Wohl jeder Berufstätige empfindet seinen Job gelegentlich als stressig. IT-Profis tun das gewiss mit Recht – umso mehr, als die Verantwortung für permanent verfügbare Technologie eine Form von Dauerbereitschaft erzeugt. Diesem Phänomen widmet sich eine Studie des Anbieters Emerson Network Power, die auf einer Umfrage unter fast 800 IT-Experten in Asien, Europa, Lateinamerika und den USA basiert. Darin wird beleuchtet, in welchem Ausmaß die Experten immer verfügbar, immer mit Höchstleistung und immer mit höchster Präzision arbeiten müssen.
Der Always-On-Report des Anbieters mündet unter anderem in eine Rangliste der zehn IT-Berufe mit dem höchsten Verfügbarkeitszwang. Der CIO steht hier auf dem dritten Platz hinter Executive Director/Administrator und Berufen in der IT-Beschaffung.
Auf Platz Vier folgen Berufe mit der Bezeichnung IT-Manager oder IT-Leiter. Dahinter reihen sich ein die Bereiche IT-Betrieb, Rechenzentrums-Management, Engineering, IT-Sicherheit, Softwareentwicklung und ganz am Ende die Datenbankverwaltung.
119 Stunden Bereitschaft bei 168-Stunden-Woche
CIOs müssen deshalb nicht gleich Streit mit ihren Administratoren suchen, wer nun tatsächlich mehr auszuhalten hat. Die Studie verweist darauf, dass die zehn untersuchten Berufe in etwa auf einem Niveau lägen. Auf einer Skala von 0 bis 100 liegt der ermittelte Durchschnittslevel an Verfügbarkeitszwang bei 71 Punkten. Anders ausgedrückt: Eine Woche hat 168 Stunden; davon muss ein IT-Spezialist im Mittel 119 Stunden in Bereitschaft sein.
„IT ist ein enorm anspruchsvoller Berufszweig“, kommentiert Blake Carlson, Vice President bei Emerson Network Power. „Von IT-Experten wird erwartet, dass sie intelligent, flexibel und schnell sind – fast so wie die Technologie, an deren Bereitstellung sie arbeiten.“ Es werde erwartet, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen und optimale Lösungen mit begrenzten oder unzureichenden Mitteln zu finden. „Nach meiner Erfahrung sind IT-Experten aus ganz besonderem Holz geschnitzt“, so Carlson.
CIOs: Multitasking ohne Pause
Laut Studie braucht es aber je nach Aufgabe durchaus verschiedenes Holz, denn Unterschiede zwischen den zehn Berufsbildern sind unübersehbar. CIOs müssen beispielsweise die im Vergleich höchsten Anforderungen im Bereich Abhängigkeiten und Multitasking erfüllen. Es besteht ein besonders hoher Zwang, gleichzeitig an mehreren Projekten zu arbeiten und schnell wichtige Entscheidungen zu treffen.
Entscheidungen müssen CIOs nahezu jederzeit treffen. „Ich muss nachts erreichbar sein und zu dieser Zeit genau so gute Arbeit leisten wie während des Arbeitstages“, berichtet etwa ein US-amerikanischer CIO aus der Baubranche. Andere Befragte gaben an, „Notrufe“ entgegennehmen zu müssen und auch im Urlaub kontaktiert zu werden.
„Der Beruf erfordert auch Fähigkeiten wie das Motivieren und Organisieren der Arbeit anderer Kollegen“, heißt es in der Studie. „Der Verantwortliche muss dafür sorgen, dass alle Teammitglieder entsprechend ihren Möglichkeiten arbeiten und dass bei Projekten allen Beteiligten dieselben Informationen zur Verfügung stehen.“ Wie nicht anders zu erwarten, gaben CIOs auch häufiger als jede andere IT-Rolle an, für einen Großteil des Firmenbudgets verantwortlich zu sein.
Wie verschieden die eigene Rolle empfunden werden kann, illustriert ein Blick auf die beiden Spitzenreiter. Lediglich ein Viertel der Administratoren, Abteilungsleiter und Direktoren gab an, dass ihr Erfolg oft von Dingen abhängig sei, auf die sie keinen Einfluss haben. „Der Erfolg liegt in ihrer Verantwortung, und das spiegelt sich in hohen Anforderungen wider“, so die Autoren der Studie.
Gänzlich anders gelagert ist die Situation im Bereich IT-Beschaffung. Mehr als die Hälfte der Befragten aus diesem Segment beklagten, keine Kontrolle über Terminpläne zu haben. Es fehle die Zeit, gute Arbeit zu leisten. Der Zeitdruck mag die IT-Profis allesamt verbinden – höchst unterschiedlich ist jedoch das Ausmaß an Abhängigkeit von anderen.
Security-Profis lassen sich Zeit
Vergleichsweise komfortabel erscheint diesbezüglich am anderen Ende der Skala die Situation der Anwendungs- und Softwareentwickler. Sie können sich auf ihre Arbeit konzentrieren und gute Arbeit leisten. Zwei Drittel haben nach eigenen Angaben genügend Zeit für gute Arbeit, sogar drei Viertel genießen zeitliche Freiräume, Dinge sorgfältig zu überdenken. 87 Prozent der Entwickler äußerten außerdem, dass andere von ihrer Arbeit abhängig seien.
Wer ein Rechenzentrum leitet, droht hingegen zur menschlichen Ausgabe der Maschine zu werden. „Einige der Befragten verglichen sich mit Servern, Rechenzentren und Systemen“, heißt es in der Studie. Ein dazu passendes Zitat eines Betroffenen: „Ich muss immer verfügbar sein – genau wie das System, und zwar das ganze Jahr über 24 Stunden täglich.“ In dieser Gruppe haben 70 Prozent nach eigenem Empfinden keine Kontrolle über den eigenen Terminplan – im Gesamtdurchschnitt sind das lediglich 45 Prozent.
Sicherheitsspezialisten betonen zwar fast durch die Bank, schnell wichtige Entscheidungen treffen müssen. Aber nur 61 Prozent sagten über sich, schnell auf sämtliche Anfragen zu antworten – hier liegt der Gesamtdurchschnitt bei 76 Prozent. „Dies verwundert uns, und wir möchten dazu gerne Meinungen von IT-Sicherheitsspezialisten einholen“, kommentiert Emerson Network Power.
Die Studie zeigt neben der Berufsrangliste auf, dass der Verfügbarkeitszwang offenbar in den USA am meisten ausgeprägt ist. Es folgen Asien, Europa und Lateinamerika in dieser Reihenfolge. Überdies ist der Druck besonders hoch in Unternehmen mit 5000 bis 9999 Mitarbeitern. In kleinen Firmen und Großunternehmen geht es offenbar deutlich entspannter zu. Der „The Most Always-On IT Jobs Report“ ist bei Emerson Network Power erhältlich.