Aus Sicht der meisten Unternehmen ist der sich zuspitzende Fachkräftemangel ein Ärgernis. Ganz und gar nicht gilt dies derzeit für Anbieter, die freiberufliche IT-Spezialisten rekrutieren, vermitteln und Firmen bei der Projektsteuerung helfen. Um 19,6 Prozent ist die Branche laut einer Studie der Marktforscher von Lünendonk 2010 gewachsen. Für 2011 gehen diese Unternehmen durchschnittlich von einem Plus von 25,3 Prozent aus. Auch mittelfristig sind die Prognosen äußerst optimistisch.
„Die positiven Umsatzentwicklungen werden auch durch die Anzahl der Projekte und Projektanfragen gestützt“, sagt Hartmut Lüerßen, Partner der Lünendonk GmbH. Im Jahr 2010 wurden laut Studie durchschnittlich 3473 Projekte von den Kundenunternehmen angefragt. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 35 Prozent im Vergleich zu 2009. Rund 780 der angefragten Projekte wurden realisiert.
Die Erwartungen für das laufende Jahr 2011 sehen sogar noch besser aus: Die analysierten Dienstleister rechnen durchschnittlich mit 4221 Projektanfragen der Kundenunternehmen, von denen sie 988 Projekte umsetzen wollen.
Was Anwender nachfragen
Anwender legen vor allem Wert auf Lieferfähigkeit – zumindest aus dem Blickwinkel der befragten Service-Anbieter. Auf einer Skala von -2 bis +2 bewerteten sie die passgenaue Besetzung freier Projektstellen mit 1,8 als wichtigsten Faktor bei der Kundengewinnung. Auf den Plätzen folgen das Preis-Leistungsverhältnis mit 1,6 im Mittel sowie jeweils mit 1,4 Qualität der Zusammenarbeit und Schnelligkeit.
Für die mit Projekten betrauten IT-Abteilungen ist der Boom in diesem Freiberufler-Segment nicht unbedingt ein Grund zu frohlocken. Diese Zahlen bestätigen, dass aktuell in den Kundenunternehmen nicht ausreichend qualifizierte IT-Fachkräfte zur Besetzung der laufenden und geplanten Projekte vorhanden sind. Kapazitätsengpässe müssen somit durch freiberufliche IT-Experten geschlossen werden.
Personalagenturen gehen die IT-Freiberufler aus
Das gelingt derzeit offenbar noch einigermaßen. Aber auch das gedeihliche Geschäft der Dienstleister ändert nichts daran, dass der Pool an IT-Freiberuflern endlich ist. „Inzwischen ist die schleppende Rekrutierung von freiberuflichen IT-Experten bereits wieder ein Wachstumshemmnis, das zeigen viele Gespräche mit führenden Dienstleistern“, heißt es in der Studie. „Für die Auftraggeber bedeutet das längere Wartezeiten, bis die richtigen Profile gefunden sind und Kandidaten zur Verfügung stehen.“
Lünendonk rät Anwenderunternehmen deshalb, Dienstleister früher in die Planungsprozesse einzubeziehen. Nur so ließen sich Projektbesetzungsquoten und Laufzeiten im Rahmen halten. Wer weiter auf Ad-hoc-Rekrutierung setze, müsse mit langen Wartezeiten und überproportional steigenden Honorarforderungen rechnen. Eventuell müsse man Mitarbeiter aus anderen Projekten herauskaufen, was neben hohen Kosten auch zu einem Imageschaden führen könne.
Die Marktforscher raten deshalb zu einer Art „Planungspartnerschaft“ mit den Vermittlungsfirmen. Für die Zukunft benötigten deren Kunden deutlich mehr Transparenz über intern vorhandene und extern zuzukaufende Kompetenzen. „Für ein nachhaltiges strategisches Personal- und Talentmanagement wäre ein Mehr an Transparenz Gold wert“, heißt es in der Studie weiter.
Agenturen sollen sich internationalisieren
Aber auch für Anbieter erschwert diese Entwicklung langfristig die Lage, denn das Kundenpotenzial stößt hierzulande bald an Grenzen. Lünendonk empfiehlt den in Deutschland ansässigen Anbietern deshalb, ihr Geschäft zu internationalisieren. „Dabei könnten die Dienstleister ihren deutschen Kunden ins Ausland folgen“, schlagen die Marktforscher vor. „Im Fokus stehen dabei nicht nur China und Indien, sondern auch Südamerika und andere aufstrebende IT-Delivery-Standorte.“
Diesen Gedanken über die Zukunft geht in der Studie allerdings die Analyse des Status Quo im Jahr 2010 voraus. Hier zeigt sich, dass Anwenderunternehmen in allen wesentlichen Themenfeldern und Projektsituationen Freiberufler einsetzen. Der Schwerpunkt der Arbeit der freiberuflichen IT-Fachkräfte lag 2010 erneut bei der IT-Beratung einschließlich Planung und Design. Auf diesen Bereich entfiel etwa ein Viertel des Umsatzes der Branche.
Aufträge: IT vergibt noch 44 Prozent
An zweiter Stelle folgen Projektmanagement mit 17 Prozent und Individual-Software-Einführung mit 13 Prozent. Diese drei Themenfelder, machen damit über die Hälfte der Tätigkeiten aus. Dahinter reihen sich Systemintegration, Standardsoftware-Einführung und Qualitätssicherung mit jeweils etwa 12 Prozent ein.
Die wichtigste Kundenbranche ist nach wie vor die Telekommunikations- und IT-Branche, auf die fast ein Drittel der Umsätze entfällt. An zweiter Stelle – ohne nennenswerte Veränderungen zum Vorjahr – hält sich der Bankensektor mit einem Anteil von etwa 12 Prozent. Es folgen Chemie- und Pharmaindustrie sowie Unternehmen aus dem Bereich Energie, Verkehr und Logistik.
In der Vergangenheit wurden die Anfragen direkt aus der IT-Abteilung gestellt. „Doch in den letzten Jahren haben der Einkauf sowie die Fachabteilungen als Auslöser von Projektanfragen an Bedeutung gewonnen“, heißt es in der Studie. „Die Verschiebungen scheinen sich jedoch abzuschwächen.“ So entfielen 2010 auf die IT-Abteilungen knapp 44 Prozent der Auftragsvergaben – ein Minus von etwa einem Prozent gegenüber 2009. Der Einkauf war für 36 Prozent der Auftrag verantwortlich, die Fachabteilungen für 18 Prozent.
Die Studie „Der Markt für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher IT-Experten in Deutschland“ ist bei Lünendonk erhältlich.