Mit dem Anbieten von IT-Outsourcing-Services kann Umsatz gemacht werden - nach wie vor. Aber der Markt hat seinen Zenit überschritten. Die meisten Provider haben nicht erkannt, welche Herausforderungen sie schultern müssen. Das beginnt bei der Einschätzung der Lage: 82 Prozent der Offshore-Anbieter wiegen sich in dem falschen Glauben, dass die Budgets für Outsourcing dieses Jahr steigen. Faktisch aber erklären nur 64 Prozent der befragten Unternehmen, ihre Etats anzuheben. Ähnlich sieht es beim Thema Onshore aus: 62 Prozent der Dienstleister erwarten mehr Investitionen von Kundenseite. Tatsächlich planen das aber nur 50 Prozent der Unternehmen.
Aus Unternehmenssicht sprechen drei Gründe gegen das Outsourcing: Erstens stellen CIOs und Geschäftsleitungen immer öfter fest, Bereiche ausgelagert zu haben, die eigentlich zu ihren Kernkompetenzen zählen. Diese werden nun wieder zurückgeholt. Zweitens erfüllt Outsourcing häufig die Erwartungen nicht und drittens geben viele Befragte zu, sie hätten die Komplexität unterschätzt, die mit der Partnersuche oder dem Aushandeln von Verträgen verbunden ist.
Die Anbieter erkennen die Zeichen nicht
Fazit der Analysten: Der Markt ist für die Provider schwieriger geworden. Dabei neigen viele Dienstleister aber dazu, selbst deutliche Anzeichen zu übersehen. So haben in diesem Jahr bereits 47 Prozent der befragten Unternehmen mindestens einmal einen Outsourcing-Vertrag vorzeitig aufgekündigt. Vor zwei Jahren lag diese Rate noch bei 21 Prozent.
Diesen Punkt haben die Autoren der Studie genauer unter die Lupe genommen. Sie wollten wissen, welche Gründe zu einem vorzeitigen Vertrags-Abbruch führen. Auch dabei gehen die Sichtweisen von Kunden und Anbietern drastisch auseinander:
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Verträge mit Onshore-Providern werden aus Kundensicht vorwiegend aus folgenden Gründen gekündigt: Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) ist schlicht unzufrieden mit der Leistung, 42 Prozent führen eine Änderung der Strategie an und 16 Prozent können die erhofften Kostensenkungen nicht erreichen.
Demgegenüber erklären sich die Dienstleister das vorzeitige Ende der Zusammenarbeit mit diesen Gründen: Der Kunde hat seine Strategie geändert (43 Prozent), der Kunde hat die betroffenen Services wieder ins Haus geholt (43 Prozent) oder der Kunde ging pleite (36 Prozent). Immerhin 21 Prozent räumen die nicht realisierten Kostensenkungen ein. Kein einziger Provider ist der Meinung, er habe eine unbefriedigende Leistung abgeliefert.
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Die Kündigung eines Offshore-Dienstleisters begründen die Kunden wie folgt: Es wurden die erwarteten Kostensenkungen nicht erzielt (47 Prozent), die Leistung hat nicht gereicht (45 Prozent) oder es wurde eine neue Strategie eingeschlagen (36 Prozent).
Die Gegenseite sieht es anders. Offshore-Provider meinen, sie hätten die Kunden verloren wegen des Wechsels der Geschäftsstrategie (62 Prozent), weil der Partner die Dienstleistung doch wieder inhouse erledigt (38 Prozent) oder nicht mehr zahlen kann (38 Prozent). 15 Prozent erkennen an, dass der Kunde die erhofften Kostensenkungen nicht erreicht hat - und, anders als bei den Onshore-Kollegen, sehen 15 Prozent ein, dass ihre Leistung einfach nicht gut genug war.
Das ist ein bemerkenswerter Schritt zur Selbsterkenntnis gegenüber den Onshore-Dienstleistern, aber noch immer klaffen Kunde und Anbieter in diesem Punkt mit ihrer Einschätzung um 30 Prozent auseinander.
Dennoch: US-Firmen werden weiterhin outsourcen. Die Treiber sind bekannt: Kostensenkung, Konzentration auf die Kernkompetenzen, Entlastung der internen Ressourcen. Die Autoren der Studie gehen aber davon aus, dass sich der Markt weiterhin konsolidieren wird. Wenn mittlere oder kleine Dienstleister nicht geschluckt werden wollen, sollten sie sich auf bestimmte Leistungen spezialisieren.
Ein Blick auf die Weltkarte untermauert den Ruf Chinas als neuem Offshore-Ziel: Dieses Jahr geben 48 Prozent mehr Unternehmen an, ins Land des Lächelns auslagern zu wollen als 2004. Nichtsdestoweniger kann sich Indien behaupten, drei von vier Befragten lagern dorthin aus. Für US-Firmen ist außerdem Kanada interessant. Der Trend geht zu der Auffassung, dass die sprachliche und kulturelle Nähe die geringeren Kosteneinsparungen wett macht.
Ost-Europa rückt ins Blickfeld
Aber auch Ost-Europa rückt in den Mittelpunkt. Dieser Region trauen die Studienteilnehmer in den kommenden drei bis fünf Jahren eine deutliche Entwicklung zu - sowohl auf Kunden- wie auf Anbieterseite.
Diamond Cluster International hat für die "2006 Global IT Outsourcing Study" 153 Käufer und 188 weltweite Anbieter von Outsourcing Services befragt. Vergleichbare Untersuchungen wurden bereits dreimal durchgeführt.