Coaching für den Change

IT-Teams aus der Komfortzone holen

10.09.2024 von Christina Wood
Wie kann man IT-Expertinnen und -Experten dazu bringen, Veränderungen anzunehmen? Mit ein paar Strategien lassen sich Widerstände abbauen.
Das Team zu motivieren, einen Change-Prozess mitzugestalten, erfordert es zuzuhören, viel zu kommunizieren und mit Respekt zu führen.
Foto: PeopleImages.com - Yuri A - shutterstock.com

Sind IT-Teams von einer notwendigen Veränderung betroffen, kommt es darauf an, dass alle mitziehen. In der Realität sieht es jedoch häufig anders aus: Einige Teammitglieder werden sich gegen Veränderung wehren, und selbst diejenigen, die früher anpassungsfähig waren, können aufgrund ständiger Disruptionen veränderungsresistent geworden sein. Eine Gartner-Studie ergab, dass die Bereitschaft, organisatorische Veränderungen zu unterstützen, von 74 Prozent der Mitarbeitenden im Jahr 2016 auf 43 Prozent im Jahr 2022 gesunken ist.

"Sie können die beste Lösung präsentieren, aber wenn sie nicht angenommen wird, scheitert sie", sagt Wayne Tung, Geschäftsführer von Sendero Consulting. Ein Team dazu zu bringen, Veränderungen zu akzeptieren, ist also eine wichtige Führungsaufgabe. Der Trick, so sagen erfahrene IT-Managerinnen und Manager, besteht darin, die richtige Mischung aus Vertrauen in die Organisation, psychologischer Sicherheit und der Freiheit, Widerstand zu leisten, zusammenzustellen.

Warnen Sie rechtzeitig

Jim Moore, CTO bei HR Acuity, teilt die Menschen in verschiedene Gruppen ein - von denen, die bereitwillig jede Veränderung annehmen, bis zu denen, die sich gegen alles wehren. Selbst Personen, die Veränderungen grundsätzlich anstreben, reagieren seiner Meinung nach jedoch nicht kooperativ, wenn man sie ohne Vorwarnung mit einer Veränderung überfällt. "Es ist wichtig, Veränderungen früh und oft zu kommunizieren", sagt er. "Sie müssen den Status quo beschreiben und ein Bild davon zeichnen, wohin Sie im nächsten Quartal gehen werden."

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Manche Veränderungen wie Übernahmen oder Führungswechsel lassen sich selten lange im Voraus ankündigen. Allerdings sollte man nicht bis zur letzten Minute warten, um die Leute zu informieren. "Wir erleben allzu oft, dass Kunden ein neues System einführen und die User einen Tag vor der Inbetriebnahme schulen", berichtet Tung von Sendero. "Sie können sich vorstellen, was dann passiert: Die Akzeptanz ist im Keller, jeder weist das System von sich, Zweifel kommen auf."

Begründen sie die Veränderung

"Sie brauchen einen klar formulierten Grund für den Wandel", meint Sharon Mandell, CIO von Juniper Networks. "Dann muss man kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. Wenn Sie denken, dass Sie genug kommuniziert haben, kommunizieren Sie noch mehr." Einige Leute würden sich trotzdem wehren, so ihre Erfahrung: "Das haben wir schon immer so gemacht, und es klappt doch bestens."

Moe Asgharnia, CIO der Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BPM, stimmt ihr zu. "Wenn sich Veränderungen leicht durchsetzen lassen, liegt das in der Regel daran, dass die Leute verstehen, warum." Es brauche Zeit, aber man müsse den Mitarbeitenden verständlich machen, welche Vorteile die Veränderung bringt: für das Unternehmen, das Team, den Einzelnen, seine Karriere und seine Zukunftspläne.

Shadi Rostami, Senior Executive Vice President of Engineering bei Amplitude, schlägt vor, die Leute nicht einfach mit dem "Warum" zu konfrontieren, sondern ihnen zu helfen, es selbst herauszufinden. "Ich möchte, dass die Menschen spüren, dass sie das Steuer in der Hand haben." Am Ende des Tages treffe zwar sie als Chefin die letzte Entscheidung. Wenn man sich jedoch die Zeit nehme, auf das bereits Erreichte hinzuweisen, unterstütze das dabei, die Veränderung zu akzeptieren. "Kündige ich die Änderung in einer Betriebsversammlung an, geht es vielleicht schneller. Aber das führt zu Widerstand, der nicht zum Erfolg der Veränderung beiträgt."

Verknüpfen Sie Menschen und Ziele

"Veränderungen werden am ehesten akzeptiert, wenn sie mit der Mission und dem Purpose des Unternehmens verbunden sind", sagt Jennifer Dulski, CEO und Gründerin des Softwareunternehmens Rising Team. Die Menschen dürften den Wandel nicht als willkürlich oder überflüssig empfinden. "Beginnen Sie damit, die Veränderungen in Ihrer Mission zu verankern, und stellen Sie heraus, welche Vorteile damit verbunden sind," so die Managerin. Schließlich habe jede Person andere Motivatoren. "Je besser Sie verstehen, was Ihre Mitarbeitenden antreibt, was ihnen wichtig ist und was ihnen am Herzen liegt, desto gezielter können Sie vorgehen."

