In die Bewertung flossen sechs Faktoren ein, die die Analysten unterschiedlich gewichteten: die Bedingungen für Forschung und Entwicklung mit 0,25, IT-Infrastruktur und Human-Kapital jeweils mit 0,20, die politische Unterstützung für die Branche mit 0,15, das allgemeine Geschäftsumfeld sowie das Rechtssystem jeweils mit 0,10. Im Einzelnen kam die Intelligence Unit zu folgenden Ergebnissen:
Forschung und Entwicklung: Kein Land kann dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben, nur weil dort zu niedrigen Kosten gearbeitet wird. Das schreiben die Analysten insbesondere China und Indien ins Stammbuch, die im Feld des Research & Development (R&D) nicht auftauchen. Höhere Preise und Margen erzielen auch kleine Software-Firmen nur, wenn sie innovative Lösungen entwickeln oder anwenden.
Ostasien macht vor, wie es geht. Japan ist in diesem Bereich weit voran geprescht, gefolgt von Südkorea und Taiwan. Entscheidender Faktor ist laut Studie die erfolgreiche Jagd der Unternehmen nach Patenten. Private R&D-Investitionen begünstigen die Lage dort ebenso wie in den USA, Schweden und Finnland, die auf den Plätzen Vier bis Sechs folgen.
Während in Japan und Südkorea die Regierungen erfolgreich spezialisierte Sub-Industrien etablierten, wuchsen in Finnland und Schweden im Gefolge von Handy-Herstellern wie Nokia und Ericsson innovative Software-Anbieter heran. "Als kleines Land musst du eine Nische finden - du kannst kein Generalist sein", zitiert die Studie Chris Harrison von Ernst & Young. Das gilt auch für Deutschland, das hier auf dem siebten Rang im Vorderfeld liegt. Laut SAP-Deutschland-Chef Henning Kagermann hat die Bundesrepublik im Software-Engineering gute Chancen, sich an der Weltspitze festzusetzen.
IT-Infrastruktur: In dieser Kategorie zählen die Durchdringung mit PCs und Breitband-Anschlüssen, die Internet-Sicherheit und die Höhe der IT-Ausgaben. An der Spitze liegt hier die Schweiz vor Kanada und den USA. Zwar entfallen auf die Vereinigten Staaten zwei Drittel der weltweiten Business-to-Business-Ausgaben. Bei der Verbreitung von Hochgeschwindigkeitsinternet oder bei den Data Services hinken die USA nach. Deutschland liegt zwischen Singapur und Österreich auf Platz 13. Die Kluft zwischen OECD-Staaten mit einer Breitband-Durchdringung von mehr als 20 Prozent und Entwicklungsländern mit fünf Prozent und weniger erscheint eklatant.
Human-Kapital: "Qualifiziertes Personal bildet in jedem Land das Herz des IT-Sektors“, heißt es in der Studie. In Deutschland pumpt dieses Herz zu wenig Blut durch die Adern. Es fehlt bekanntlich an Fachkräften - und so strandet die Bundesrepublik hier auf Platz 20. Die USA, Singapur, Großbritannien und Australien gelingt es am besten, für eine ausreichende Zahl an gut ausgebildeten Mitarbeitern zu sorgen. Probleme bestehen indes in vielen Ländern.
Indien beispielsweise bringt jährlich 2,5 Millionen Hochschulabsolventen (200.000 Ingenieure) hervor - eine erkleckliche Masse. Allerdings erstickt der Studie zufolge ein rigider, verschulter Unterricht häufig die Keime kritischen Denkens - der Innovationskraft dieses Standorts nicht eben förderlich. Überall jedoch gilt es, zielsicherer Mitarbeiter zu rekrutieren. Ansage an die Firmen: Es gibt keinen Grund, warum Projekt-Manager ihre Karriere wie so oft als Software-Entwickler beginnen müssen.
Politische Unterstützung: Die hiesigen Regierungen tun wenig für die Branche - und im Zweifel das Falsche. Jedenfalls taucht Deutschland hier nicht unter den Top 20 auf. Dänemark, Norwegen und Singapur erhalten hingegen die besten Noten. Allerdings verdeutlicht die Studie, dass die Rolle der Politik oft ein zweischneidiges Schwert ist. Es kommt darauf an zu fördern, ohne das Siechtum kranker Firmen am Subventionstropf zu verlängern. Statt direkter Hilfen favorisieren die Autoren die Schaffung eines positiven Umfelds für Investitionen.
Obwohl Irland auf Platz Elf abrutschte, hebt die Studie den gälischen Weg als vorbildlich hervor. Schon in den 1980er-Jahren lockte die Dubliner Regierung mit niedrigen Steuern internationale Riesen wie Hewlett-Packard oder Microsoft ins Land. Dort lernten viele Spezialisten ihr Handwerk, um sich später mit eigenen Firmen selbständig zu machen.
Allgemeines Geschäftsumfeld: Neben politischer und gesamtwirtschaftlicher Stabilität zählen hier viele weitere Faktoren, zum Beispiel die Sicherheit von Privateigentum, Transparenz und Konsistenz in der Regulierung oder die Förderung von Außenhandel und Binnen-Investitionen. Hongkong liegt auf dem ersten Platz vor den USA und Irland. Deutschland ist 15.
Rechtliche Bedingungen: Hier kommt es auf die Balance an. Das Rechtssystem soll einerseits Freiheit und Offenheit garantieren. Andererseits braucht die IT-Branche besonderen Schutz - in Form von Patentrecht, Urheberrecht, Markenschutz sowie Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die Studie findet die überzeugendsten Arrangements in den USA, Großbritannien und Irland. Deutschland liegt auf Platz Zehn.
Gesamt-Ranking: Mit einem Gesamt-Index-Wert von 77,4 müssen sich die USA um den Platz an der Sonne nicht sorgen. Auf dem zweiten Platz folgt Japan (72,7) vor Südkorea (67,2) und Großbritannien (67,1). Vor der mit einem Wert von 58,2 geführten Bundesrepublik liegen neben dem Vereinigten Königreich sieben weitere europäische Länder. Neben der Schweiz auf Platz Zehn, den Niederlanden auf Rang Zwölf und der Nummer 15 Irland schneiden insbesondere die skandinavischen Länder bestens ab: Schweden ist Siebenter, Dänemark Achter, Finnland 13. und Norwegen 14.
Der Economist-Index macht eines deutlich: Mögen noch so viele IT-Spezialisten in den Offshore-Ländern für geringes Honorar arbeiten, die klassischen Industriestaaten behalten ihre Wettbewerbsvorteile auf den meisten anderen Feldern. Südamerika erstrahlt hier keineswegs als neuer Stern am IT-Himmel: Brasilien ist 43., Argentinien 45. Das alte Europa - etwa Frankreich als 18. oder Belgien als 22. - übertrumpft ungefährdet auch die aufstrebenden Nachbarn im Osten des Kontinents. Die lauern dicht gedrängt auf den Rängen 27 bis 30: Slowenien vor Ungarn, Tschechien und Polen.
Economist Intelligence Unit analysiert die Situation in "The means to compete. Benchmarking IT industry competitiveness" im Auftrag der Business Software Alliance.