Der interne Zeitplan hatte vorgesehen, die Software ursprünglich ab dem 4. Oktober einzusetzen. Dann hätten rund 40000 Sachbearbeiter damit die Anträge auf Arbeitslosengeld II bearbeiten können. Diese Planung ist nun Makulatur.
Anfang der Woche sei ein neuer Starttermin für die Einführung der Software festgelegt worden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Geplant sei nun der 18. Oktober. Das habe der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, in einer Mitteilung an die kommunalen Spitzenverbände angekündigt. Ab diesem Datum solle mit der flächendeckenden Einführung der Software endgültig begonnen werden. Eine Woche später soll das Verfahren bereits beendet sein.
Am 4. Oktober werde zunächst nur "eine Hand voll" Arbeitsagenturen die Software einem Praxistest unterziehen, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf den zuständigen Projektleiter Kay Senius. Verlaufe er erfolgreich, dann würden stufenweise von Mitte bis Ende Oktober die übrigen Arbeitsagenturen einbezogen und die Kommunen, die sich für eine Arbeitsgemeinschaft mit der BA entschieden hätten.
Die BA zwischen Hoffen und Bangen
Trotz der zeitlichen Verzögerung meint BA-Chef Weise, dass das Projekt nach gemeinsamer Einschätzung von BA und T-Systems weiter gut realisierbar bleibe. Entscheidend sei, dass bis zum Jahresende die Leistungsbescheide an die Empfänger des Arbeitslosengeldes II versandt und die Zahlungen angewiesen werden könnten.
Der BA-Projektleiter Senius sieht nach Angaben des Handelsblattes zurzeit jedoch keinen Grund anzunehmen, dass der Auszahlungstermin nicht eingehalten werden kann". Der Vorsitzende des BA-Verwaltungsrats, Peter Clever, warnte dagegen, die Risiken bei der Einführung des Arbeitslosengelds II seien "eher noch gestiegen".
Senius sagte, wenn die Software wider Erwarten nicht zur Verfügung stehe, dann müsse ein "Plan B" greifen. BA und Bundesregierung müssten sich aus Gründen der Risikovorsorge entsprechende Gedanken machen. Zu Einzelheiten wollte er nicht Stellung nehmen. Nach Medienberichten, wird bei geringen Verzögerungen von einem Monat erwogen, die Arbeitslosenhilfe weiterzuzahlen. Sie könne dann mit dem künftigen Arbeitslosengeld II verrechnet werden.
BA-Vize Heinrich Alt hatte in der Vergangenheit mehrfach gewarnt, der enge Zeitplan für die Umsetzung von Hartz IV lasse kaum Luft für Probleme. "Wir werden wegen der Verzögerung befristet zusätzliches Personal einsetzen", sagte Senius. Es handele sich dabei zum Beispiel um ehemalige BA-Mitarbeiter, man sei aber auch im Gespräch mit der Bahn und der Post, die im Wege der Amtshilfe Mitarbeiter aus ihren Beschäftigungsgesellschaften zur Verfügung stellen könnten.
Schuldzuweisung an T-Systems
Die BA weist die Schuld an zeitlichen Verzögerungen T-Systems zu. Das Unternehmen habe Ende August eine Version geliefert, "die nicht unseren qualitativen Anforderungen entspricht", wird der zuständige Projektleiter zitiert. Bei ersten Tests habe es Probleme mit der Stabilität gegeben. Im Klartext: Das System stürzte häufig ab. Auch habe das Programm noch viele Fehler. Dazu gehört laut Jürgen Hilzendegen, Projektleiter IT bei der BA, dass in manchen Fällen die Zuschläge für das Arbeitslosengeld II falsch berechnet würden, dass Datenfelder fehlten oder für die Erfassung gesperrt seien und dass bei den Krankenversicherungsbeiträgen Rundungsfehler aufträten.
Bei T-Systems steigt unterdessen die Nervosität, die Software für das Arbeitslosengeld II könnte nach der LKW-Maut das nächste Debakel sein. Das Projekt gilt als größtes webbasiertes Verwaltungssystem in Europa. Laut T-Systems hat der Auftrag ein Volumen von 15 Millionen Euro. Zurzeit arbeiteten bis zu 150 Spezialisten an dem Projekt.
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