WELTWEIT AKTIV sind die Consumer-Unternehmen des MDAX schon lange. Außerhalb des deutschen Marktes erwirtschaften sie mittlerweile beachtliche Umsatzanteile; der Absatz wächst dort stärker als in Deutschland. Jetzt steht bei Beiersdorf, Hugo Boss und Puma auch die Internationalisierung der IT auf der Prioritätenliste ganz oben: Die drei Konzerne investieren massiv in die länderübergreifende Integration. „Die Optimierung der gesamten Prozesskette fordert besonders die Bekleidungsbranche heraus“, sagt Rüdiger Spies, Ex-Vice-President der Unternehmensberatung Meta Group. Die Unternehmen müssen ihre Lagerbestände minimalisieren, um gebundenes Kapital lockerzumachen. Daher müssen sämtliche Abläufe, von der Beschaffung der Rohstoffe bis hin zur termingetreuen Auslieferung der fertigen Kollektionen, optimiert werden.
Der schnelle Modemarkt ist eine harte Nuss
Im Vergleich zu anderen Branchen sei die IT der Consumer-Unternehmen aber recht gut aufgestellt, urteilt Spies: "Durch die langjährige Erfahrung mit Produktionspartnern vor allem in Osteuropa ist die IT bereits moderner als in anderen Branchen." Als harte Nuss gilt die Schnelllebigkeit des saisonal geprägten Modemarktes, der rasche Kollektionswechsel erwartet und damit häufige Änderungen in Stoffen und Fertigungsprozessen erfordert. "Deshalb ist es wichtig, die Produktions- und Informations-Abläufe parallel auszurichten", sagt der langjährige Meta-Group-Berater.
Während sich Hugo Boss wie Adidas, Nike und Reebok für die Einführung des ERP-Moduls AFS (Apparel and Footware) für die Bekleidungs- und Schuhindustrie von SAP entschieden hat, entwickelt Puma eine eigene Lösung. Damit könne der Lifestyle-Konzern besser auf seine speziellen Bedürfnisse reagieren, sagt CIO Kurt Walter. In Branchenkreisen heißt es dagegen, dass die häufig kritisierten hohen SAP-Lizenzkosten ein Entscheidungskriterium sein könnten.
Ohnehin kommt SAP bei dem fränkischen Sportartikelhersteller nicht so recht zum Zug. Zwar wurde 1993 aus strategischen Gründen SAP R/3 eingeführt, außer bei Puma Austria kommen jedoch nur die Bereiche FI (Finanzwesen) und CO (Controlling) zum Einsatz.
Beschaffungsplattform bindet Zulieferer ein
Das derzeit größte IT-Projekt "GBS" wird, wie fast alle Systeme und Anwendungen, unter Linux betrieben. GBS steht für Global Business Service, eine standardisierte Beschaffungsplattform, in die die Produktionsstätten von über 30 Ländern, die Zulieferer und die Logistik-Provider eingebunden werden.
Die Kostenargumentation unterstützt auch Ernst Gadermann, Geschäftsführer der Hamburger Beiersdorf IT-Tochter BSS (Beiersdorf Shared Services) - obwohl sich BSS schon vor einigen Jahren ebenfalls aus strategischen Gründen für einen umfangreichen SAP-Einsatz entschieden hat. Ganz oben auf der To-doListe steht bei BSS die Optimierung des vor drei Jahren eingeführten R/3-Systems: "Dabei geht es vor allem darum, die internen Prozesse Standort übergreifend zu harmonisieren", sagt Gadermann.
Innovationspotenzial in Stammdaten
Sein Lieblingsprojekt ist allerdings die Internationalisierung der Stammdaten: "Dort steckt enormes Innovationspotenzial", sagt er. Für das kommende Jahr ist geplant, neben der weiteren Harmonisierung interner Prozesse besonders in der Supply Chain auch das 2005 entwickelte CRM-Tool international aufzustellen und die Business-Intelligence-Systeme zu konsolidieren.
Auch bei Hugo Boss hat die Prozessoptimierung oberste Priorität. CIO Josef Richter soll - so steht es auch im Geschäftsbericht - dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Informationsanforderungen der Geschäftsbereiche und die gesamte Prozesskette besser erfüllt und eine deutliche Effizienzsteigerung in allen Arbeitsabläufen erreicht werden. Zielvorgabe sind jährliche Synergieeffekte in niedriger einstelliger Millionenhöhe.
Nach einer umfassenden Prozessanalyse fiel die Entscheidung zur Einführung des ERP-Systems SAP AFS (Apparel und Footwear). Als Pilotprojekt wählte Richter den Unternehmensbereich "Hugo": "In diesem Bereich werden mit HAKA, DOB und Accessoires exakt die gleichen Prozesse bearbeitet wie in allen anderen - für einen Piloten sind das ideale Voraussetzungen." Bei erfolgreichem Verlauf soll AFS in allen Unternehmensbereichen implementiert werden.