Die Automobilindustrie ist geprägt von einer geringen Fertigungstiefe. In dieser Eigenschaft dient sie auch für Business-to-Business-Dienstleistungsmärkte wie IT-Services oder Technologie-Beratung und Engineering Services gerne als Vorbild, wenn es darum geht, aufzuzeigen, wie Dienstleister mehr Verantwortung übernehmen können und aktiv Teil der Wertschöpfung werden.
Erklärtes Ziel vieler großer Technologie-Beratungs- und Engineering-Services-Anbieter ist es denn auch, eine ähnliche Position bei den großen (Automobil-)Kunden zu erreichen, wie sie sich die Systemlieferanten in den letzten 30 Jahren erarbeitet haben. Sie wollen gewissermaßen zum Systemdienstleister werden. Beispielhaft für diesen Anspruch stehen Unternehmen wie EDAG, Euro Engineering, ESG, Ferchau, Tieto Enator oder Yacht-Teccon.
Während es für die IT-Services-Unternehmen darum geht, die IT für ihre Kunden zu betreiben und darüber hinaus auch im Rahmen von Business Process Outsourcing (BPO) Teile von Verwaltungsprozessen zu übernehmen, liegt der Fokus der Technologie-Beratungs- und Engineering-Services-Anbieter auf der Produktentwicklung ihrer Kundenunternehmen. Aufgrund der Größe von etwa 100 Milliarden Euro im Inland ist die Automobilbranche dabei der wichtigste Absatzmarkt für die Technologie-Berater und Engineering-Services-Anbieter, gefolgt von der Luft- und Raumfahrt sowie Maschinenbau und Telekommunikation.
Bedarf an externer Unterstützung wächst
Der Bedarf an externer Unterstützung ist da. Das zeigen auch die Wachstumszahlen der führenden Anbieter von Technologie-Beratung und Engineering Services: So konnten die Top 25 Unternehmen ihren Umsatz in 2007 durchschnittlich um 14,6 Prozent auf insgesamt 3,26 Milliarden Euro steigern. Auch die Erwartungen für das Jahr 2008 sind positiv. Die führenden Anbieter erwarten ein durchschnittliches Marktwachstum von mehr als zwölf Prozent. Das zeigt die aktuelle Lünendonk-Studie 2008: "Führende Anbieter von Technologie-Beratung und Engineering Services in Deutschland".
Insbesondere die kürzeren Produktzyklen üben einen hohen Druck auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in den Kundenunternehmen aus. Gleichzeitig steigt die Komplexität in der Produktentwicklung massiv an: Bei neuen Antriebskonzepten wie Hybrid-Motoren müssen die deutschen Hersteller aufholen.
Embedded Software fordert Branchen-übergreifendes Wissen
Die Kombination aus Navigation, Service-Funktionen und Infotainment wird für die Kaufentscheidung immer wichtiger. In diesem Zusammenhang drängt auch das Internet-Protokoll ins Fahrzeug, was mehr Kommunikations- und IT-Know-how erfordert. Dementsprechend hoch ist auch der Anteil an Entwicklungsleistungen im Bereich Embedded Software, der mehr als neun Prozent - gemessen am Umsatz - ausmacht.
Und ganz nebenbei werden immer mehr Systemkomponenten wie Motor, Fahrwerk oder Getriebe elektronisch gesteuert und müssen mit der Fahrzeugsteuerung kommunizieren. Dadurch steigen die Anforderungen an Disziplinen-übergreifendes Know-how spürbar an.
Als Folge planen fast alle Unternehmen, ihre Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung zu steigern. Denn der Fachkräftemangel ist bei den Ingenieuren besonders stark ausgeprägt. Und die Ingenieure stellen mit mehr als 62 Prozent den größten Teil der Mitarbeiter der führenden Anbieterunternehmen dar. Mehr als neun Prozent der Mitarbeiter sind Informatiker.
Gleichzeitig ist der Anteil an Near-/Offshore-Leistungen noch sehr gering ausgeprägt, so dass die Engineering-Services-Dienstleister wie auch die Automobil-Hersteller und die Zulieferunternehmen allesamt in ihre Attraktivität als Arbeitgeber investieren müssen, um neue Talente in genügender Zahl in Deutschland rekrutieren zu können. Darüber hinaus gilt es, Perspektiven für die vorhandenen Mitarbeiter zu entwickeln, so dass die Mitarbeiterbindung steigt.
Firmen müssen Mitarbeiter kontinuierlich weiterbilden
Dieser Herausforderung stellen sich die Technologie-Beratung und Engineering-Services-Anbieter mit ihren Support-Angeboten und sorgen auf diese Weise für mehr Flexibilität bei ihren Kunden. Sie stellen sicher, dass ihre Mitarbeiter sich kontinuierlich weiterbilden, um den steigenden Anforderungen gerecht werden zu können und so die Wertschöpfung in der Produktentwicklung der Kundenunternehmen steigern.
Ein weiterer Aspekt, der die Reife der Dienstleistungspartnerschaften zwischen Kunden und Technologie-Beratern aufzeigt, ist der Anteil an Werkverträgen, der mit 45,8 Prozent fast die Hälfte des Auftragsvolumens ausmacht. Damit erfüllen sie wichtige Kriterien, um als Systemdienstleister wahrgenommen zu werden und diese Rolle auch auszufüllen.
Engineering- und IT-Dienstleister werden vor allem dann erfolgreich sein, wenn sie ein echtes Partnerschaftsmodell forcieren, branchenspezifisch Mehrwert für Unternehmen schaffen und die Verantwortung dafür übernehmen.