Die Studie identifizierte lediglich zehn Prozent der teilnehmenden Unternehmen, die IT-Demand-Management bereits professionell betreiben. Eine mögliche Ursache hierfür ist, dass den Unternehmen meist ein tieferes Verständnis für die komplexe Materie fehlt.
Was ist unter IT-Demand-Management zu verstehen?
IT-Demand-Management ist eine elementare Komponente eines erfolgreichen IT-Betriebs. Es stellt eine zentral koordinierte Funktion im Unternehmen dar, die dazu beiträgt, IT-Unterstützungsbedarf auf der Fachseite zu identifizieren, zu verstehen und sinnvoll in IT-Projekte zu übersetzen. Demand-Management ist eine wesentliche Voraussetzung für die Ausrichtung der IT an den Geschäftsbedürfnissen - im Fach-Jargon auch als Business-IT-Alignment bezeichnet.
IT-Demand-Management ist zunächst als zyklischer Ablauf aufzufassen, der durch vier grundlegende Phasen gekennzeichnet ist:
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Capture and prepare demand: Identifikation und Erfassung von IT-Anforderungen
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Aggregate and reveal demand: Konsolidierung, Offenlegung und Diskussion des identifizierten Bedarfs; Herausarbeiten von Projekt- und Programmvorschlägen
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Optimize and align demand: Optimierung und Abstimmung der Anforderungen, Konkretisierung möglicher Lösungsansätze
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Charge-back demand: Verrechnung der in Anspruch genommenen IT-Leistungen auf Basis adäquater Verrechnungsstrukturen
Um diese erfolgreich zu durchlaufen beziehungsweise umzusetzen, sollten folgende fünf Kernbereiche beachtet werden:
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Culture: Eine stark ausgeprägte Kommunikationskultur als Basis und Kernkomponente des IT-Demand-Managements für eine effiziente Kommunikation zwischen IT und Fachseite.
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Detailed Process: Konkrete Ausgestaltung der Detail-Abläufe zur Sicherstellung eines erfolgreichen Gesamtprozesses.
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Pricing & Incentives: Verrechnungsstrukturen, die die anfallenden Kosten reflektieren und zu ökonomisch sinnvollen Entscheidungen führen.
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Governance: Klare Rollen und Verantwortlichkeiten zur Sicherstellung eines möglichst optimalen Business-IT-Alignment.
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Methods & Tools: Unterstützende Werkzeuge und Methoden zur Gewährleistung effizienter Abläufe.
Wie wird IT-Demand-Management in der Praxis umgesetzt?
In Bezug auf kulturelle Aspekte haben die in der Deloitte-Studie befragten Unternehmen relativ positive Einschätzungen abgegeben. So bescheinigten sich 42 Prozent ein gut bis sehr gut ausgeprägtes gegenseitiges Verständnis zwischen Fachseite und IT. Positiv äußerten sich die Unternehmen auch zu ihrer Informations- und Kooperationskultur - 62 Prozent bezeichnen diese als weitestgehend beziehungsweise sehr offen.
Sobald allerdings die konkrete Umsetzung im Vordergrund steht, lassen sich negativere Umfrage-Ergebnisse feststellen. In Bezug auf die konkrete Prozess-Ausgestaltung sind bei über der Hälfte der Teilnehmer bestenfalls unvollständige Teilprozesse vorzufinden. Bei über 20 Prozent besteht überhaupt kein formalisierter Prozess. Auch sind Transparenz und Anwendung vorhandener Prozess-Strukturen bei über 40 Prozent der Unternehmen sehr begrenzt.
Im Hinblick auf die Leistungsverrechnung besteht ebenfalls erheblicher Verbesserungsbedarf, denn bei nur etwa 28 Prozent erfolgt diese verbrauchsabhängig und orientiert sich an wesentlichen Kostentreibern. Knapp 20 Prozent praktizieren gar keine Kostenverrechnung. Hinsichtlich der organisatorischen Verankerung von IT-Demand-Management (Governance) ist auffällig, dass ein sehr großer Teil der Unternehmen (etwa 80 Prozent) hierfür keine dezidierte Funktion implementiert hat. Knapp 30 Prozent haben IT-Demand-Management überhaupt nicht organisatorisch eingeordnet. Auch beim Methoden- und Tool-Einsatz treten Mängel zu Tage: Knapp ein Drittel aller Studienteilnehmer setzt keine speziellen Methoden und Tools ein, bei weiteren 20 Prozent ist deren Umfang stark reduziert.
Wie kann das IT-Demand-Management verbessert werden?
Mögliche Optimierungsoptionen beziehen sich insbesondere auf die Demand-Management-Komponenten Process, Pricing & Incentives, Governance sowie Methods & Tools. Notwendige kulturelle Voraussetzungen sind in den befragten Unternehmen häufig gegeben und sollten als Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen und eine konsequente Integration genutzt werden. Wesentliche Verbesserungsmaßnahmen sind:
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Die Realisierung eines durchgängig implementierten und kommunizierten IT-Demand-Management-Prozesses als "Quick Win".
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Die Etablierung einer Demand-Manager-Rolle als essenzielles Mittel zur Gewährleistung hinreichender Transparenz und Governance.
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Die Überprüfung und Optimierung der Tool- und Methoden-Konsistenz - nicht nur der Einsatz spezifischer Tools ist wichtig.
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Die Implementierung von markt- und verbrauchsorientierten Leistungsverrechnungsstrukturen.
Des Weiteren ist bei der Priorisierung von Verbesserungsmaßnahmen der Reifegrad des IT-Demand-Managements zu beachten. Steckt die Auseinandersetzung mit der Thematik noch "in den Kinderschuhen“, sollten sich die weiteren Aktivitäten auf Aufbau und Pflege der Zusammenarbeit zwischen Fachseite und IT sowie die Definition und Implementierung von Prozess-Strukturen konzentrieren.
Befindet sich der Reifegrad bereits auf fortgeschrittenem Niveau, sind vor allem die Prozesseinhaltung sicherzustellen und die Governance-Strukturen zu verbessern. Erst wenn IT-Demand-Management auf einem sehr ausgereiften Level betrieben wird, sollten die Einführung von markt- und verbrauchsorientierten Leistungsverrechnungsstrukturen und der durchgängige Einsatz von spezifischen Methoden und Tools in Angriff genommen werden.
Die Wichtigkeit von IT-Demand-Management ist zwar hinreichend erkannt, nichtsdestotrotz finden die wesentlichen Komponenten und Erfolgsfaktoren in vielen Unternehmen noch nicht ausreichend Beachtung. Um Verbesserungen zu erzielen, ist es notwendig, diese zu verinnerlichen und darauf aufbauend in Abhängigkeit vom individuellen Reifegrad des IT-Demand-Managements gezielte Maßnahmen zu selektieren, zu initiieren und umzusetzen.
Peter Ratzer ist Berater für IT-Strategie bei Deloitte.