Stromsparen greift zu kurz

IT muss 40 Prozent Energie sparen

02.12.2010 von Johannes Klostermeier
Das IT-Dienstleistungszentrum beim Bundesverkehrsministeriums hat am "Green IT Assessment" der Experton Group teilgenommen. Marco Reinhardt berichtet über die Ergebnisse und welche Maßnahmen er nun ergreift.
Foto: Wasserwirtschaftsamt

Marco Reinhardt arbeitet im Dienstleistungszentrum Informationstechnik bei der Bundesanstalt für Wasserbau im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Referat Systeme und Betrieb. Er sprach mit unserer Schwesterpublikation CIO.de über die Ergebnisse des Green IT Assessments.

CIO.de: Was macht das Dienstleistungszentrum Informationstechnik genau?

Marco Reinhardt: Wir sind der zentrale IT-Dienstleister im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und betreiben eine ganze Anzahl von zentralen IT-Verfahren und entwickeln auch IT-Verfahren für diese Verwaltung. Wir sind der Mittler zwischen der Fachlichkeit in den Behörden und den Auftragnehmern, die das realisieren.

CIO.de: Sie haben an einem Assessment-Center der Experton Group zum Thema Green IT teilgenommen. Wie kam es dazu?

Marco Reinhardt: Ich habe darüber gelesen und dann dort einfach angerufen. Der IT-Rat des Bundes hat 2008 beschlossen, dass die Bundesverwaltung im IT-Betrieb 40 Prozent der verbrauchten Energie bis zum Jahr 2013 einsparen muss. Vor solchen Anforderungen steht man nicht alle Tage. Betroffen ist auch nicht nur die reine IT, sondern auch die Umgebungsgeräte, die Klimatisierung, die Stromversorgung und so weiter. Wir wollten einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und in einem ersten Schritt den Ist-Stand feststellen. Dazu haben wir das standardisierte Angebot gerne angenommen.

CIO.de: Wie lief das Verfahren ab?

Marco Reinhardt: Zwei Berater waren bei uns und haben sich alles angeschaut. Sie hatten uns zuvor schon einen ausführlichen Fragebogen geschickt. Dazu gab es mehrere Telefonkonferenzen, um Verständnisfragen zu klären. Es wurde dann einen Bericht erstellt, aus dem hervor geht, wo wir jetzt stehen, was wir von den Best-Practices der Industrie schon umgesetzt haben und wo noch Verbesserungspotenzial besteht.

CIO.de: Sie wollten wissen, was es im Bereich Green IT alles gibt?

Marco Reinhardt: Ja, denn wir haben nicht die Zeit, alles mitzulesen, was unter dem Aspekt Green IT auf dem Markt zur Verfügung steht. Das war ja 2008 ein relativ neues Thema für uns. Wir haben zuvor die Systeme nicht nur nach ihrem Energieverbrauch ausgewählt, sondern vor allem nach fachlichen Leistungskriterien. Das hat jetzt eine ganz andere Bedeutung bekommen.

Um Nachhaltigkeit geht es, nicht um Stromsparen

CIO.de: Was haben Sie noch gelernt?

Marco Reinhardt: Das Thema wird oft auf das Stromsparen verkürzt, es geht aber um Nachhaltigkeit. Das man gleichzeitig beachten muss, welche Geräte man beschafft, dass man Zusagen der Hersteller benötigt, ob dort irgendwelche Giftstoffe verbaut sind und vieles mehr erschließt sich meist erst nach einer genaueren Beleuchtung des Themas.

CIO.de: Wurden Ihre Wünsche berücksichtigt?

Marco Reinhardt: Nach der Begehung durch die Experten haben diese eine grobe Vorschlagsliste erarbeitet, welche Maßnahmen bei uns denkbar wären. Die haben wir dann bewertet. Die, von denen wir gesagt haben, sie seien denkbar, wurden dann weiter ausgeführt. Wir hatten zum Beispiel im Jahr davor die Klimaanlage ausgetauscht, alle größeren Maßnahmen zu deren Veränderung fielen natürlich im Vorhinein aus. Das wäre wirtschaftlicher Wahnsinn, egal wie gut oder schlecht diese neue Anlage ist oder wie viel Strom sie verbraucht.

Die Umstellung, das war auch ein Vorschlag, etwa von Luft- auf Wasserkühlung im Serverraum mag zwar die Energieeffizienz verbessern, würde aber ein gewaltigen Bauaufwand nach sich ziehen, der sich für uns wirtschaftlich nicht lohnen würde.

