklung der Architekturlandschaft
Identifikation von Systemteilen mit Modernisierungsbedarfen
Einflussnahme auf die Zukunftsfähigkeit
Steuerung der digitalen Transformation über Architekturveränderungen Herstellung Verständnis auf der Geschäftsseite
Möglichkeit zur Steuerung von (externen) Entwicklungsteams
In der Konsequenz agiert die IT mit einem funktionierenden IT-Architekturmanagement auf Augenhöhe mit den Geschäftseinheiten. Dies erfordert ein Umdenken bei allen Beteiligten: Individuelle Anpassungen an IT-Systemen auf Grund gewünschter Sonderlocken werden dann hinsichtlich ihres Nutzen hinterfragt und konsequenterweise auch abgelehnt.
Wie funktioniert Digitalisierung in meinem Unternehmen?
Die Kernfrage vieler Verantwortlichen lautet: "Wie funktioniert nun Digitalisierung in meinem Unternehmen?" Die Antwort auf die Frage hängt von der bereits vorliegenden digitalen Fitness im Unternehmen ab. Durch die Stellgrößen Organisation, Prozesse und Architektur wird ein ganzheitlicher Rahmen aufgespannt, der mit einem gezielten Handlungsprogramm mit Aktivitäten gefüllt werden kann. Transparenz und Entscheidungsfähigkeit der Verantwortlichen stehen im Zentrum der Betrachtung und ermöglichen damit die zielgerichtete und nachhaltige Steigerung der digitalen Fitness der IT und schließlich auch des Unternehmens.
Drei Schritte im Programm zur digitalen Fitness
Ein "Programm für digitale Fitness" schlägt dabei zwei Fliegen mit einer Klappe: Es zeigt die Richtung zu einer schlankeren IT und ebnet so den Weg zur Digitalisierung des Geschäfts. Ein solches Programm besteht grundsätzlich aus drei Schritten:
Im ersten Schrittgeht es um die Feststellung der Ausgangssituation bzgl. Organisation, Prozesse und Architektur.
Im zweiten Schrittwird ein gemeinsames Zielbild erarbeitet.
Im dritten und letzten Schrittwird ein Handlungsprogramm abgeleitet sowie ein Masterplan zur Umsetzung entwickelt.