Paulo Gardini Miguel, Direktor für Technologie bei The CTO Club, pflichtet ihr bei. "Zeichnen Sie das große Bild", empfiehlt er. "Erläutern Sie die Gründe für die Änderung und zeigen Sie, wie sie mit den Zielen des Unternehmens in Einklang steht." Dann sollten die Vorteile des Wandels für das Team, das Unternehmen und die Kundschaft hervorgehoben werden.

Fokus auf das Individuum

Die erste Frage, die sich viele Teammitglieder stellen, wenn sie mit gravierenden Veränderungen konfrontiert werden, lautet: "Was bedeutet das für mich?" Es sei hilfreich, die Botschaft so zu gestalten, dass sie - wenn möglich - auf diese Frage eingeht, rät Dulski. "Die Menschen denken zuerst an ihren eigenen Arbeitsplatz und ihr eigenes Leben."

Hinzu komme, so Rajesh Jethwa, CTO beim Softwareanbieter Digiterre, dass die Botschaft auch auf die Fähigkeiten der Menschen und ihre Bereitschaft zu Veränderungen abgestimmt sein muss. So könnte man mit gezielten Fragen Menschen helfen, ihre eigenen Ängste vor der Veränderung oder ihre Motivatoren zu finden. "So entwickeln Sie die Fähigkeiten dieser Person, auf Veränderungen zu reagieren, und machen sie unabhängiger."

Menschen einbeziehen

Eine Möglichkeit, den Widerstand gegen Veränderungen zu senken, besteht darin, die Mitarbeitenden in die Entscheidungen zum Wandel einzubeziehen. "Betonen Sie die Kooperation, indem Sie Teammitglieder wann immer möglich in den Entscheidungsprozess integrieren", fordert Miguel vom CTO Club. "Fördern Sie das Gefühl der Eigenverantwortung und erhöhen Sie die Akzeptanz der Veränderung."

Selbst wenn bekannt ist, dass eine Änderung bevorsteht und worum es sich dabei handelt, sollten die Meinung und der Rat der Teammitglieder eingeholt werden, ergänzt Asgharnia von BPM: "Menschen müssen verstehen, warum etwas geschieht, und sie müssen wissen, dass ihre Stimme gehört wurde."

Den Widerstand verstehen

Bei diesem Diskurs geht es nicht nur darum, um Engagement zu werben, sagt Dulski von Rising Team. "Geben Sie Menschen die Möglichkeit, in einem sicheren Raumschwierige Fragen zu stellen und über ihre Ängste zu sprechen." So entstehe Vertrauen, das man braucht, um ein gesundes, widerstandsfähiges Team für Veränderungen zu öffnen.

Moore stimmt dem zu: "Lassen Sie uns klären, was wir erreichen wollen. Wenn das 'Warum' nicht klar ist, können gerne Fragen gestellt werden. Aber ich bin auch sehr offen für Feedback", sagt er. Manchmal würden in diesen Diskussionen bessere Ideen auftauchen. "Wenn jemand im Raum einen anderen Weg oder eine andere Zeitplanung vorschlägt, sollten Sie so bescheiden sein, eine bessere Idee zu akzeptieren."

Feiern Sie die Erfolge

Sich selbst und seinem Team einzugestehen, dass Veränderungen schwierig sein können, trägt viel dazu bei, die Moral zu stärken und den Prozess reibungslos zu gestalten. "Vergessen Sie nicht, die kleinen Erfolge zu feiern", rät Asgharnia. "Auch wenn sich jemand völlig gegen eine Veränderung gewehrt hat und sie nun endlich versteht - es ist wichtig, das anzuerkennen. Selbst wenn man es nur in einem persönlichen Gespräch tut." Nehme man sich einen Moment Zeit, um diese Akzeptanz zu feiern, könne dies dafür sorgen, dass die Veränderung nicht als etwas Schreckliches empfunden wird. "Es hilft, die Vorteile im Team zu verdeutlichen," so der Manager.

Schulungen absolvieren

"Ihre Führungskräfte sollten an Schulungen teilnehmen, die speziell auf das Change-Management ausgerichtet sind", fordert Asgharnia. Eine Führungskraft könne leicht Missmut verursachen, ohne dass sie sich dessen bewusst ist.

Wenn jemand nicht vollkommen einverstanden ist und dies bei der Diskussion mit seinem Team zu erkennen gibt, könne dies zu Problemen in der gesamten Organisation führen. So werden IT-Teams nicht die psychologische Sicherheit aufbauen, die sie benötigen, um sich der neuen Situation anzupassen. "Selbst eine kleine Schulung, die zeigt, dass Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen müssen, ist eine gute Präventivmaßnahme", sagt Ashgarnia.

Andere Meinungen respektieren

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Debatte enden muss. "Denn manche Leute werden niemals mitmachen", warnt Moore von HR Acuity. Jetzt gelte es für die Führungskraft, hart zu bleiben. Schließlich sei ein gewisses Maß an Diskussion großartig, aber ab einem gewissen Punkt werde Dissens störend.

Führungskräfte sollten diese Blockadehaltung thematisieren, fordert der CTO. "Wenn Sie dieses Verhalten erkennen, müssen Sie die betreffende Person zur Seite nehmen und sicherstellen, dass sie die Grenze erkennt." Amazon habe dies als eines seiner Führungsprinzipien festgeschrieben, ergänzt Jethwa von Digiterre. "Nachdem die Entscheidung getroffen wurde, legt man sich fest, auch wenn man seinen Willen nicht durchsetzen konnte. Wir sind alle auf demselben Schiff und müssen zusammen segeln." (jd)