CIO.de: Gab es noch einen Abschluss-Workshop?

Marco Reinhardt: Ja, nachdem die Ergebnisse mit uns vordiskutiert worden waren, gab es anschließend einen Workshop mit der Leitung unserer Dienststelle und den Entscheidern bei uns, um zu klären, wo wir stehen, was die Best Practice-Ansätze in der Industrie sind und was sie uns unter unseren Bedingungen empfehlen würden. Es ging immer dabei um diese Dreiteiligkeit.

CIO.de: Wie lange hat der ganze Bewertungsprozess gedauert?

Marco Reinhardt: Mitte November 2009 war der erste Workshop, drei Wochen vorher haben wir den Fragebogen bekommen. Der Abschlussworkshop fand Anfang dieses Jahres statt.

Wesentliche Maßnahme: Server-Virtualisierung

CIO.de: Wann wollen Sie die empfohlenen Dinge umsetzen?

Marco Reinhardt: Wir wollen Anfang kommenden Jahres damit anfangen. Das dauert natürlich, denn es muss alles von Fachplanern geplant werden. Dies steht kurz vor dem Abschluss. Wir werden auf der einen Seite einfache Dinge umsetzen, wie etwa ungenutzte Servereinschübe verschließen oder die Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Serverraum erhöhen. Das sind Maßnahmen, die kein Geld kosten und sofort machbar sind.

Gleichzeitig planen wir einen größeren Umbau: Wir werden im Rechenzentrum ein Warm-Kaltgang-Konzept umsetzen und das Layout völlig verändern. Und wir werden die Stromversorgung anpassen, um an Flexibilität zu gewinnen. Wesentliche Maßnahmen sind natürlich auch die Server-Virtualisierung und die teilweise Ersatzbeschaffung.

CIO.de: Hat sich das Ganze für Sie gelohnt?

Marco Reinhardt: Ja, wir sind zufrieden. Denn wir standen damals vor dem Thema und wussten nicht recht, wo wir anfangen sollten. Es besteht dabei ja immer die Gefahr, eine wichtige Baustelle zu vergessen, wo man vielleicht noch effektiver Strom sparen könnte.

Durch die Gespräche und den Workshop haben wir schließlich das Gefühl bekommen, das wir tatsächlich alles Wichtige bedacht haben. Wir haben auch Empfehlungen bekommen, die für uns damals gar nicht so sichtbar waren. Es ist immer schwierig, wenn man das Thema vorher noch nicht bearbeitet hat. Wir würden wieder so vorgehen. Das Geld dafür hat sich gelohnt.

Vier Fragen an Wolfgang Schwab, Senior Advisor & Program Manager Efficient Infrastructure bei der Experton Group

Wolfgang Schwab von der Experton Group.
Foto: Experton Group

CIO.de: Wie zufrieden sind Sie von Experton mit dem Assessment?

Wolfgang Schwab: Wir sind sehr zufrieden, die Kooperation lief hervorragend. Wir haben alle nötigen Informationen bekommen. Es gab keine besonderen Vorkommnisse. Die Ergebnisse sind nicht perfekt, das liegt auf der Hand, das schafft aber heute kein Unternehmen und keine Behörde. Durch das Assessment soll man auf den richtigen Weg gebracht werden und kann dann Dinge, die man bisher falsch gemacht hat, in Zukunft richtiger machen.

CIO.de: Was ist das Gute an dem Blick von außen?

Wolfgang Schwab: Das man letztlich alles hinterfragen kann, weil man selber die Infrastruktur nicht kennt. Wenn man jahrelang in einer Infrastruktur arbeitet, wird man betriebslind. Sie wissen theoretisch zwar, dass man etwa offene Rack-Einschübe mit Blindblenden zumacht, aber bei ihnen wird das eben nicht gemacht. Und dann kommen Sie auch nicht auf die Idee, das zu machen.

CIO.de: Wem würden Sie so ein Assessment empfehlen?

Wolfgang Schwab: Eigentlich allen Unternehmen, die selber ein mittelgroßes bis großes Rechenzentrum betreiben und das auch in Zukunft tun wollen.

CIO.de: Was kann man einsparen?

Wolfgang Schwab: Wenn man relativ schlecht war und bereit ist, relativ viel zu ändern, dann kann man mit einer Energieeinsparung von 30 bis 50 Prozent rechnen.