Die Zahlen beeindrucken: 94 Prozent der Unternehmen hatten im vorigen Jahr ITIL (IT Infrastructure Library) implementiert - 2005 waren es erst 50 Prozent. Das berichtet der Dienstleister Materna in einer Umfrage unter 240 Entscheidern. ITIL soll unternehmensweite IT-Infrastrukturen durch das Beschreiben von Regeln und Prozessen effizienter gestalten.
Dennoch lassen die Autoren der Umfrage Skepsis walten. ITIL "kommt in Fahrt - aber nur teilweise" schreiben sie. Das bezieht sich auf die konkrete Nutzung des Regelwerks. Tenor der Studie: IT-Abteilungen verschenken das Potenzial von ITIL. Sie fokussieren sich nach wie vor auf operative Themen wie Service Desk, Incident Management und Problem Management. Kundenorientierte Prozesse sind dagegen häufig nur ansatzweise vorhanden.
Damit ist insbesondere die Version 3 gemeint, die 2007 veröffentlicht wurde. Fachleute wie beispielsweise IDC-Analyst Matthias Kraus loben, ITIL V3 orientiere sich stärker an den Bedürfnissen der Fachabteilungen als die Vorgängerversionen. Laut der Materna-Studie ist das in der Praxis noch nicht angekommen.
Das heißt konkret: Mehr als jeder Dritte (35 Prozent) stuft die Funktion "7-Step Improvement" als unbekannt ein. Gerade dieser Prozess aus ITIL V3 soll jedoch eine kontinuierliche Verbesserung ermöglichen. Rund jeder Fünfte (19 Prozent) kennt die Funktion "Service Measurement" nicht.
Die Autoren der Umfrage heben positiv hervor, dass 39 Prozent der Teilnehmer eine abgestimmte und dokumentierte Service-Strategie verfolgen. In der Vorjahresbefragung waren es erst 28 Prozent. Insgesamt 49 Prozent sitzen derzeit noch an der Planung einer Strategie. Nur noch sechs Prozent der Befragten erklären, sie hätten zum Thema Service-Strategie "keine Meinung" - voriges Jahr sagten das immerhin noch 39 Prozent.
Drei von zehn Entscheidern wissen nicht, welche IT-Services die wichtigsten sind
Ein weiteres Ergebnis: Sieben von zehn Entscheidern geben an, sie wüssten, welche der durch die IT erbrachten Services die wichtigsten sind. Umgekehrt erklären die verbleibenden 30 Prozent tatsächlich, dass sie es nicht wissen.
Wer mit einem Service-Katalog arbeitet, will in erster Linie die internen IT-Dienstleistungen standardisieren (45 Prozent der Nennungen). 27 Prozent nutzen den Katalog als extern ausgerichteten Produkt-Katalog, bei 18 Prozent dient er intern zu Kostenverrechnung.
Materna hat außerdem nach der Bekanntheit der Norm ISO 20000 gefragt. Knapp vier von zehn Studienteilnehmern (39 Prozent) geben an, mit dem internationalen Standard zum IT-Service-Management nicht vertraut zu sein. Von denen, die sie kennen, hält sie jeder Zweite für relevant.
Zehn Prozent wollen ihre IT-Abteilung binnen Jahresfrist nach ISO 20000 zertifizieren lassen. Im Vordergrund steht dabei, von unabhängiger Stelle einen Qualitätsnachweis erbringen zu können (48 Prozent). Außerdem wollen die Befragten die Etablierung von IT-Service-Management-Prozessen belegen (40 Prozent der Nennungen).
Beide Punkte scheinen nötig, denn laut der Studie klafft eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung der IT. Die Autoren der Umfrage stellten die Aussage in den Raum, die IT-Abteilung leiste "einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens." 84 Prozent der ITler stimmten zu - aber nur 61 Prozent der Nicht-ITler.
Professionalisierung durch ITSM
Dennoch hat Materna für Informatiker ein paar tröstliche Worte parat. Die IT-Abteilungen seien "auf einem guten Weg, sich durch Einsatz von IT-Service-Management-Strategien weiter zu professionalisieren", versichern die Autoren der Befragung.
Der Dortmunder Dienstleister Materna hat für die Studie "Executive Survey 2009: Status Quo im IT Service Management" Antworten von 240 Befragten aus Deutschland und Österreich ausgewertet.